Wallander 07 - Mittsommermord
Gras lag. Wallander setzte sich wieder auf einen der Gartenstühle.
»Ich hatte gerade Martinsson ans Telefon bekommen, als das Fenster aufflog. Er muß sich gewundert haben«, sagte Ann-Britt.
»Ruf ihn noch einmal an.«
Sie setzte sich auf die andere Seite des Tisches. Eine Wespe summte zwischen ihren Köpfen hin und her.
Svedberg hatte panische Angst vor Wespen gehabt.
Jetzt war er tot.
Deshalb saßen sie überhaupt in Lars Skanders Garten. Viele andere waren auch tot. Allzu viele.
»Ich sage es dir, genau wie es ist«, sagte Wallander. »Ich habe Angst, daß dieser Mann wieder zuschlägt. Ich fürchte in jeder Minute, jemand könnte anrufen und berichten, daß es wieder passiert ist. Ich suche fieberhaft nach irgendwelchen Anzeichen dafür, daß der Alptraum bald ein Ende nimmt. Aber ich finde keine.«
»Diese Furcht haben wir alle«, erwiderte sie.
Mehr brauchte nicht gesagt zu werden. Die Furcht trieb sie und würde sie weitertreiben, bis sie jemanden gefaßt hatten und davon überzeugt waren, daß er der Richtige war.
»Es hat nicht viel gefehlt und sie hätte sich aus dem Fenster gestürzt«, sagte Ann-Britt. »Ich glaube, niemand von uns kann sich vorstellen, was sie durchmacht.«
Danach rief sie Martinsson an, der sofort wissen wollte, was losgewesen war. Wallander rückte seinen Stuhl in den Schatten. Er nahm den Gedanken von vorhin wieder auf. Der Beschluß, die Hochzeitsfotos in Nybrostrand zu machen, war erst wenige Wochen alt. Wer hatte Zugang zu dieser Information?
Er merkte, wie ungeduldig er war. Warum hatten sie noch keinen Bescheid bekommen, ob Rolf Haag einen Assistenten hatte oder nicht?
|439| Ann-Britt beendete ihr Gespräch mit Martinsson. Rückte ihren Stuhl ebenfalls in den Schatten.
»Er ruft zurück. Werners Eltern sind anscheinend sehr alt. Er meinte, er könne nicht sagen, wo bei ihnen die Erschütterung aufhört und die Senilität anfängt.«
»Hatte Rolf Haag einen Assistenten?« sagte Wallander. »Das ist die nächste wichtige Frage. Die Kollegen in Malmö wollten das überprüfen. Wen kann man da anrufen?«
»Erinnerst du dich noch an Birch, mit dem wir in Lund vor einem Jahr zusammengearbeitet haben?«
»Wie könnte ich den vergessen?«
Birch war ein Polizist vom guten alten Schlag. Die Begegnung mit ihm hatte Wallander große Freude bereitet.
»Er ist nach Malmö gezogen«, fuhr sie fort. »Ich glaube, er war es, der sich der Sache annehmen wollte.«
»Dann ist es auch erledigt worden«, sagte Wallander im Brustton der Überzeugung.
Er holte sein eigenes Handy aus der Tasche und rief bei der Polizei in Malmö an. Die Nummer der Zentrale hatte er gespeichert. Er hatte Glück. Birch war in seinem Büro. Sie wechselten ein paar Worte zur Begrüßung. Birch wußte, worum es ging.
»Ich habe alles nach Ystad durchgegeben«, sagte er. »Aber es hat dich also noch nicht erreicht?«
»Bisher noch nicht.«
»Dann bekommst du es jetzt hier und sofort. Rolf Haags Atelier liegt in der Nähe des Nobeltorg. Er hat hauptsächlich als Atelierfotograf gearbeitet. Aber in den letzten Jahren hat er auch ein paar Reise- und Fotobücher herausgebracht. Eins über Eritrea, ein anderes über die Azoren.«
»Darf ich dich hier unterbrechen«, sagte Wallander. »Was ich in erster Linie wissen möchte, ist, ob er einen Assistenten gehabt hat.«
»Ja, hatte er.«
Wallander machte Ann-Britt ein Zeichen, daß er einen Stift brauchte. In einer Brusttasche seines Hemds fand er eine alte Quittung, die es erst einmal tun mußte.
»Wie heißt er?«
|440| »Es ist nicht ungewöhnlich, daß männliche Fotografen weibliche Assistenten haben. Wie es sich umgekehrt verhält, weiß ich allerdings nicht.«
»Wie heißt sie?«
»Maria Hjortberg.«
»Hast du mit ihr gesprochen?«
»Das war nicht möglich. Sie ist am Freitag zu ihren Eltern in die Nähe von Hudiksvall gefahren. Sie wohnen draußen im Wald. Und sie haben kein Telefon. Sie hat ihr Mobiltelefon nicht mitgenommen. Es liegt im Büro. Ich habe mit einem Mädchen gesprochen, mit dem sie die Wohnung teilt. Sie behauptete, Maria wolle sich dann und wann von all dem technischen Firlefanz erholen. Einfach im Wald sein, ohne angerufen werden zu können. Aber sie kommt heute abend nach Malmö zurück. Ihre Maschine landet um Viertel nach sieben in Sturup. Ich hatte gedacht, ich fahre selbst hin. Aber ich glaube, wir können davon ausgehen, daß sie ihren Arbeitgeber kaum erschossen hat. Oder das Brautpaar.«
Das war eine Antwort, die
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