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Wallander 07 - Mittsommermord

Wallander 07 - Mittsommermord

Titel: Wallander 07 - Mittsommermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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die Veranlassung dazu sah, würde er reagieren. Punkt, Schluß.
    Nach dem Gespräch spürte er einen weiteren Knoten in seinem sowieso schon hart geprüften Magen. Noch einen neben der Angst, der Täter könne wieder zuschlagen. Jetzt ging es um seinen eigenen Namen, um seinen guten Ruf. Er versuchte sich zu prüfen, kam aber zu dem Ergebnis, daß sie trotz allem getan hatten, was in ihrer Macht stand. Daß sie den Täter noch nicht gefaßt hatten, lag weder an Laschheit und mangelndem Interesse noch an ganz allgemein schlechter Polizeiarbeit. Der Grund lag einfach darin, daß die Ermittlung diesmal extrem schwierig war. Sie hatten die ganze Zeit wenig in der Hand gehabt, wonach sie sich richten konnten. Daß sie außerdem interne Irrtümer begangen hatten, war eine andere Sache. Die perfekte Ermittlung gab es nicht.
    Bei der improvisierten Besprechung um sechs, auf der sie die Landbriefträger ein für allemal abschreiben mußten und mit müden Augen Martinssons Bilder betrachtet hatten, erzählte Wallander von dem Telefongespräch. Thurnberg hatte sich besorgt gezeigt und bezweifelt, ob es ratsam gewesen sei, daß Wallander es abgelehnt hatte, sich anzuhören oder zu lesen, was am Tag danach in der Zeitung stehen würde.
    »Es geht darum, was man schaffen kann und was nicht«, hatte Wallander dem entgegengehalten. »Und im Moment sind wir so mit Arbeit eingedeckt, daß sogar die Kritik an uns zweitrangig ist.«
    »Der Reichspolizeichef wird morgen hier sein«, sagte Thurnberg. »Und die Ministerin. Es ist ausgesprochen ungünstig, wenn sie am selben Tag in einer Morgenzeitung einen kritischen Artikel über unsere Arbeit lesen.«
    Wallander begriff plötzlich, was Thurnbergs eigentliche Sorge war.
    »Auf dich fällt kein Schatten«, beruhigte er ihn. »Wenn ich diesen Journalisten richtig verstanden habe, so haben Eva Hillström und die anderen Eltern sich kritisch über die Arbeit der Polizei geäußert. Nicht über den Staatsanwalt.«
    Thurnberg hatte darauf nichts mehr erwidert. Kurz danach hatten sie die Besprechung beendet. Ann-Britt Höglund hatte Wallander später im Flur erzählt, Thurnberg habe ihr gegen Mittag |490| eine Reihe von Fragen gestellt, was eigentlich draußen im Naturreservat passiert sei, als der Jogger Nils Hagroth angeblich von Wallander tätlich angegriffen worden war.
    Da hatte ihn eine große und an Hilflosigkeit grenzende Mattigkeit befallen. Hatten sie nicht schon genug Sorgen? Sollten sie wirklich ihre Zeit damit vergeuden, Nils Hagroths Anklage ernst zu nehmen? In diesem Augenblick war ihm, aller Aktivität zum Trotz, der Montag als ein verlorener Tag erschienen.
    Es war halb sieben geworden. Wallander stand auf. Er sah dem Tag lustlos entgegen. An der Kleiderschranktür hing seine Polizeiuniform, die er herausgesucht hatte. Zwischen dem Gespräch mit dem Reichspolizeichef und der Justizministerin und der nachfolgenden Beerdigung würde ihm nicht genügend Zeit bleiben, nach Hause zu fahren und sich umzuziehen. Nachdem er sich angezogen hatte, stellte er sich vor den Spiegel. Die Hose spannte bedenklich, und der oberste Knopf unter dem Gürtel mußte offenbleiben. Er versuchte, sich zu erinnern, wann er zum letztenmal Uniform getragen hatte. Es mußte viele Jahre her sein.
    Auf dem Weg zum Präsidium blieb er an einem Kiosk stehen und kaufte die Zeitung, in der der Artikel stehen sollte.
    Der Journalist hatte nicht übertrieben. Er war groß aufgemacht und bebildert. Die Vorwürfe Eva Hillströms und der anderen Eltern gegen die Polizei betrafen drei Punkte. Erstens habe die Polizei auf das Verschwinden ihrer Kinder viel zu spät reagiert. Zweitens hatten sie das Gefühl, daß die bisherigen Ermittlungen nicht besonders effektiv waren. Drittens meinten sie, schlecht informiert zu werden.
    Der Reichspolizeichef wird nicht begeistert sein, dachte Wallander. Da spielt es gar keine Rolle, was ich oder irgendein anderer dazu sagen könnte. Zum Beispiel dazu, daß die Anschuldigungen, möglicherweise abgesehen davon, daß wir spät in Gang gekommen sind, ungerechtfertigt sind. Allein die Tatsache, daß Kritik erhoben wird, reicht schon aus für die Behauptung, das Ansehen der Polizei habe Schaden genommen.
    Mit einem Gefühl von Unlust erreichte Wallander kurz vor acht das Polizeipräsidium.
    Es würde ein langer und deprimierender Tag werden.
     
    |491| Kurz vor halb zwölf rief Lisa Holgersson vom Auto aus an. Sie würden in fünf Minuten im Präsidium eintreffen. Wallander ging hinaus in

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