Wallander 07 - Mittsommermord
Wohnzimmer gesetzt, als das Handy piepte. Wallander bemerkte Sundelius’ mißbilligenden Blick, als er es mit einer Entschuldigung aus der Tasche zog.
Er hörte Martinsson zu. Dann stellte er die gleiche Frage, die Martinsson selbst auch gestellt hatte.
»Hat er gesagt, daß es sich um drei Tote handelt?«
»Es ist noch nicht bestätigt. Aber er glaubte es.«
Wallander hatte das Gefühl, etwas presse gegen seinen Kopf. »Dir ist klar, was das bedeuten kann«, sagte er dann.
»Ja«, erwiderte Martinsson. »Hoffen wir, daß der Anrufer Gespenster gesehen hat.«
»Machte er den Eindruck?«
»Dem wachhabenden Kollegen zufolge, der den Anruf entgegennahm, nicht.«
Wallander schaute auf eine Uhr, die an Sundelius’ Wand hing. Neun Minuten nach neun.
|188| »Hol mich in der Vädergränd ab«, bat er. »Nummer sieben.«
»Soll ich die volle Besetzung anfordern?«
»Wir müssen uns zuerst einmal ansehen, was los ist.«
Martinsson wollte sofort kommen. Wallander stand auf. »Unser Gespräch muß leider warten«, erklärte er.
Sundelius verstand. »Ich nehme an, es hat ein Unglück gegeben?«
»Ja«, bestätigte Wallander. »Ein Verkehrsunfall. Ich melde mich wieder bei Ihnen.«
Sundelius begleitete ihn hinaus. Martinsson kam in seinem Wagen. Wallander sprang hinein und setzte das Blaulicht aufs Dach.
»Ich habe Hansson erreicht«, sagte Martinsson. »Er steht bereit.«
Dann wies er auf einen Zettel, der in einer Klammer am Handschuhfach steckte. »Die Telefonnummer des Anrufers.«
»Wissen wir seinen Namen?«
»Leman. Vorname Max oder Mats.«
Wallander wählte die Nummer. Eine Frau meldete sich. Wallander war unsicher, ob er die richtige Nummer gewählt hatte.
»Mit wem spreche ich?«
»Rosmarie Leman.«
»Hier ist die Polizei. Wir sind auf dem Weg.«
»Beeilen Sie sich«, sagte sie. »Kommen Sie, so schnell Sie können.«
»Ist noch mehr passiert? Wo ist Ihr Mann?«
»Er übergibt sich. Kommen Sie schnell.«
Wallander bat sie, ihm so genau wie möglich den Weg zu beschreiben. »Lassen Sie Ihr Telefon eingeschaltet, telefonieren Sie nicht. Vielleicht müssen wir noch einmal Kontakt mit Ihnen aufnehmen.«
Dann beendete er das Gespräch.
»Irgend etwas ist passiert«, sagte er. »So viel ist jedenfalls sicher.«
Martinsson legte noch Tempo zu. Sie waren schon in Nybrostrand.
»Weißt du, wo wir hinmüssen?« fragte Wallander.
|189| Martinsson nickte. »Als die Kinder noch klein waren, sind wir da draußen oft herumgestromert.«
Er verstummte abrupt, als habe er etwas Unpassendes gesagt. Wallander starrte durch die Windschutzscheibe. Was ihn erwartete, wußte er nicht. Aber er befürchtete das Schlimmste.
Als sie das Naturreservat erreichten, kam eine Frau auf ihren Wagen zugelaufen. Im Hintergrund sah Wallander einen Mann, der auf einem Stein saß und den Kopf in die Hände stützte.
Wallander stieg aus. Die Frau war völlig außer sich und begann, zu zeigen und zu schreien. Wallander faßte sie um die Schultern und bat sie, sich zu beruhigen. Der Mann blieb auf dem Stein sitzen. Als Wallander und Martinsson zu ihm traten, blickte er auf. Wallander hockte sich neben ihn.
»Was ist passiert?« fragte er.
Der Mann zeigte ins Reservat. »Sie lagen da«, murmelte er. »Sie waren tot. Und sie waren schon lange tot.«
Wallander sah Martinsson an. Dann wandte er sich wieder dem Mann zu.
»Haben Sie gesagt, daß es drei waren?«
»Ich glaube, ja.«
Die schlimmste Frage stand noch aus. »Konnten Sie sehen, ob es junge Menschen waren?«
Der Mann schüttelte den Kopf.
»Ich weiß nicht.«
»Ich kann mir vorstellen, daß es ein schrecklicher Anblick war«, sagte Wallander. »Aber Sie müssen uns die Stelle zeigen.«
»Da geh ich nicht noch einmal hin. Nie im Leben.«
»Ich weiß, wo es ist«, schaltete sich die Frau ein. Sie stand hinter ihrem Mann und hatte seine Schultern umfaßt.
»Aber Sie haben sie nicht selbst gesehen?«
»Unsere Rucksäcke liegen noch da. Und die Decke. Ich weiß, wo es ist.«
Wallander richtete sich auf.
»Dann gehen wir«, sagte er.
Sie führte sie ins Reservat. Es war sehr still. In der Ferne meinte Wallander das Rauschen des Meeres zu hören. Aber es konnten |190| ebensogut die unruhigen Gedanken sein, die ihm durch den Kopf schwirrten. Sie gingen schnell. Wallander merkte, daß es ihm schwerfiel, mit den beiden anderen Schritt zu halten. Unter seinem Hemd lief der Schweiß an seinem Körper herab. Außerdem mußte er pinkeln. Ein Hase sprang über den
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