Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wallander 07 - Mittsommermord

Wallander 07 - Mittsommermord

Titel: Wallander 07 - Mittsommermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
Vom Netzwerk:
glaube zwar kaum, daß es geht«, sagte er. »Aber vielleicht können wir hier an der Theke ein paar Fingerabdrücke von ihr nehmen. Ich brauche sie zum Vergleich.«
    »Es ist das erste Mal, daß ich einen halben Meter Bartheke absperre«, erwiderte sie. »Aber ich werde es veranlassen.«
    Sie redete lange auf den Barkeeper ein, bevor dieser verstand. Über Funk nahm sie danach Kontakt zu den Technikern auf, die versuchen sollten, Abdrücke zu sichern.
    Wallander trat auf die Straße.
    |457| Er war schweißgebadet. Und stocksauer. Er hatte sich an der Nase herumführen lassen. Ihr Lächeln. Sie wolle gern mit ihm reden. Nur zuerst ein kurzer Gang auf die Toilette. Er hatte es nicht durchschaut.
    Nach ungefähr zehn Minuten kam Lone Kjær heraus.
    »Ich begreife nicht, wie sie das gemacht hat«, sagte sie. »Ich müßte sie entdeckt haben.«
    In Wallanders Kopf hatte ein Bild Gestalt angenommen. Es gab nur eine einzige Möglichkeit. Die Erklärung war so unerwartet, daß er Zeit brauchte, um zu begreifen, was sie eigentlich bedeutete.
    »Ich muß nachdenken«, sagte er. »Können wir in Ihr Büro fahren?«
    Während der Fahrt ins Präsidium sagte Wallander kein Wort. Sie fragte auch nichts. Sie fuhren hinauf in den zweiten Stock. Als sie ihn fragte, ob er Kaffee haben wolle, bejahte er.
    »Ich begreife nicht, wie sie da rausgekommen ist«, wiederholte Lone Kjær. »Ich verstehe das nicht.«
    »Sie ist nicht rausgekommen«, entgegnete Wallander. »Louise ist noch da drinnen.«
    Sie blickte ihn verblüfft an.
    »Sie ist noch da? Was tun wir dann hier?«
    Wallander schüttelte langsam den Kopf. Er war völlig verzweifelt über seine Langsamkeit. Schon beim erstenmal, als er das Foto bei Svedberg angesehen hatte, wußte er, daß irgend etwas an ihrem Haar merkwürdig war.
    Ich hätte es sehen müssen, dachte er. Daß es eine Perücke war.
    Sie wiederholte ihre Frage.
    »Louise ist noch in der Bar«, erwiderte er. »Aus dem einfachen Grund, weil Louise jemand anders ist. Louise ist ein Mann. Und der Türsteher sagte, drei Männer hätten die Bar in den letzten Minuten verlassen. Einer davon war Louise. Mit der Perücke in der Tasche und ohne Schminke.«
    Er spürte, daß sie ihm nicht glaubte. Eigentlich hatte er auch nicht die Kraft, es ihr zu erklären. Das Entscheidende war vor allem, daß er selbst es jetzt wußte.
    Dennoch fand er, sie habe eine Erklärung verdient. Es war nach Mitternacht. Sie hatte ihm geholfen.
    |458| »Vor ein paar Jahren war ich in der Karibik«, erzählte er. »Es war in einer sehr schlechten Phase meines Lebens. Eines Abends saß ich in einer Bar und unterhielt mich mit einer ausnehmend schönen Frau. Ich saß ganz nah bei ihr, ich sah ihr Gesicht sehr deutlich. Aber erst, als sie es sagte, begriff ich.«
    »Als sie was sagte?«
    »Daß sie ein Mann sei.«
    Lone Kjær schien Wallanders Erklärung nach und nach zu akzeptieren.
    »Sie verschwand in die Toilette, nahm die Perücke ab, wischte die Schminke weg und kam wieder heraus«, fuhr Wallander fort. »Vermutlich hat sie auch ihre Kleidung irgendwie verändert. Keiner von uns bemerkte etwas, weil wir eine Frau erwarteten. Wer achtet da auf einen Mann, der vorbeigeht?«
    »Soweit ich weiß, ist das ›Amigo‹ aber kein Transvestitenlokal.«
    »Vielleicht wollte er die Rolle einer Frau spielen und ging deshalb hin«, meinte Wallander nachdenklich. »Nicht, um sich unter Gleichgesinnten zu zeigen.«
    »Und was bedeutet das jetzt für Ihre Ermittlung?«
    »Ich weiß es noch nicht. Vermutlich eine ganze Menge. Aber ich überblicke noch nicht alle Konsequenzen.«
    Sie schaute auf ihre Uhr.
    »Das letzte Boot nach Malmö ist gerade gefahren. Das nächste geht morgen früh um Viertel vor fünf.«
    »Ich nehme mir ein Hotel«, sagte Wallander.
    Sie schüttelte den Kopf. »Sie können bei mir auf dem Sofa schlafen. Mein Mann arbeitet als Kellner. Er kommt ungefähr um diese Zeit nach Hause. Dann essen wir immer noch ein Brot zusammen.«
    Sie verließen das Präsidium.
    Wallander blieb völlig unklar, wo in der Stadt Lone Kjær wohnte. Ihr Mann, der Torben hieß, war gerade nach Hause gekommen, als sie durch die Tür traten. Er war ein freundlicher Mann und genauso klein wie seine Frau. Sie aßen in der Küche ein belegtes Brot und tranken Bier dazu. Dann machte Lone Wallander das Sofa zurecht. Er bestand darauf, das erste Boot nach |459| Malmö zu nehmen. Sie versprach, ihn zu wecken, und ließ ihn dann allein.
    Wallander schlief unruhig. Einmal stand

Weitere Kostenlose Bücher