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Wallander 08 - Die Brandmauer

Wallander 08 - Die Brandmauer

Titel: Wallander 08 - Die Brandmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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dem Lokal warteten ihre Fahrer. Falk wohnte im Hotel Luanda, und sie verabredeten sich für den nächsten Abend.
    Drei Monate war Falk in Luanda geblieben. Gegen Ende der Periode hatte Carter ihm eine neue Beratertätigkeit angeboten. Eigentlich war es nur ein Vorwand, um Falk die Möglichkeit zur Rückkehr zu geben, damit sie ihre Gespräche weiterführen konnten.
    Falk war zwei Monate später zurückgekommen. Da hatte er zum erstenmal erzählt, daß er unverheiratet war. Carter war auch nie verheiratet gewesen. Aber er hatte mit vielen Frauen zusammengelebt und hatte vier Kinder, drei Mädchen und einen Jungen, die er fast nie traf. In Luanda hatte er zwei schwarze Geliebte, zwischen denen er wechselte. Die eine unterrichtete an der Universität, die andere war die geschiedene Frau eines Ministers. Wie üblich hielt er seine Beziehungen geheim, außer vor seiner Dienerschaft. Er hatte es immer vermieden, Verhältnisse mit Frauen zu haben, die in der Bank arbeiteten. Weil Falk eine große Einsamkeit ausstrahlte, verhalf Carter ihm zu weiblicher Gesellschaft in Form einer Frau, die Rosa hieß und die Tochter eines portugiesischen Kaufmanns und seiner schwarzen Dienerin war.
    Falk hatte sich von da an in Afrika immer wohler gefühlt. Carter hatte ihm ein Haus mit Garten und Blick aufs Meer an der schönen Bucht von Luanda besorgt. Außerdem hatte er einen Vertrag mit Falk geschlossen, der diesem für ein Minimum an Arbeit ein Maximum an Vergütung zusicherte.
    Sie setzten ihre Gespräche fort. Worüber sie in den langen und warmen Nächten auch sprachen, sie hatten bald entdeckt, daß sie sich in ihren politischen und moralischen Einschätzungen äußerst nahestanden. Zum erstenmal hatte Carter jemanden gefunden, |273| dem er sich anvertrauen konnte. Und für Falk war es ebenso. Sie hörten einander mit steigendem Interesse und jener Verwunderung zu, die der Entdeckung entsprang, daß sie so gleichartige Ansichten hatten. Sie waren nicht nur in ihrem enttäuschten Radikalismus vereint. Sie waren auch beide nicht in passive und selbstquälerische Bitterkeit versunken. Bis zu dem Augenblick, in dem der Zufall sie zusammenführte, hatten sie jeder für sich nach einem Ausweg gesucht. Jetzt konnten sie es gemeinsam tun. Sie formulierten einige einfache Voraussetzungen, auf die sie sich ganz selbstverständlich und ohne Probleme einigen konnten. Was blieb noch jenseits der verbrauchten Ideologien? In diesem unfaßbaren Gewimmel von Menschen und Ideen, in einer Welt, die ihnen immer korrupter vorkam? Wie konnte eigentlich eine bessere Welt aufgebaut werden? Konnte sie überhaupt geschaffen werden, solange das alte Fundament noch bestand? Sie sahen nach und nach ein, und vielleicht trieben sie sich gegenseitig zu dieser Einsicht, daß eine neue und bessere Welt kaum entstehen konnte, wenn nicht eine absolute Voraussetzung existierte: Daß alles zuerst niedergerissen worden war.
    In diesen nächtlichen Gesprächen nahm der Plan Gestalt an. Sie bewegten sich langsam auf einen Punkt hin, an dem sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen zusammenbringen konnten. Carter hatte mit wachsender Faszination den verblüffenden Dingen gelauscht, die Falk von der elektronischen Datenwelt, in der er lebte und arbeitete, erzählen konnte. Durch Falk hatte er verstanden, daß eigentlich nichts unmöglich war. Wer die elektronische Kommunikation beherrschte, der hatte die eigentliche Macht. Als Falk von den Kriegen der Zukunft sprach, lauschte Carter mit höchster Anspannung. Was die Panzer für den Ersten und die Atombombe für den Zweiten Weltkrieg bedeutet hatten, das würde die neue Informationstechnik für die Konflikte bedeuten, die in nicht allzu ferner Zukunft bevorstanden. Dann würden Zeitbomben, die aus nichts anderem als vorprogrammierten Datenviren bestanden, in die Waffenarsenale eines potentiellen Feindes eingeschmuggelt werden. Elektronische Impulse würden die Aktienmärkte und Telekommunikationssysteme eines Feindes lahmlegen. Die neue Technik würde es mit sich bringen, daß die Machtkämpfe um die |274| Zukunft nicht auf noch so ausgeklügelten Schlachtfeldern entschieden würden, sondern an Tastaturen und in Laboratorien. Die Zeit der kernwaffenbestückten U-Boote war vorüber. Die wirklichen Bedrohungen gingen jetzt von den Glasfaserkabeln aus, die zu einem immer dichteren Spinnennetz um den Erdball gesponnen wurden.
    Der große Plan nahm in diesen warmen afrikanischen Nächten Gestalt an. Sie waren von Anfang an darauf

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