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Wallander 08 - Die Brandmauer

Wallander 08 - Die Brandmauer

Titel: Wallander 08 - Die Brandmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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an mich weiter, weil es nicht um einen Einsatz geht und weil er weiß, daß ich noch da bin. Wäre ich nicht dagewesen, hätten sie den Anrufer gebeten, sich morgen wieder zu melden. Der Mann, der anrief, hieß Pålsson. Sture Pålsson. Was für einen Titel er hat, ist mir nicht klargeworden. Aber ihm untersteht das Leichenschauhaus in der Pathologie in Lund. Wahrscheinlich heißt es heutzutage nicht mehr Leichenschauhaus, aber du weißt, was ich meine. Den Kühlraum, in dem die Körper bis zur Obduktion oder |147| bis zur Abholung durch ein Beerdigungsinstitut aufbewahrt werden. Gegen acht Uhr hatte er gemerkt, daß eins der Kühlfächer nicht ganz geschlossen war. Als er die Bahre herauszog, entdeckte er, daß der Körper verschwunden war und daß statt dessen ein elektrisches Relais dort lag. Er rief daraufhin den Angestellten an, der den Tag über die Aufsicht hatte. Einen Mann namens Lyth. Der war sicher, daß der Körper gegen sechs Uhr, als er Feierabend gemacht hatte, noch dagewesen war. Der Körper war also irgendwann zwischen sechs und acht verschwunden. Es gibt einen Zugang direkt vom Hinterhof auf der Rückseite des Leichenschauhauses. Pålsson untersucht die Tür und entdeckt, daß das Schloß aufgebrochen worden ist. Er ruft sofort die Polizei in Malmö an. Das Ganze geht sehr schnell. Eine Streife kommt innerhalb von fünfzehn Minuten. Als sie hören, daß der verschwundene Körper aus Ystad stammt und Gegenstand einer gerichtsmedizinischen Untersuchung war, sagen sie Pålsson, er solle mit uns Kontakt aufnehmen. Was er tut.«
    Martinsson legte den Block zurück.
    »Es ist natürlich die Aufgabe der Kollegen in Malmö, die Leiche wiederzufinden«, fuhr er fort. »Aber man muß wohl sagen, daß der Fall uns auch angeht.«
    Wallander dachte eine Weile nach. Die Situation war ausgesprochen kurios. Aber auch unangenehm. Er spürte, wie seine Unruhe zunahm. »Wir können wohl voraussetzen, daß die Kollegen in Malmö an Fingerabdrücke denken«, sagte er. »Ich weiß nicht, ob das Entwenden einer Leiche überhaupt unter irgendeine Verbrechenskategorie fällt. Eigenmächtiges Verfahren vielleicht. Oder Störung der Totenruhe. Aber es besteht die Gefahr, daß sie es nicht ernst nehmen. Nyberg hat wohl bei der Transformatorstation Fingerabdrücke gesichert?«
    Martinsson dachte nach. »Ich glaube schon. Soll ich ihn anrufen?«
    »Jetzt nicht. Aber es wäre gut, wenn die Kollegen in Malmö das Relais im Kühlraum auf Fingerabdrücke hin untersuchten.«
    »Soll ich sie anrufen?«
    »Das wäre das beste.«
    Martinsson ging, um zu telefonieren. Wallander holte sich Kaffee |148| und versuchte zu verstehen, was geschehen war. Es konnte sich immer noch um einen eigentümlichen Zufall handeln. So etwas hatte er früher schon erlebt. Aber irgend etwas sagte ihm, daß es diesmal nicht so war. Jemand war in ein Leichenschauhaus eingebrochen, um eine Leiche zu entwenden. Im Austausch war ein elektrisches Relais zurückgelassen worden. Wallander mußte an etwas denken, was Rydberg vor vielen Jahren einmal gesagt hatte, ganz am Anfang ihrer gemeinsamen Zeit.
Verbrecher hinterlassen häufig Grüße an einem Tatort. Manchmal absichtlich. Aber ebensooft aus Nachlässigkeit
.
    Dies hier ist keine Nachlässigkeit, dachte er. Man läuft nicht zufällig mit einem großen elektrischen Relais herum. Man vergißt es nicht auf einer Bahre in einem Leichenschauhaus. Es sollte entdeckt werden. Und es handelt sich kaum um einen Gruß an die Pathologen. Es war ein Gruß an uns.
    Die zweite Frage ergab sich ebenso von selbst. Warum entwendet man eine Leiche? Es kam wohl zuweilen vor, daß Tote, die obskuren und ausgefallenen Sekten angehörten, entwendet wurden. Aber Tynnes Falk hatte kaum einer solchen Sekte angehört. Auch wenn sie natürlich nicht sicher sein konnten. Also blieb nur eine Erklärung. Seine Leiche war entwendet worden, weil etwas vertuscht werden sollte.
    Martinsson kehrte zurück. »Wir haben Glück«, sagte er. »Sie hatten das Relais in einen Plastiksack gesteckt und nicht einfach in eine Ecke geworfen.«
    »Fingerabdrücke?«
    »Sie sind dabei.«
    »Und von der Leiche keine Spur?«
    »Nein.«
    »Keine Zeugen?«
    »Nicht daß ich wüßte.«
    Wallander erzählte Martinsson von seinen Überlegungen. Martinsson stimmte seinen Schlußfolgerungen zu. Das Ganze war kein Zufall. Der Körper war fortgebracht worden, weil etwas vertuscht werden sollte. Wallander berichtete Martinsson auch von Doktor Enanders Besuch und vom

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