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Wallander 07 - Mittsommermord

Wallander 07 - Mittsommermord

Titel: Wallander 07 - Mittsommermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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vor.«
    »Inwiefern?«
    »Wenn wir zusammen essen gingen, teilten wir natürlich die Rechnung. Aber das Trinkgeld habe immer ich bezahlt.«
    Ann-Britt schüttelte langsam den Kopf. »Wir erleben Menschen |119| so unterschiedlich. Ich habe Svedberg nie als geizig empfunden.«
    Wallander berichtete über die Beobachtung im Zusammenhang mit dem Betonmischer. Er hatte gerade geendet, als ein Schlüssel ins Türschloß gesteckt wurde. Ein Schauer durchfuhr sie beide. Dann hörten sie Nybergs vertrautes Räuspern.
    »Diese verdammten Zeitungen. Wie konnte ich die vergessen?«
    Er stopfte sie in eine Plastiktüte, die er gleich versiegelte.
    »Wann erfahren wir etwas über die Fingerabdrücke?« fragte Wallander.
    »Montag. Frühestens.«
    »Und von den Gerichtsmedizinern?«
    »Das läuft über Hansson«, sagte Ann-Britt. »Aber sie beeilen sich.«
    Wallander bat Nyberg, sich zu setzen. Dann erzählte er noch einmal von der Behauptung, es habe in Svedbergs Leben eine Frau gegeben.
    »Das klingt ganz unglaublich«, sagte Nyberg skeptisch. »Gab es einen eingefleischteren Junggesellen als Svedberg? Seine einsamen Saunasitzungen am Freitagabend?«
    »Es ist noch unwahrscheinlicher, daß ein Professor der Universität Kopenhagen uns anlügt«, gab Wallander zurück. »Wir müssen davon ausgehen, daß er die Wahrheit sagt.«
    »Vielleicht hat Svedberg sie auch nur selbst erfunden? Wenn ich richtig verstanden habe, hat niemand sie je gesehen?«
    Wallander dachte über Ann-Britts Bemerkung nach. Konnte Louise ein Phantasieprodukt Svedbergs sein?
    »In Björklunds Badezimmer lagen Haare. Die hat er sich jedenfalls nicht ausgedacht.«
    »Warum sollte jemand eine Frau für sich erfinden?« fragte Nyberg.
    »Aus Einsamkeit«, meinte Ann-Britt. »Einsame Menschen tun alles mögliche, um sich eine Gemeinschaft zu erschaffen, die sie vermissen.«
    »Hast du hier im Badezimmer Haare gefunden?« fragte Wallander.
    |120| »Nein«, erwiderte Nyberg. »Aber ich untersuche das Bad noch einmal.«
    Wallander stand auf. »Ich möchte, daß ihr mitkommt.«
    Als sie im Wohnzimmer standen, faßte er seinen Gedankengang von vorhin noch einmal zusammen. »Ich versuche, zumindest zu einem provisorischen Schluß zu kommen. Oder vielleicht sollte man besser sagen, zu einem provisorischen Ausgangspunkt. Wenn es sich hier um einen Einbruch handelt, bleiben viele Punkte unklar. Wie kam der Täter herein? Warum hatte er ein Gewehr bei sich? Wann tauchte Svedberg auf? Was außer dem Teleskop ist eigentlich gestohlen worden? Warum wird Svedberg erschossen? Nichts deutet auf einen Kampf hin. Dieses Tohuwabohu ist in allen Zimmern. Es ist jedoch schwer vorstellbar, daß sie sich von Zimmer zu Zimmer gejagt haben. Ich kann mir auf das Ganze keinen Reim machen. Also frage ich mich, was passiert, wenn wir die Einbruchshypothese für einen Augenblick beiseite lassen. Was sehen wir dann vor uns? Einen Racheakt? Die Tat eines Wahnsinnigen? Da eine Frau mit im Spiel ist, könnte man an Eifersucht denken. Aber würde eine Frau Svedberg erschießen? Direkt ins Gesicht? Das kann ich nicht glauben. Aber was bleibt dann noch?«
    Keiner sagte etwas. Für Wallander war dieses Schweigen bedeutungsvoll. Sie hatten ganz einfach keinen Ausgangspunkt, der es ihnen ermöglichte, eine klare Aussage über die Art des Verbrechens zu machen: ein Einbruch, ein Eifersuchtsdrama, etwas ganz anderes.
    »Kann ich gehen?« fragte Nyberg. »Ich muß vor Feierabend noch eine Menge Schreibkram erledigen.«
    »Morgen vormittag treffen wir uns zu einer Besprechung.«
    »Wann?«
    »Um neun«, sagte Wallander. »Versuchen wir es jedenfalls.«
    Nyberg verabschiedete sich. Ann-Britt und Wallander blieben im Wohnzimmer zurück.
    »Ich habe versucht, mir einen Ablauf des Geschehens vorzustellen«, sagte er. »Was siehst du?«
    Er kannte ihren scharfen Blick. An ihren methodischen und analytischen Fähigkeiten war nichts auszusetzen.
    |121| »Was ist, wenn man mit all dem anfängt, das hier in der Wohnung verstreut herumliegt?« fragte sie.
    »Ja, was ist dann?«
    »Drei Erklärungen sind möglich. Ein Einbrecher, der entweder nervös ist oder in Eile. Oder eine Person, die nach etwas sucht. Was ein Einbrecher natürlich auch tut. Aber er weiß kaum von Anfang an, wonach er sucht. Die dritte Möglichkeit ist Vandalismus. Jemand reißt alles aus den Regalen, aus reiner Zerstörungswut.«
    Wallander folgte ihren Gedanken. »Es gibt noch eine vierte Möglichkeit«, sagte er. »Ein Mensch, der einen völlig

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