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Wallander 08 - Die Brandmauer

Wallander 08 - Die Brandmauer

Titel: Wallander 08 - Die Brandmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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als er in seinem Wagen saß. Vielleicht tut das keiner.
    Die Einsicht war wie ein Schock. Es war ihm noch nie passiert, |363| daß er sich von seinen engsten Kollegen verraten oder allein gelassen gefühlt hatte. Er blieb im Wagen sitzen, ohne den Motor zu starten. Plötzlich überlagerte dieses Gefühl alles andere. Es verdrängte sogar das Bild des jungen Mannes, der von der Propellerwelle zermalmt worden war.
    Zum zweitenmal binnen einer Woche fühlte er sich verletzt und verbittert. Ich höre auf, dachte er. Morgen reiche ich mein Entlassungsgesuch ein. Sollen sie diese Scheißermittlung doch allein machen.
    Als er nach Hause kam, war er noch immer aufgewühlt. In Gedanken trug er eine heftige Auseinandersetzung mit Martinsson aus.
    Lange konnte er nicht einschlafen.
     
    Um acht Uhr am Mittwoch morgen waren sie versammelt. Viktorsson war auch anwesend. Und Nyberg, der noch immer Öl an den Fingern hatte. Wallander war in einer etwas milderen Gemütsverfassung aufgewacht. Er würde jetzt nicht aufhören. Und er würde auch keine Konfrontation mit Martinsson herbeiführen. Erst sollte die disziplinarische Untersuchung ans Licht fördern, was wirklich im Vernehmungszimmer passiert war. Dann würde er bei einer passenden Gelegenheit seinen Kollegen erzählen, was er von ihrem Mißtrauen ihm gegenüber hielt.
    Sie gingen die Ereignisse des vergangenen Abends durch. Martinsson hatte schon mit dem Passagier namens Tomander gesprochen. Weder er noch seine Frau hatten aus der Nachbarkabine irgend etwas gehört oder gesehen. Der Mann mit Namen Larsen, der in Moss wohnte, war noch nicht nach Hause gekommen. Seine Frau hatte jedoch am Telefon gesagt, sie erwarte ihren Mann im Lauf des Vormittags zurück.
    Dann legte Wallander die beiden Theorien dar, zu denen er im Gespräch mit Martinsson gelangt war. Niemand hatte etwas einzuwenden. Es war eine langsam und methodisch durchgeführte Sitzung der Ermittlungsgruppe. Aber unter der Oberfläche spürte Wallander die Unruhe. Alle hatten es eilig, zu ihren Aufgaben zurückzukehren.
    Als sie aufbrachen, hatte Wallander beschlossen, sich ganz auf |364| Tynnes Falk zu konzentrieren. Er war jetzt überzeugter denn je, daß mit Falk alles anfing. Wie der Mord an dem Taxifahrer mit allem übrigen zusammenhing, mußte bis auf weiteres offenbleiben. Die Frage, die Wallander sich gestellt hatte, war sehr einfach. Welche dunklen Kräfte waren in Bewegung gesetzt worden, als Falk während seines Abendspaziergangs gestorben war? Als er einen Kontoauszug aus dem Bankomat bekommen hatte? War es überhaupt ein Todesfall mit natürlicher Ursache? Er rief die Pathologie in Lund an und ließ nicht locker, bis er den Arzt, der die Obduktion durchgeführt hatte, an den Apparat bekam. Konnte trotz allem eine Form von Gewaltanwendung Falks Tod herbeigeführt haben? Hatte man wirklich alle Möglichkeiten untersucht? Er rief auch Enander an, Falks Hausarzt, der ihn im Präsidium besucht hatte. Die Ansichten darüber, was passiert sein konnte und was nicht einmal eine denkbare Todesursache war, klafften auseinander. Aber als es Nachmittag geworden war und Wallander so hungrig war, daß sein Magen knurrte, hatte er doch das Gefühl, Klarheit gewonnen zu haben. Falk war keines gewaltsamen Todes gestorben. Es lag kein Verbrechen vor. Aber dieser natürliche Tod vor einem Bankomat hatte verschiedene Prozesse in Gang gesetzt.
    Er zog einen Kollegblock heran und schrieb.
    Falk.
    Nerze.
    Angola.
    Er betrachtete das, was er geschrieben hatte. Und fügte noch eine Zeile hinzu.
    20.
    Dann starrte er die Worte an, die eine Einheit zu bilden schienen. Was hatte er nicht entdeckt? Um seiner Verärgerung und seiner Ungeduld Herr zu werden und den Kopf frei zu bekommen, verließ er das Präsidium und machte einen Spaziergang. Er aß in einer Pizzeria. Dann kehrte er in sein Büro zurück. Um fünf Uhr war er kurz davor, aufzugeben. Er schaffte es nicht, hinter das, was geschehen war, zu schauen. Das Motiv und den Wegweiser zu erkennen, den sie so dringend benötigten. Er kam nicht weiter.
    Er hatte sich gerade Kaffee geholt, als das Telefon klingelte. Es |365| war Martinsson. »Ich bin hier am Runnerströms Torg«, sagte er. »Jetzt hat es geklappt.«
    »Was?«
    »Robert Modin hat es geschafft. Er ist in Falks Rechner reingekommen. Und hier passieren wunderliche Dinge auf dem Bildschirm.«
    Wallander knallte den Hörer auf.
    Endlich, dachte er. Jetzt sind wir durch.

|366| 28
    Als Wallander am Runnerströms Torg

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