Wallander 08 - Die Brandmauer
Telefonat mit Falks früherer Frau.
|149| »Ich habe das nicht ganz ernst genommen«, gab er zu. »Man sollte sich doch auf die Pathologen verlassen können.«
»Daß Falks Leiche entwendet wurde, muß ja nicht gleich bedeuten, daß er auch ermordet worden ist.«
Wallander sah ein, daß Martinsson recht haben konnte.
»Trotzdem fällt es mir schwer, mir einen anderen Grund vorzustellen, als daß man befürchtet, die eigentliche Todesursache könnte entdeckt werden.«
»Vielleicht hatte er etwas verschluckt?«
Wallander hob die Augenbrauen. »Was denn?«
»Diamanten, Drogen. Was weiß ich.«
»Das hätte der Obduzent entdeckt.«
»Und was machen wir jetzt?«
»Herausfinden, wer dieser Tynnes Falk war«, sagte Wallander. »Weil wir das Ganze abgeschrieben hatten, brauchten wir ihn und sein Leben nicht genauer zu untersuchen. Aber Enander machte sich die Mühe, herzukommen und uns seine Bedenken bezüglich der Todesursache mitzuteilen. Als ich mit Falks Frau gesprochen habe, meinte sie, ihr Mann sei oft beunruhigt gewesen. Und habe viele Feinde gehabt. Sie hat überhaupt eine Menge Dinge gesagt, die darauf hindeuten, daß der Mann ein komplizierter Mensch war.«
Martinsson verzog das Gesicht. »Ein Computerberater mit Feinden?«
»Das hat sie gesagt. Und keiner von uns hat sich eingehender mit ihr unterhalten.«
Martinsson hatte die Mappe mit den mageren Informationen über Tynnes Falk mitgebracht.
»Wir haben auch nicht mit den Kindern gesprochen. Wir haben mit gar keinem gesprochen, weil wir geglaubt haben, er sei eines natürlichen Todes gestorben.«
»Davon gehen wir noch immer aus«, meinte Wallander. »Zumindest ist es genauso denkbar wie irgend etwas anderes. Was wir jedoch einsehen müssen, ist, daß zwischen ihm und Sonja Hökberg ein Zusammenhang besteht. Vielleicht auch mit Eva Persson.«
»Warum nicht auch mit Lundberg?«
|150| »Das stimmt. Vielleicht sogar mit dem Taxifahrer.«
»Wir wissen auf jeden Fall, daß Tynnes Falk tot war, als Sonja Hökberg verbrannt wurde«, sagte Martinsson. »Er kann sie also nicht getötet haben.«
»Wenn man den Gedanken verfolgt, daß Falk eventuell ermordet wurde, dann kann der Täter auch Sonja Hökberg auf dem Gewissen haben.«
Wallanders Unbehagen wuchs. Sie rührten an etwas, was sie ganz und gar nicht verstanden. Die Sache hat einen doppelten Boden, dachte er. Wir müssen tiefer eindringen.
Martinsson gähnte. Wallander wußte, daß er um diese Zeit meistens schon schlief.
»Es fragt sich, ob wir noch sehr viel weiterkommen«, sagte er. »Es ist nicht unsere Sache, Leute loszuschicken, um nach einer entlaufenen Leiche zu suchen.«
»Wir sollten einen Blick in Falks Wohnung werfen«, sagte Martinsson und unterdrückte ein weiteres Gähnen. »Er lebte allein. Damit sollten wir anfangen und anschließend mit seiner Frau reden.«
»Seiner früheren Frau. Sie waren geschieden.«
Martinsson stand auf. »Ich fahre nach Hause und gehe ins Bett. Was macht dein Auto?«
»Das ist morgen wieder in Ordnung.«
»Soll ich dich nach Hause fahren?«
»Ich bleibe noch eine Weile hier.«
Martinsson zögerte noch. »Ich kann nachempfinden, daß du empört bist«, sagte er. »Über das Bild in der Zeitung.«
»Was ist deine Meinung dazu?«
»Wozu?«
»Bin ich schuldig oder nicht?«
»Daß du ihr eine Ohrfeige gegeben hast, ist ja wohl klar. Aber ich glaube, daß es so gewesen ist, wie du sagst. Daß sie vorher ihre Mutter angegriffen hat.«
»Ich habe mich auf jeden Fall entschieden«, sagte Wallander. »Wenn ich eine Abmahnung bekomme, höre ich hier auf.«
Er war von seinen eigenen Worten überrascht. Der Gedanke, seinen Abschied einzureichen, falls die interne Untersuchung |151| zu seinen Ungunsten ausging, war ihm vorher noch nie gekommen.
»Dann tauschen wir die Rollen«, sagte Martinsson.
»Wieso?«
»Dann werde ich dich davon überzeugen müssen, daß du bleiben sollst.«
»Das schaffst du nicht.«
Martinsson erwiderte nichts. Er nahm seine Mappe und ging. Wallander blieb sitzen. Nach einer Weile kamen zwei Polizisten von der Nachtschicht herein. Sie nickten Wallander zu. Wallander lauschte zerstreut ihrer Unterhaltung. Der eine überlegte, ob er sich im Frühjahr ein Motorrad kaufen sollte.
Sie holten sich Kaffee und gingen wieder. Ohne daß Wallander sich eigentlich darüber klar war, nahm ein Entschluß in seinem Kopf Gestalt an.
Er sah zur Uhr. Bald halb zwölf. Eigentlich sollte er bis zum nächsten Morgen warten. Aber eine innere
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