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Wallander 08 - Die Brandmauer

Wallander 08 - Die Brandmauer

Titel: Wallander 08 - Die Brandmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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wir gedacht haben, bis wir die umfassende Lösung finden.«
    Kurz vor fünf war die Sitzung zu Ende. Ann-Britt wünschte ihm gutes Gelingen für den Abend.
    »Sie werden mich wegen Frauenmißhandlung angreifen«, klagte Wallander.
    »Das glaube ich nicht. Du hast von früher her einen guten Ruf.«
    |144| »Ich dachte, der sei schon lange ruiniert.«
    Wallander ging nach Hause. Es war ein Brief von Per Åkeson aus dem Sudan gekommen. Er legte ihn auf den Küchentisch. Der mußte warten. Dann duschte er und zog sich um. Um halb sieben verließ er seine Wohnung und ging zu der Adresse, wo er all diese unbekannten Frauen treffen sollte. Er blieb einen Augenblick in der Dunkelheit stehen und schaute zu der erleuchteten Villa hinauf, bevor er sich ein Herz faßte und hineinging.
     
    Als er das Haus wieder verließ, war es schon nach neun. Er schwitzte. Er hatte länger gesprochen, als er vorgehabt hatte. Auch hatte es hinterher mehr Fragen gegeben als erwartet. Doch die Frauen, die versammelt waren, hatten ihn inspiriert. Die meisten waren in seinem Alter gewesen, und ihre Aufmerksamkeit hatte ihm geschmeichelt. Eigentlich wäre er gern noch eine Weile geblieben.
    Langsam ging er nach Hause. Er wußte kaum noch, was er gesagt hatte. Aber sie hatten zugehört. Das war das wichtigste.
    Eine Frau in seinem Alter war ihm besonders aufgefallen. Kurz bevor er ging, hatte er ein paar Worte mit ihr gewechselt. Sie hatte sich als Solveig Gabrielsson vorgestellt. Wallander konnte seine Gedanken nur schwer von ihr lösen.
    Als er nach Hause kam, schrieb er ihren Namen auf den Block in der Küche. Warum er das tat, wußte er nicht.
    Er hatte seine Jacke noch nicht ausgezogen, als das Telefon klingelte. Er nahm ab.
    Es war Martinsson. »Wie war der Vortrag?« wollte er wissen.
    »Gut. Aber du rufst doch nicht an, um mich danach zu fragen?«
    Martinsson zögerte, bevor er fortfuhr. »Ich sitze hier und arbeite«, sagte er. »Und eben kam ein Anruf, von dem ich nicht richtig weiß, was ich damit anfangen soll. Aus der Pathologie in Lund.«
    Wallander hielt den Atem an.
    »Tynnes Falk«, fuhr Martinsson fort. »Erinnerst du dich?«
    »Der Mann an dem Geldautomaten. Klar erinnere ich mich.«
    »Es sieht so aus, als sei seine Leiche verschwunden.«
    Wallander runzelte die Stirn. »Eine Leiche verschwindet doch höchstens in einem Sarg.«
    |145| »Sollte man meinen. Aber es sieht tatsächlich so aus, als hätte jemand diese Leiche vorher gestohlen.«
    Wallander wußte nichts zu sagen. Er versuchte nachzudenken.
    »Das ist noch nicht alles«, sagte Martinsson. »Es ist nicht nur die Leiche verschwunden. Auf der Bahre im Kühlraum liegt jetzt etwas anderes.«
    »Was denn?«
    »Ein kaputtes Relais.«
    Wallander war nicht sicher, ob er wußte, was ein Relais genau war. Außer daß es mit Elektrizität zu tun hatte.
    »Es ist kein gewöhnliches Relais«, sagte Martinsson, »sondern ein großes.«
    Wallanders Herz schlug schneller. Er ahnte die Antwort. »Ein großes Relais, das wo benutzt wird?«
    »In Transformatorstationen. Solchen wie der, in der wir Sonja Hökbergs Leiche gefunden haben.«
    Wallander stand einen Moment lang schweigend da.
    Ein Zusammenhang war aufgetaucht.
    Aber keiner, wie er ihn erwartet hatte.

|146| 12
    Martinsson saß im Eßraum und wartete.
    Es war mittlerweile zehn Uhr am Donnerstagabend. Aus der Notrufzentrale, in der alle nächtlichen Anrufe eingingen, war das schwache Geräusch eines Radios zu hören. Sonst war es still. Martinsson trank Tee und kaute an einem Zwieback. Wallander setzte sich ihm gegenüber, ohne die Jacke auszuziehen.
    »Wie war der Vortrag?«
    »Das hast du schon vorhin gefragt.«
    »Früher hat es mir Spaß gemacht, vor Leuten zu reden. Ich weiß nicht, ob ich es heute noch könnte.«
    »Bestimmt wärst du viel besser als ich. Aber wenn du es genau wissen willst, habe ich neunzehn Frauen gezählt, alle in mittleren Jahren, die andächtig zuhörten, allerdings mit einer gewissen Beklemmung, wenn ich die blutigeren Seiten unserer für das Gemeinwohl so nützlichen Arbeit aufzeigte. Sie waren sehr nett und stellten höfliche und nichtssagende Fragen, die ich auf eine Art und Weise beantwortete, von der unser Reichspolizeichef bestimmt angetan gewesen wäre. Reicht das?«
    Martinsson nickte und strich die Zwiebackkrümel vom Tisch, bevor er seinen Notizblock heranzog.
    »Ich fange ganz vorne an. Um neun vor neun klingelt das Telefon hier draußen in der Zentrale. Der Wachhabende leitet das Gespräch

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