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Wallander 07 - Mittsommermord

Wallander 07 - Mittsommermord

Titel: Wallander 07 - Mittsommermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Widén hielt vor einer Box inne, in der ein Pferd stampfte.
    »Sie heißt ›Dreamgirl Express‹«, sagte er. »Im Augenblick lebe ich fast ausschließlich von ihr. Daneben gibt es nicht viel. Die Pferdebesitzer klagen darüber, daß alles so teuer geworden ist. Mein Steuerberater ruft immer öfter und immer früher am Morgen an. Ich weiß wirklich nicht, wie lange ich noch weitermachen kann.«
    Wallander streichelte dem Pferd vorsichtig das Maul. »Es ist doch bisher immer irgendwie gegangen«, erwiderte er.
    Widén schüttelte den Kopf. »Im Moment sieht es finster aus. Aber ich kann ja immer noch einen ordentlichen Preis für den Hof kriegen. Und dann hau ich ab.«
    »Und wohin?«
    »Erst packe ich meinen Koffer. Dann schlafe ich mich eine Nacht lang richtig aus. Und wenn ich wach werde, entscheide ich mich.«
    Sie verließen den Stall und gingen zum Haus, in dem Widén seine Wohnung hatte, die ihm zugleich als Büro diente. Es war |137| meist ein einziges Durcheinander. Aber als sie eintraten, sah Wallander zu seiner Verwunderung, daß aufgeräumt war.
    »Vor ein paar Monaten habe ich entdeckt, daß Aufräumen eine gute Therapie sein kann«, erklärte Widén, als er Wallanders verblüffte Miene sah.
    »Bei mir funktioniert das nicht«, sagte Wallander. »Obwohl ich es weiß Gott versucht habe.«
    Sten Widén zeigte auf einen Tisch, auf dem Flaschen standen. Wallander zögerte. Dann nickte er. Sein Arzt würde nicht begeistert sein. Aber im Moment konnte er einfach nicht widerstehen.
     
    Gegen Mitternacht begann Wallander, sich betrunken zu fühlen. Sie saßen im Garten auf der Rückseite des Hauses. Durch ein offenes Fenster strömte Musik. Sten Widén saß mit geschlossenen Augen da und dirigierte mit einer Hand das Finale von
Don Juan
. Wallander dachte an Baiba. Das einsame Pferd auf der Koppel jenseits des Gartens stand regungslos da und betrachtete sie.
    »Unsere Jugendträume vergehen, doch die Musik bleibt bestehen«, philosophierte Widén. »Aber es muß schwer sein, heutzutage aufzuwachsen. Ich sehe es an den Mädchen, die bei mir im Stall gejobbt haben. Worauf können sie eigentlich hoffen, wovon können sie träumen? Sie haben eine schlechte Ausbildung, ein schwaches Selbstwertgefühl. Wer braucht sie, wenn ich den Laden dichtmachen muß?«
    »Schweden ist ein hartes Land geworden«, sagte Wallander. »Hart und brutal.«
    »Wie zum Teufel hältst du es aus, Polizist zu sein?« fragte Widén.
    »Ich weiß nicht«, antwortete Wallander. »Aber ich habe Angst vor einer Gesellschaft, in der private Wachgesellschaften für Sicherheit sorgen. Und ich glaube nicht, daß ich der schlechteste Polizist in diesem Land bin.«
    »Danach habe ich nicht gefragt.«
    »Ich weiß. Aber das ist die Antwort, die du bekommst.«
    Es begann, feucht zu werden, und sie gingen hinein. Sie hatten sich darauf geeinigt, daß Sten Widén am nächsten Tag Wallanders |138| Wagen in die Stadt fahren würde. Er selbst würde ein Taxi nehmen. Übernachten wollte er nicht.
    »Weißt du noch, damals, als wir nach Deutschland gefahren sind, um Wagner zu hören?« fragte Widén. »Es ist jetzt fünfundzwanzig Jahre her. Ich habe neulich ein paar Fotos gefunden. Willst du sie sehen?«
    »Gern.«
    »Ich behandle sie wie Kleinode«, gestand Widén. »Deshalb habe ich sie in meinem Geheimfach versteckt.«
    Wallander beobachtete, wie Widén ein Brett der Wandverkleidung neben einem der Fenster löste. Dahinter befand sich ein Hohlraum. Er nahm einen Blechkasten heraus und reichte Wallander ein paar Fotos. Wallander war verblüfft, als er sich selbst sah. Das Bild war in der Nähe von Lübeck aufgenommen, auf einem Rastplatz. Wallander hielt eine Bierflasche in der Hand. Es sah aus, als brüllte er dem Fotografen etwas zu. Die anderen Bilder waren ähnlich. Er schüttelte den Kopf und reichte sie zurück.
    »Wir hatten unseren Spaß«, sagte Widén. »Mehr Spaß, als wir jemals wieder gehabt haben.«
    Wallander goß sich noch einmal Whisky ein. Widén hatte recht. So viel Spaß hatten sie später im Leben nie wieder gehabt.
     
    Es wurde ein Uhr, bevor sie in Skurup anriefen und ein Taxi bestellten. Wallander hatte Kopfschmerzen bekommen. Außerdem war ihm übel. Und er war sehr, sehr müde.
    »Wir sollten diese Reise nach Deutschland einmal wiederholen«, sagte Sten Widén, als sie vor dem Haus auf das Taxi warteten.
    »Nicht wiederholen«, gab Wallander zurück. »Wir sollten eine neue Reise machen. Obwohl ich keinen Hof habe, den ich

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