Wallander 07 - Mittsommermord
bestimmt erzählt, wenn er ein Testament gemacht hätte.«
»Hatte er ein Bankschließfach?«
»Nein.«
»Das hätten Sie auch gewußt?«
»Ja.«
»Wir von der Polizei nehmen natürlich an der Beerdigung teil«, sagte Wallander. »Ich werde mit Lisa Holgersson darüber sprechen und sie bitten, sich mit Ihnen in Verbindung zu setzen.«
Ylva Brink verschwand durch die Glastür des Polizeipräsidiums. Wallander kehrte in sein Büro zurück. Ein neuer Name war aufgetaucht. Bror Sundelius, pensionierter Bankdirektor. Wallander schlug den Namen im Telefonbuch nach. Er wohnte in der Vädergränd, mitten im Zentrum. Wallander notierte die Telefonnummer. Dann ließ er das Gespräch mit Ylva Brink noch einmal Revue passieren. Hatte sie etwas erzählt, was er nicht bereits vorher gewußt hatte? Die Frau namens Louise war ein gut gehütetes Geheimnis. Gut gehütet, dachte Wallander. Das ist die richtige Beschreibung. Er notierte etwas auf seinem Block. Warum hält man eine Frau über viele Jahre hinweg geheim? Ylva Brink hatte Svedbergs heftige Ablehnung Homosexueller erwähnt. Er hatte panische Angst vor Bazillen. Und er traf von Zeit zu Zeit einen pensionierten Bankdirektor, mit dem er den Nachthimmel betrachtete. Wallander legte den Bleistift fort und lehnte sich im Stuhl zurück. Nichts verändert sich, dachte er. Im großen und ganzen ist Svedberg noch immer der, der er zu Lebzeiten war. Mit einer einzigen Ausnahme: dieser Frau namens Louise. Nichts führt uns an den zentralen Punkt, an dem sein Tod eine Erklärung finden könnte.
Er meinte plötzlich, das Ganze vor sich zu sehen, vollkommen klar und durchsichtig. Svedberg war nicht zur Arbeit erschienen, weil er bereits tot war. Er ertappt einen Einbrecher, der ihn erschießt und danach flieht, mit einem Teleskop im Arm. Das Drama, das sich abgespielt hatte, war zufällig, banal und entsetzlich.
|133| Es gab ganz einfach keine andere Erklärung.
Es war inzwischen zehn Minuten nach acht. Wallander rief Lisa Holgersson zu Hause an. Sie hatte mit ihm darüber sprechen wollen, in welcher Form sie sich an der Beerdigung beteiligen sollten. Wallander verwies sie an Ylva Brink. Dann berichtete er ihr von den Ereignissen des Nachmittags. Er sagte ihr auch, er neige immer mehr zu der Ansicht, daß Svedberg einem gewalttätigen, vielleicht unter Drogen stehenden Einbrecher zum Opfer gefallen war.
»Der Reichspolizeichef hat angerufen«, sagte sie. »Er hat sein Beileid ausgedrückt, und er war beunruhigt.«
»In dieser Reihenfolge?«
»Gott sei Dank.«
Wallander sagte, daß sie sich am nächsten Tag um neun Uhr treffen würden. Er versprach, sie zu informieren, falls im Laufe des Abends etwas Entscheidendes einträte. Er drückte die Gabel herunter und wählte die Nummer von Bankdirektor Sundelius. Keine Antwort, auch kein Anrufbeantworter.
Er war unschlüssig, wie er weiter vorgehen sollte? Seine Ungeduld hetzte ihn. Er wußte, daß er warten mußte. Auf die Berichte der Gerichtsmediziner, auf die Ergebnisse der technischen Untersuchungen.
Er setzte sich wieder an seinen Tisch, spulte das Band zurück und hörte sich das Gespräch mit Ylva Brink noch einmal an. Als das Band wieder stillstand, dachte er über ihre letzten Worte nach. Daß Svedberg ein durch und durch ehrlicher Mensch gewesen sei.
»Ich suche nach begrabenen Hunden, die es nicht gibt«, sagte er laut ins Zimmer hinein. »Was wir suchen, ist ein Gewaltverbrecher, der einen Einbruch begangen hat.«
Es klopfte an der Tür. Martinsson trat ein. »Draußen in der Anmeldung warten ein paar ungeduldige Journalisten. Obwohl es schon so spät ist.«
Wallander verzog das Gesicht. »Wir haben nichts Neues für sie.«
»Ich glaube, sie begnügen sich auch mit etwas Altem. Hauptsache, sie bekommen irgend etwas.«
|134| »Kannst du sie nicht wegschicken? Ihnen eine Pressekonferenz versprechen, sobald es etwas zu berichten gibt?«
»Hast du vergessen, daß wir Anweisung von höchster Stelle bekommen haben, uns gut mit den Massenmedien zu stellen?« sagte Martinsson ironisch.
Wallander hatte nichts vergessen. Die Reichspolizeibehörde hatte wiederholt Direktiven erlassen, daß die einzelnen Polizeibezirke ihr Verhältnis zu den Massenmedien verbessern und intensivieren sollten. Journalisten durften nicht abgewiesen werden. Man sollte ihnen Zeit widmen und sie in der denkbar besten Weise behandeln.
Wallander erhob sich schwer vom Tisch. »Ich rede mit ihnen«, sagte er.
Er brauchte zwanzig Minuten, um die
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