Wallander 07 - Mittsommermord
dieses Instrument gleich hier untersuchen. Du kannst meinen Wagen nehmen. Wenn ich fertig bin, lasse ich mich von einer Nachtstreife abholen.«
|183| Nyberg verschwand. Wallander stand auf. Björklund brachte ihn an die Tür.
»Sie müssen sich eine Menge Gedanken gemacht haben«, sagte Wallander. »Über das, was geschehen ist.«
»Ich verstehe nicht, weshalb jemand meinen Cousin hätte töten sollen. Eine sinnlosere Tat kann ich mir nicht vorstellen.«
»Nein«, gab Wallander zurück. »Genau das ist es. Wer konnte ihn töten wollen? Und warum?«
Sie trennten sich auf dem Hof. Die Teufelsstatuen leuchteten gespenstisch im Licht, das durch die Fenster fiel. Wallander fuhr in Nybergs Wagen zurück nach Ystad.
Nichts war klarer geworden.
Kurz vor neun Uhr setzten sie ihre Besprechung fort und gingen die Aussagen der übrigen Jugendlichen durch. Als erster referierte Martinsson, dann und wann fügte Hansson etwas hinzu. Wallander hörte aufmerksam zu. Mehrmals bat er Martinsson, sich deutlicher auszudrücken, einmal, etwas zu wiederholen. Danach berichtete Ann-Britt Höglund. Wallander stellte eine Namenliste aller Jugendlichen auf, die die Ermittlung jetzt umfaßte. Gegen halb elf legten sie eine kurze Pause ein. Wallander ging auf die Toilette und trank anschließend ein paar Glas Wasser. Um Viertel nach elf machten sie weiter.
»Wir können eigentlich nur eins tun«, faßte Wallander zusammen, »wir müssen Martin Böge, Lena Norman und Astrid Hillström polizeilich suchen lassen. Wir müssen sie nach Hause bekommen, und zwar so schnell wie möglich.«
Lisa Holgersson würde mit Martinssons Hilfe schon morgen alles Notwendige veranlassen.
Wallander sah, wie erschöpft sie alle waren, wollte sie aber noch nicht auseinandergehen lassen.
»Es hat den Anschein, als hielten diese Jugendlichen mit irgend etwas hinter dem Berg«, sagte er. »Außer der Tatsache, daß sie miteinander befreundet waren und sich häufig trafen, habt ihr nichts aus ihnen herausbekommen. Und dennoch habt ihr, unabhängig voneinander, den Eindruck, daß sie etwas verschweigen. Daß sie ein Geheimnis haben. Verstehe ich das richtig?«
|184| »Ja«, erwiderte Ann-Britt. »Etwas bleibt unklar.«
»Aber sie scheinen sich keine Sorgen zu machen«, warf Martinsson ein. »Sie sind überzeugt davon, daß die drei auf Reisen sind.«
»Hoffen wir, daß sie recht haben«, sagte Hansson. »Mir wird die Sache allmählich unheimlich.«
»Mir auch«, sagte Wallander.
Er warf den Bleistift auf den Tisch.
»Was zum Teufel hat Svedberg getrieben? Das müssen wir als allererstes herausfinden. Und wer ist diese Frau?«
»Wir lassen das Foto durch alle unsere Register laufen«, sagte Martinsson.
»Das reicht nicht«, meinte Wallander. »Wir veröffentlichen das Bild. Wir haben trotz allem den Mord an einem Polizeibeamten aufzuklären. Das Bild muß in die Zeitungen. Aber natürlich gilt sie nicht als Verdächtige. Jedenfalls noch nicht.«
»Frauen schießen selten jemandem mit einer Schrotflinte direkt ins Gesicht«, sagte Ann-Britt.
Keiner kommentierte ihre Bemerkung.
Sie saßen noch fast bis Mitternacht zusammen. Am nächsten Tag würden sie mit unverminderter Energie weitermachen, obwohl Sonntag war. Wallander würde den Tag mit einem Besuch bei Bankdirektor Sundelius beginnen.
Vor dem Präsidium blieb er mit Martinsson zusammen stehen.
»Wir müssen diese Jugendlichen nach Hause bekommen«, wiederholte er. »Wir müssen mit Isa Edengren reden. Und die anderen, mit denen ihr heute gesprochen habt, werden wir ins Präsidium bestellen. Die müssen ihre Geheimnisse preisgeben.«
Sie gingen zu ihren Wagen. Wallander war sehr müde. Sein letzter Gedanke vor dem Einschlafen galt Nyberg. Ob er sich noch draußen in Björklunds Geräteschuppen aufhielt.
Ein leichter Nieselregen fiel kurz vor der Morgendämmerung über Ystad. Dann verzogen sich die Wolken.
Der Sonntag würde schön und warm werden.
|185| 12
Rosmarie Leman und ihr Mann Mats verlegten ihre Sonntagsspaziergänge je nach Wetter und Jahreszeit in verschiedene Wandergebiete. Am Morgen des 11. August hatten sie nach Fyledalen fahren wollen, entschieden sich dann aber für das Naturreservat Hagestad, weil sie dort seit Mitte Juni nicht gewesen waren. Sie waren Frühaufsteher und verließen ihre Wohnung in Ystad schon kurz nach halb sieben. Wie üblich wollten sie den ganzen Tag im Freien verbringen. Im Kofferraum lagen ihre Rucksäcke mit allem, was sie brauchten. Sie
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