Wallander 08 - Die Brandmauer
daran gestorben. Weder das, was Sie beim letzten Mal gesagt haben, noch, was Sie jetzt sagen, verändert dieses Bild.«
»Und die Kopfwunde?«
|137| »Die hat er sich zugezogen, als er mit dem Kopf auf dem Asphalt aufschlug.«
Wallander bedankte sich und legte auf. Einen Moment lang nagte es in ihm. Marianne Falk war überzeugt, daß Tynnes Falk beunruhigt gewesen war.
Dann klappte er Martinssons Bericht zu. Sie hatten nicht die Zeit, um den Hirngespinsten der Leute nachzugehen.
Er holte Kaffee im Eßraum. Es war kurz vor zwölf. Martinsson und Hansson waren noch nicht im Haus. Wallander ging in sein Zimmer zurück. Noch einmal blätterte er den Stapel mit Telefonnotizen durch. Anita vom American Express ließ nichts von sich hören. Er trat ans Fenster und schaute zum Wasserturm, wo ein paar Krähen lärmten. Er war ungeduldig und irritiert. Sten Widéns Entschluß, aus seinem bisherigen Leben aufzubrechen, machte ihm zu schaffen. Er kam sich vor, als sei er auf dem letzten Platz eines Wettlaufs gelandet, den er zwar nicht hätte gewinnen können, in dem er aber auch nicht letzter werden wollte. Sein Gedanke war unklar, aber er wußte, was ihn störte. Das Gefühl, daß die Zeit ihm davonlief. »So kann es nicht weitergehen«, sagte er laut ins Zimmer hinein. »Es muß bald etwas passieren.«
»Mit wem redest du?«
Wallander fuhr herum. Martinsson stand in der Tür. Wallander hatte ihn nicht kommen hören. Keiner im Polizeipräsidium hatte einen so lautlosen Gang wie Martinsson.
»Ich rede mit mir selbst«, sagte Wallander offen. »Tust du das nie?«
»Meine Frau behauptet, ich rede im Schlaf. Vielleicht kann man das vergleichen?«
»Was wolltest du denn?«
»Ich habe alle, die Schlüssel zum Transformatorhaus haben, durch unsere Programme laufen lassen. Keiner von ihnen steht in unseren Registern.«
»Wie wir erwartet haben.«
»Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, warum das Tor aufgebrochen wurde«, sagte Martinsson. »Soweit ich sehen kann, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder fehlte der Schlüssel zum |138| Tor, oder jemand wollte den Anschein von etwas erwecken, was wir noch nicht verstehen.«
»Und was könnte das sein?«
»Randale. Vandalismus. Was weiß ich.«
Wallander schüttelte den Kopf. »Die Stahltür ist aufgeschlossen worden. Somit gibt es eine weitere Möglichkeit. Derjenige, der das Tor aufgebrochen hat, war nicht identisch mit der Person, die die Stahltür geöffnet hat.«
Martinsson reagierte verständnislos. »Und wie willst du das erklären?«
»Ich will es nicht erklären. Ich nenne nur eine Alternative.«
Das Gespräch versiegte. Martinsson verschwand. Es war zwölf Uhr geworden. Wallander wartete weiter.
Um fünf vor halb eins erschien Ann-Britt Höglund. »Man kann dieser Eva Persson nicht vorwerfen, es zu eilig zu haben«, sagte sie. »Wie kann ein junger Mensch so langsam sprechen?«
»Sie hat vielleicht Angst, etwas Falsches zu sagen.«
Ann-Britt hatte sich auf seinen Besucherstuhl gesetzt. »Ich habe danach gefragt, worum du mich gebeten hast«, begann sie. »Einen Chinesen hatte sie nicht gesehen.«
»Ich habe nicht Chinese gesagt. Asiat.«
»Sie hatte auf jeden Fall keinen gesehen. Sie hatten die Plätze getauscht, weil Sonja behauptete, es zöge vom Fenster.«
»Wie hat sie auf die Frage reagiert?«
Ann-Britt sah betrübt aus.
»Genau, wie du es dir gedacht hast. Sie hatte die Frage nicht erwartet. Und ihre Antwort war eine glatte Lüge.«
Wallander schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Dann wissen wir das«, sagte er. »Es gibt einen Zusammenhang zwischen den beiden Mädchen und diesem Mann, der ins Lokal kam.«
»Was für einen Zusammenhang?«
»Das wissen wir noch nicht. Aber es war kein gewöhnlicher Taximord.«
»Ich weiß nur nicht, wie wir weiterkommen sollen.«
Wallander erzählte ihr von dem Anruf von American Express, den er erwartete. »Dann haben wir einen Namen. Und wenn wir einen Namen haben, sind wir schon einen großen Schritt weiter. |139| In der Zwischenzeit machst du einen Hausbesuch bei Eva Persson. Ich möchte, daß du dir ihr Zimmer ansiehst. Wo ist eigentlich ihr Vater?«
Ann-Britt blätterte in ihren Notizen. »Er heißt Hugo Lövström. Sie waren nicht verheiratet.«
»Wohnt er hier in der Stadt?«
»Er soll in Växjö leben.«
»Was heißt ›soll leben‹?«
»Daß er der Tochter zufolge ein obdachloser Alkoholiker ist. Das Mädchen ist voller Haß. Ob sie ihren Vater stärker verabscheut als ihre Mutter, ist
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