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Wallander 07 - Mittsommermord

Wallander 07 - Mittsommermord

Titel: Wallander 07 - Mittsommermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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können?«
    »Nein.«
    »Da er Ystad fast nie verlassen hat, muß sie hier in der Stadt wohnen. Oder zumindest in der Nähe.«
    »Ich weiß es nicht.«
    Sie blickte auf die Uhr.
    »Wann müssen Sie bei Ihrer Arbeit sein?«
    »In einer halben Stunde. Ich komme nicht gern zu spät.«
    »Genau wie Karl Evert. Er war ein sehr pünktlicher Polizist.«
    »Ich weiß. Wie sagt man noch? Er war ein Mensch, nach dem man die Uhr stellen konnte.«
    »Wie war er eigentlich?«
    »Das haben Sie mich schon einmal gefragt.«
    »Ich frage Sie wieder. Wie war er als Mensch?«
    »Er war nett.«
    »Inwiefern?«
    »Nett. Ein netter Mensch. Ich weiß nicht, wie ich es näher erklären soll. Ein netter Mensch, der böse werden konnte. Wenn |130| auch selten. Er war schüchtern. Pflichtbewußt. Viele würden ihn für langweilig gehalten haben. Ein ziemlich anonymer Mensch. Ein bißchen langsam vielleicht. Aber keinesfalls dumm.«
    Wallander fand ihre Beschreibung sehr zutreffend. Wären ihre Rollen vertauscht, würde er ihn wohl ebenso charakterisiert haben.
    »Wer war sein bester Freund?«
    Ihre Antwort überraschte ihn. »Ich glaube, das waren Sie.«
    »Ich?«
    »Das hat er zumindest immer gesagt. Kurt Wallander ist mein bester Freund.«
    Wallander verstummte. Ihre Worte kamen vollkommen unerwartet für ihn. Er hatte Svedberg als einen unter den übrigen Kollegen betrachtet. Sie hatten nie privat miteinander verkehrt, nie Vertraulichkeiten ausgetauscht. Rydberg war ein Freund gewesen, Ann-Britt Höglund könnte eine Freundin werden. Aber nicht Svedberg, nie.
    »Das kommt für mich sehr überraschend«, sagte er schließlich. »Ich habe es nie so erlebt.«
    »Aber das bedeutet ja nicht, daß er Sie nicht trotzdem als seinen besten Freund gesehen hat.«
    »Natürlich nicht.«
    Wallander kam es so vor, als blicke er direkt in Svedbergs große Einsamkeit hinein, wo die Voraussetzung für Freundschaft auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner aufbaute. Daß sie keine Unfreunde gewesen waren.
    Er starrte auf das Tonbandgerät. Dann zwang er sich dazu, weiterzumachen.
    »Hatte er irgendwelche anderen Freunde, Menschen, mit denen er regelmäßig verkehrte?«
    »Er hatte Kontakt mit einer Vereinigung, die sich mit amerikanischen Indianern beschäftigte. Doch da wurden in erster Linie Briefe gewechselt. Ich glaube, die Vereinigung hieß ›Indian Science‹. Aber ganz sicher bin ich nicht.«
    »Das können wir herausfinden. Gab es sonst noch jemanden?«
    Sie überlegte. »Manchmal sprach er von einem pensionierten |131| Bankdirektor. Der hier in der Stadt wohnt. Sie haben zusammen Sterne geguckt.«
    »Wie heißt er?«
    Wieder dachte sie nach. »Sundelius. Bror Sundelius. Aber ich bin ihm nie begegnet.«
    Wallander machte eine Notiz. »Gab es noch andere?«
    »Nur mich und meinen Mann.«
    Wallander wechselte das Thema. »Können Sie sich erinnern, ob er sich in der letzten Zeit irgendwie verändert hat? Ob er sich Sorgen machte? Ob er unkonzentriert war?«
    »Nichts außer der Tatsache, daß er so überarbeitet war.«
    »Aber warum, das hat er Ihnen nicht erklärt?«
    »Nein.«
    »Und hat Sie das erstaunt? Daß er sich überarbeitet fühlte?«
    »Überhaupt nicht.«
    »Er hat Ihnen also anvertraut, wie es ihm ging?«
    »Ich hätte eben daran denken sollen«, sagte sie. »Als Sie mich baten, ihn zu beschreiben. Es gab noch etwas. Er war ein richtiger eingebildeter Kranker. Das kleinste Wehwehchen bereitete ihm Sorgen. Wenn er erkältet war, glaubte er jedesmal, von einer ansteckenden Virusinfektion befallen zu sein. Ich glaube, er hatte panische Angst vor Bazillen.«
    Wallander sah ihn vor sich, wie er ständig auf die Toilette ging, um sich die Hände zu waschen, wie er Kollegen, die erkältet waren, aus dem Weg ging.
    Sie sah wieder zur Uhr. Die Zeit lief ab.
    »Besaß er irgendwelche Waffen?«
    »Nicht, soweit ich weiß.«
    »Fällt Ihnen noch irgend etwas anderes ein, das wichtig sein könnte?«
    »Ich trauere um ihn. Er war vielleicht kein so außergewöhnlicher Mensch. Aber er wird mir fehlen. Er war der ehrlichste Mensch, den ich kenne.«
    Wallander schaltete das Tonbandgerät aus. Er begleitete Ylva Brink zum Ausgang. Einen Moment lang wirkte sie hilflos.
    »Was soll ich mit der Beerdigung machen?« fragte sie. »Sture meint, man solle die Asche der Toten in den Wind streuen. Ohne |132| Zeremonien und Pastoren. Aber ich weiß nicht, was er selbst gewollt hätte.«
    »Es gibt also kein Testament?«
    »Soweit mir bekannt ist, nicht. Er hätte es mir

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