Wallander 08 - Die Brandmauer
schlimmer wurde.
Schließlich gelang es ihm, Lisa davon zu überzeugen, daß keine |71| Veranlassung bestand, noch länger zu warten. Die Journalisten würden nur irritiert sein. Es würde ohnedies schwierig genug werden.
»Und was soll ich sagen?« fragte sie, als sie unterwegs waren zum großen Sitzungssaal, in dem die Pressekonferenz stattfinden sollte.
»Nichts«, gab Wallander zurück. »Ich mach das schon. Aber ich möchte, daß du dabei bist.«
Wallander ging in eine Toilette und wusch sich das Gesicht mit kaltem Wasser. Als er danach in den Sitzungssaal trat, zuckte er zusammen. Es waren mehr Journalisten anwesend, als er sich vorgestellt hatte. Er stieg auf das kleine Podium, seine Chefin folgte ihm. Sie setzten sich. Wallander blickte über die Versammlung. Einige der Gesichter kannte er. Von ein paar Journalisten kannte er die Namen, andere waren ihm völlig unbekannt.
Was sage ich jetzt? dachte er. Auch wenn man es sich vorgenommen hat, sagt man nie wirklich, was eigentlich Sache ist.
Lisa Holgersson begrüßte die Journalisten und übergab das Wort an Wallander.
Ich hasse das hier, dachte er ergeben. Ich mag es nicht nur nicht. Ich hasse diese Begegnungen mit den Medien. Auch wenn ich weiß, daß sie nötig sind.
Er zählte stumm bis drei, dann fing er an: »Vor einigen Tagen wurde ein Taxifahrer hier in Ystad überfallen und beraubt. Er ist, wie Sie schon wissen, leider seinen Verletzungen erlegen. Zwei Personen konnten im Zusammenhang mit diesem Verbrechen festgenommen werden. Sie haben die Tat gestanden. Weil einer der Täter minderjährig ist, werden wir bei dieser Pressekonferenz den Namen nicht nennen.«
Einer der Journalisten hob die Hand. »Warum sagen Sie Täter, wenn es sich um zwei Frauen handelt?«
»Darauf komme ich noch«, sagte Wallander. »Wenn Sie sich ein wenig gedulden.«
Der Journalist war jung und hartnäckig. »Die Pressekonferenz sollte um ein Uhr anfangen. Jetzt ist es nach halb zwei. Nehmen Sie überhaupt keine Rücksicht darauf, daß wir Zeiten haben, die wir einhalten müssen?«
|72| Wallander überging die Frage mit Schweigen.
»Es handelt sich mit anderen Worten um Mord«, fuhr er fort. »Raubmord. Es besteht auch kein Grund dazu, nicht offen zu sagen, wie es sich verhält, daß es nämlich ein ungewöhnlich brutaler Mord war. Deshalb ist es natürlich erfreulich, daß wir die Tat so schnell aufklären konnten.«
Dann wagte er den Absprung. Es war, wie an einer Stelle zu tauchen, an der man mit verborgenen Untiefen rechnen mußte. »Leider ist insofern eine Komplikation aufgetreten, als eine der Täterinnen flüchtig ist. Aber wir hoffen, sie binnen kurzem greifen zu können.«
Es wurde still im Saal. Dann kamen alle Fragen auf einmal.
»Wie heißt die, die geflohen ist?«
Wallander sah Lisa Holgersson an. Sie nickte.
»Sonja Hökberg.«
»Von wo ist sie geflohen?«
»Von hier aus dem Präsidium.«
»Wie konnte das passieren?«
»Wir sind dabei, das zu untersuchen.«
»Was soll das heißen?«
»Genau das, was ich sage. Daß wir untersuchen, wie Sonja Hökberg fliehen konnte.«
»Die geflohene Frau ist mit anderen Worten gefährlich.«
Wallander zögerte. »Ja«, antwortete er schließlich. »Aber es ist nicht sicher.«
»Entweder ist sie gefährlich, oder sie ist es nicht. Können Sie sich nicht entscheiden?«
Wallander verlor die Geduld. Zum wievielten Mal an diesem Tag, wußte er nicht. Er wollte das Ganze so schnell wie möglich hinter sich bringen und dann nach Hause gehen und sich ins Bett legen. »Die nächste Frage.«
Der Journalist ließ nicht locker. »Ich verlange eine vernünftige Antwort. Ist sie gefährlich oder nicht?«
»Sie haben die Antwort bekommen, die ich geben kann. Die nächste Frage.«
»Ist sie bewaffnet?«
»Nicht, soweit wir wissen.«
|73| »Wie wurde der Taxifahrer getötet?«
»Mit Messer und Hammer.«
»Haben Sie die Mordwaffen gefunden?«
»Ja.«
»Können wir sie sehen?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Aus ermittlungstechnischen Gründen. Die nächste Frage.«
»Läuft eine landesweite Fahndung nach ihr?«
»Noch reicht die regionale Fahndung. Und das ist alles, was wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu sagen haben.«
Wallanders Art und Weise, die Pressekonferenz für beendet zu erklären, löste heftige Proteste aus. Wallander wußte, daß noch eine unendliche Anzahl mehr oder weniger wichtiger Fragen im Raum stand.
Aber er stand auf und zerrte Lisa Holgersson fast von ihrem Stuhl hoch. »Es reicht
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