Wallander 08 - Die Brandmauer
Landahl selbst oder jemand anders war, wußten sie nicht.
Schließlich gaben sie auf. Wallander ging hinunter in die Garage und bat Nyberg, das Haus nach Disketten zu durchsuchen, sobald die Arbeit am Wagen beendet wäre.
Als er wieder in die Küche kam, sprach Ann-Britt mit Martinsson am Telefon.
Sie reichte ihm den Hörer. »Kommt ihr voran?«
»Robert Modin ist ein sehr energischer junger Mann«, sagte Martinsson. »Er hat zum Mittagessen irgendeine Art von Pie in sich hineingeschaufelt. Aber ich war noch nicht beim Kaffee, da wollte er schon wieder weitermachen.«
»Und habt ihr etwas erreicht?«
»Er bleibt dabei, daß die Zahl Zwanzig wichtig ist. Sie kehrt auf verschiedene Weisen wieder. Aber noch ist er nicht über die Mauer gekommen.«
»Was heißt das?«
»Das ist sein Ausdruck. Es ist ihm noch nicht gelungen, die Sperren zu überwinden. Aber er behauptet, sicher zu sein, daß es zwei Wörter sind. Oder eine Kombination von einem Wort und einer Zahl. Woher auch immer er das wissen kann.«
Wallander berichtete kurz, wo er selbst sich befand und was geschehen war. Als das Gespräch vorüber war, bat er Ann-Britt, noch einmal mit dem Nachbarn zu reden. War er sicher, was das Datum betraf? Hatte er am Donnerstag, dem 9. Oktober, jemanden in der Nähe des Hauses beobachtet?
|336| Sie ging. Wallander setzte sich aufs Sofa und grübelte. Aber als sie nach zwanzig Minuten zurückkam, war er mit seinen Gedanken nicht nennenswert weitergekommen.
»Er führt eine Art Journal«, sagte sie. »Eigentlich ist es unglaublich. Steht einem das bevor, wenn man pensioniert ist? Auf jeden Fall ist er sich seiner Sache sicher. Der Junge ist am Mittwoch abgereist.«
»Und am neunten?«
»Niemand hat sich dem Haus genähert. Aber er räumt ein, daß er nicht jede Minute am Küchenfenster verbringt.«
»Dann wissen wir jedenfalls das«, sagte Wallander. »Es kann der Junge gewesen sein. Aber natürlich auch jemand anders.«
Inzwischen war es fünf Uhr geworden. Ann-Britt mußte los, um ihre Kinder abzuholen. Sie bot ihm an, am Abend wiederzukommen. Doch Wallander bat sie abzuwarten. Falls etwas Wichtiges geschah, würde er sie anrufen.
Zum drittenmal kehrte er in das Zimmer des Jungen zurück, ging auf die Knie und schaute unters Bett.
Ann-Britt hatte es auch schon gemacht. Aber er wollte mit eigenen Augen sehen, daß sich nichts darunter befand.
Dann legte er sich aufs Bett.
Angenommen, er will etwas Wichtiges im Zimmer verstecken, dachte Wallander. Etwas, auf das sein Blick als erstes fallen soll, wenn er am Morgen erwacht. Wallander ließ den Blick an den Wänden entlanggleiten. Nichts. Er wollte sich gerade wieder aufsetzen, als er entdeckte, daß ein Bücherregal neben dem Kleiderschrank schräg stand. Es war deutlich zu erkennen, solange man auf dem Bett lag. Er setzte sich auf. Die Schräge verschwand. Er ging zum Regal und hockte sich davor. Die Regalfüße wurden durch zwei kaum sichtbare Keile angehoben. Er tastete mit einer Hand unter das Regal. Der Hohlraum betrug kaum mehr als drei Zentimeter. Er fühlte sofort, daß etwas unter dem untersten Regalbrett steckte. Er fummelte den Gegenstand heraus. Noch bevor er ihn ans Licht zog, war ihm klar, was es war. Eine Diskette. Und noch ehe er den Schreibtisch erreichte, hatte er schon Martinssons Nummer auf seinem Handy eingetippt. Martinsson meldete sich sofort. Wallander erklärte, wo er sich befand. Martinsson schrieb |337| die Adresse auf. Robert Modin würde für eine Weile an Falks Rechner allein gelassen werden.
Martinsson kam nach einer Viertelstunde. Er startete den Computer und schob die Diskette in das Laufwerk. Wallander beugte sich vor, um den Titel zu lesen, als er auf dem Bildschirm erschien. »Jakobs Moor«. Er erinnerte sich vage, daß Ann-Britt gesagt hatte, es sei ein Spiel. Die Enttäuschung stellte sich auf der Stelle ein. Martinsson öffnete die Diskette. Es gab nur eine Datei. Sie war am 29. September zuletzt bearbeitet worden. Martinsson klickte weiter.
Verwundert lasen sie den Text, der auf dem Bildschirm erschien.
Die Nerze müssen befreit werden.
»Was bedeutet das?« fragte Martinsson.
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Wallander. »Trotzdem wird in diesem Augenblick ein weiterer Zusammenhang deutlich. Und zwar zwischen Jonas Landahl und Tynnes Falk.«
Martinsson betrachtete ihn verständnislos.
»Du hast wohl vergessen«, fuhr Wallander fort, »daß Falk vor einigen Jahren zu einer Bußgeldzahlung verurteilt wurde,
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