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Wallander 07 - Mittsommermord

Wallander 07 - Mittsommermord

Titel: Wallander 07 - Mittsommermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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muffig.
    Wallander machte Nyberg ein Zeichen, ihm zu folgen. Nyberg war immer noch unwirsch, trat jedoch in den Flur und zog die Tür hinter sich zu. Wallander sagte ihm, er solle warten, und ging in die Wohnung. Sie bestand aus drei Zimmern und einer kleinen Küche und machte einen gepflegten und hübschen Eindruck. Wallander dachte, daß dies in auffälligem Kontrast zu der schlechten Luft stand.
    Eine der Zimmertüren unterschied sich von den anderen. Sie sah nach einer Spezialanfertigung aus. Als Wallander sie aufschob, merkte er, daß sie sehr dick war. Sie erinnerte ihn an die Studiotüren, durch die er gehen mußte, wenn er gelegentlich im Radio interviewt wurde. Wallander trat ein. Der ganze Raum war sonderbar. Er hatte keine Fenster. Die Wände waren so dick wie die Tür. Im Zimmer standen nur ein Bett und eine Lampe. Sonst nichts. Das Bett war gemacht und hatte einen Überwurf. Doch Wallander konnte den Abdruck eines Menschen sehen, der dort gelegen hatte. Er brauchte eine Weile, um zu verstehen, warum der Raum so sonderbar aussah: Er war schallisoliert. Draußen auf der Straße näherte sich ein Auto. Er zog die Tür zu. Das Geräusch des Autos war nicht mehr zu hören. Nachdenklich verließ Wallander den Raum und ging noch einmal durch die übrigen Zimmer. Was er vor allem suchte, war ein Foto des Mannes, der hier wohnte. Doch er fand keins. In all der gepflegten Wohnlichkeit, die ihn umgab, standen zwar eine Unzahl von Porzellanfiguren und anderen |504| Ziergegenständen auf den Regalen, aber kein einziges Foto. Wallander blieb in der Mitte des Wohnzimmers stehen. Ein anderes Unbehagen als das zuvor empfundene erfüllte ihn plötzlich. Das Gefühl, sich eines Übergriffs schuldig gemacht zu haben. Er war in eine Wohnung eingebrochen, in der er nichts zu suchen hatte. Er sollte schnellstens wieder gehen. Doch etwas hielt ihn zurück.
    Er trat zu Nyberg hinaus, der noch immer im Flur stand.
    »Fünf Minuten«, sagte er. »Nicht mehr.«
    Nyberg antwortete nicht. Wallander kehrte in die Wohnung zurück. Er wußte, wonach er suchte. Kleiderschränke. Er fand drei und wollte gerade auch den dritten wieder schließen, als etwas in einer Ecke ihn stutzen ließ. Er zog ein paar Kleiderbügel mit Hemden zur Seite. Dahinter war eine Vertiefung im Schrank. Er griff hinein und holte einen der Bügel heraus. Ein rotes Kleid hing darüber. Er blieb mit dem Bügel in der Hand stehen. Wachsam, horchend. Seine Aufmerksamkeit war jetzt geweckt. Er begann, methodisch verschiedene Kommoden zu durchsuchen. Fühlte in Ecken und unter ordentlich zusammengelegter Männerunterwäsche nach. Dann fand er, was er suchte. Versteckte Damenunterwäsche. Er kehrte zu den Kleiderschränken zurück, kroch auf allen vieren herum und fand schließlich auch Schuhe. Die ganze Zeit über achtete er darauf, möglichst keine Spuren zu hinterlassen. Nyberg trat ins Wohnzimmer. Wallander konnte ihm ansehen, wie wütend er war. Oder vielleicht hatte er Angst.
    »Jetzt ist fast eine Viertelstunde um«, zischte er. »Was tun wir hier eigentlich?«
    Wallander antwortete nicht. Jetzt suchte er einen Schreibtisch, den es nicht gab. Doch er fand einen Sekretär. Er war verschlossen. Er holte Nyberg, der unmittelbar protestierte.
    Wallander unterbrach ihn und gab ihm die kürzeste Erklärung, die ihm einfiel.
    »In dieser Wohnung wohnt Louise«, sagte er. »Die Frau auf dem Bild, das wir bei Svedberg gefunden haben. Die Frau in Kopenhagen. Die Frau, die es nicht gibt. Sie wohnt hier.«
    »Das hättest du mir auch gleich sagen können«, gab Nyberg zurück.
    |505| »Ich wußte es nicht«, sagte Wallander. »Bis jetzt jedenfalls nicht. Kannst du den Sekretär öffnen, ohne daß man es sieht?«
    Nyberg hatte das Schloß mit seinem Werkzeug rasch geöffnet. Die Schreibplatte konnte heruntergeklappt werden.
    Wallander hatte oft gedacht, daß Polizeiarbeit von nicht eingelösten Erwartungen geprägt war. Was er genau in dem Augenblick erwartete, in dem sie den Sekretär öffneten, konnte er sich nachher nie ganz klarmachen. Aber er hatte kaum das erwartet, was jetzt vor ihm lag.
    Eine Plastikhülle mit Zeitungsausschnitten. Sämtliche Berichte, die über die Ermittlung der Morde veröffentlicht worden waren. Auch Svedbergs Todesanzeige war dabei.
    Nyberg wartete im Hintergrund.
    »Ich finde, du solltest dir dies hier einmal ansehen«, sagte Wallander langsam. »Damit du einsiehst, warum wir uns in der Wohnung befinden.«
    Nyberg trat hinzu. Erstarrte. Sie sahen

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