Wallander 07 - Mittsommermord
sagen«, begann er und setzte sich neben sie. »Etwas, was sehr schwer für dich werden wird. Und deshalb möchte ich gern, daß der Arzt, der dich behandelt hat, dabei ist. Und eine Kollegin von mir, Ann-Britt.«
Er sah, daß sie Angst bekam. Aber jetzt gab es kein Zurück mehr. Die beiden anderen traten ein. Wallander sagte ihr die Wahrheit. Ihre drei Freunde waren gefunden worden. Und sie waren tot. Jemand hatte sie umgebracht.
Wallander wußte, daß die Reaktion unmittelbar kommen konnte. Aber sie konnte sich auch verzögern.
»Wir erzählen es dir schon jetzt«, fuhr er fort. »Damit du es nicht aus der Zeitung erfährst.«
Sie reagierte nicht.
»Ich weiß, es ist schwer für dich. Aber ich muß dich trotzdem etwas fragen. Kannst du dir vorstellen, wer es getan hat?«
»Nein.«
Ihre Stimme war schwach. Aber die Antwort deutlich. Wallander fuhr fort: »Wußte jemand, wo ihr euer Fest feiern wolltet?«
»Wir haben nie mit jemandem gesprochen, der nicht dabeisein sollte.«
Für Wallander hörte es sich an, als spreche sie eine Regel aus. Vielleicht verhielt es sich auch so.
»Es wußte niemand außer dir?«
»Niemand.«
|219| »Du warst nicht dabei, weil du krank geworden bist. Aber du wußtest, wo es sein sollte?«
»Im Naturreservat.«
»Und ihr wolltet euch verkleiden?«
»Ja.«
»Aber niemand wußte davon? Ihr habt alles insgeheim vorbereitet?«
»Ja.«
»Warum war es geheim?«
Sie gab keine Antwort. Ich betrete wieder verbotenes Gelände, dachte er. Dann verweigert sie die Antwort. Gleichzeitig wußte er, daß sie recht hatte. Niemand hatte gewußt, wo ihr Fest stattfinden sollte.
Er hatte keine Fragen mehr.
»Wir gehen jetzt. Wenn dir noch etwas einfällt, dann wissen die Schwestern hier, wie du mich erreichen kannst. Ich habe auch mit deiner Mutter gesprochen. Ich möchte, daß du das weißt.«
Sie zuckte zusammen. »Warum? Was hat sie damit zu tun?«
Ihre Stimme war plötzlich schrill. Wallander war sehr unangenehm berührt. »Ich war dazu gezwungen. Ich habe dich bewußtlos aufgefunden. Da mußte ich die Angehörigen verständigen.«
Sie setzte an, noch etwas zu sagen, vielleicht nur, um zu protestieren. Aber sie ließ es bleiben. Dann begann sie zu weinen. Der Arzt bedeutete Wallander und Ann-Britt durch ein Zeichen, zu gehen. Als sie auf den Gang hinaustraten und die Tür hinter ihnen ins Schloß fiel, merkte Wallander, daß er schweißgebadet war. »Es wird mit jedem Mal schlimmer«, sagte er. »Ich halte es bald nicht mehr aus.«
Sie verließen das Krankenhaus. Es war ein warmer Abend. Wallander gab Ann-Britt ihren Autoschlüssel.
»Hast du etwas gegessen?« fragte sie.
Er schüttelte den Kopf.
Sie fuhr zum Würstchenstand am Malmöväg, wo Wallander am Tag zuvor gegessen hatte. Geduldig und schweigend warteten sie, bis die letzten Mitglieder einer Sportmannschaft aus Vadstena ihre Bestellungen aufgegeben hatten. Dann saßen sie im Wagen |220| und aßen. Wallander spürte, wie hungrig er war. Aber Appetit hatte er nicht.
»Morgen kommt alles an die Öffentlichkeit«, sagte sie. »Was passiert dann?«
»Im besten Fall bekommen wir Informationen, die uns nützen können. Im schlimmsten werden wir als unfähig hingestellt.«
»Du denkst an Frau Hillström?«
»Ich weiß nicht, woran ich denke. Aber vier Personen sind tot. Erschossen. Mit verschiedenen Waffen.«
»Was siehst du vor dir? Nach was für einer Person suchen wir?«
Wallander überlegte, bevor er antwortete. »Einen Menschen zu töten ist immer mit einer Form von Geistesgestörtheit verbunden. Jemand verliert die Kontrolle. Aber in allem hier steckt auch etwas Bewußtes. Ich stelle mir vor, daß man zweimal nachdenkt, bevor man einen Polizisten tötet. Ich denke auch an das, was das Mädchen im Krankenhaus gesagt hat. Daß niemand wußte, wo ihr Fest stattfinden sollte. Aber jemand muß es gewußt haben. Ich weigere mich zu glauben, es könnte sich um einen Zufallsmord handeln.«
»Dann suchen wir also nach jemandem, der weiß, daß ein paar Jugendliche in aller Heimlichkeit ein Fest feiern wollen?«
»Und von dem außerdem Svedberg ahnt, daß er es sein könnte.«
Ihr Gespräch versiegte. Es ist verrückt, dachte Wallander. Wir übersehen etwas Entscheidendes. Und ich kann es nicht entdecken.
»Morgen ist Montag«, sagte sie. »Da wird auch das Bild dieser Louise veröffentlicht. Wir werden hoffentlich Auskünfte von der Gerichtsmedizin in Lund bekommen. Und Hinweise aus der Bevölkerung.«
»Ich bin zu
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