Wallander 08 - Die Brandmauer
Meinung gesagt hatte. Er würde sich nicht beugen. Nicht um Gnade betteln.
Allmählich kehrte seine innere Ruhe zurück. Er schloß seine Tür wieder auf, ließ sie demonstrativ sperrangelweit offenstehen und arbeitete weiter. Um zwölf fuhr er nach Hause, leerte die Waschmaschine und hängte seine Hemden in den Trockenschrank. In seiner Wohnung suchte er aus dem Müllbeutel die Teile des zerrissenen Briefs zusammen. Warum, wußte er nicht richtig. Aber Elvira Lindfeldt war auf jeden Fall nicht von der Polizei.
Er aß bei István zu Mittag und unterhielt sich eine Weile mit einem der wenigen Freunde seines Vaters, die noch lebten, einem pensionierten Farbenhändler, der seinen Vater mit Leinwand, Pinsel und Farben beliefert hatte. Um kurz nach eins verließ er das Restaurant und kehrte ins Präsidium zurück.
|387| Mit einer gewissen Spannung trat er durch die Glastüren. Lisa Holgersson konnte ihren Beschluß geändert haben. Vielleicht war sie jetzt verärgert und wollte ihn mit unmittelbarer Wirkung suspendieren. Die Frage war nur, wie er dann reagieren würde. In seinem Innersten wußte er, daß ihm der Gedanke, seinen Abschied einzureichen, ein Graus war. Er wagte nicht einmal, sich vorzustellen, wie sich sein Leben danach gestalten würde. Doch als er in sein Zimmer kam, lagen dort nur ein paar Telefonnotizen, die warten konnten. Lisa Holgersson hatte ihn nicht sprechen wollen. Wallander atmete auf. Dann rief er Martinsson an.
Der meldete sich vom Runnerströms Torg. »Es geht langsam, aber stetig voran. Modin hat zwei weitere Codes geknackt.«
Wallander konnte Papier rascheln hören. Dann kam Martinsson wieder. »Der eine führt uns zu einer Art Aktienmakler in Seoul und der andere zu einem englischen Unternehmen namens Lonrho. Ich habe einen Menschen von der Wirtschaftsabteilung beim Reichskrim angerufen. Er wußte zu berichten, daß Lonrho seine Wurzeln in Afrika hat. Sie haben offenbar in Rhodesien eine Menge illegale Dinge getrieben, als damals die Sanktionen verhängt wurden.«
»Aber wie interpretieren wir das?« unterbrach Wallander Martinssons Bericht. »Aktienmakler in Korea? Und diese zweite Firma, wie heißt sie noch? Was sagt uns das?«
»Das frage ich mich auch. Aber Robert Modin meint, daß das Netz hier mindestens achtzig Verzweigungen aufweist. Vielleicht müssen wir noch ein bißchen warten, bis wir etwas entdecken, was das Ganze verbindet.«
»Aber wenn du schon jetzt einmal laut denkst? Was siehst du dann?«
»Geld. Das sehe ich.«
»Und sonst?«
»Reicht das nicht? Die Weltbank, koreanische Aktienmakler, Unternehmen mit Wurzeln in Afrika, die haben auf jeden Fall den gemeinsamen Nenner Geld.«
Wallander stimmte zu. »Wer weiß«, sagte er. »Vielleicht spielt der Bankomat, vor dem Falk starb, die eigentliche Hauptrolle.«
|388| Martinsson lachte. Wallander schlug vor, sich um drei Uhr zu treffen.
Nach dem Gespräch blieb Wallander sitzen. Er dachte an Elvira Lindfeldt. Versuchte sich vorzustellen, wie sie aussah. Aber statt dessen tauchte Baiba vor seinem inneren Auge auf. Dann Mona. Und vage das Bild einer anderen Frau, die er im Jahr zuvor kurz getroffen hatte. In einem Rasthaus bei Västervik.
Er wurde von Hansson gestört, der plötzlich in der Tür erschien. Wallander fuhr zusammen, als seien seine Gedanken sichtbar gewesen.
»Die Schlüssel«, sagte Hansson. »Sie sind da.«
Wallander schaute ihn verständnislos an. Aber er sagte nichts. Er sah ein, daß er wissen müßte, wovon Hansson redete.
»Ich habe ein Schreiben von Sydkraft bekommen«, fuhr Hansson fort. »Alle, die über Schlüssel zu der Transformatorstation verfügen, können auch darüber Rechenschaft geben.«
»Gut«, sagte Wallander. »Alles, was wir von unseren Listen streichen können, macht uns die Sache einfacher.«
»Aber einen Mercedes-Bus habe ich nicht gefunden.«
Wallander schaukelte mit seinem Stuhl. »Ich glaube, den kannst du fürs erste beiseite lassen. Auch wenn wir ihn früher oder später finden müssen, gibt es zur Zeit wichtigere Dinge.«
Hansson nickte und zog einen Strich auf seinem Notizblock. Wallander sagte ihm, daß sie sich um drei Uhr treffen würden. Hansson ging.
Wallander beugte sich wieder über seine Papiere und grübelte über das nach, was Martinsson erzählt hatte. Das Telefon klingelte. Viktorsson wollte wissen, wie der Stand der Dinge sei.
»Ich dachte, Hansson erstattet dir laufend Bericht?«
»Trotz allem bist du der Leiter der Ermittlung.«
Viktorssons
Weitere Kostenlose Bücher