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Wallander 08 - Die Brandmauer

Wallander 08 - Die Brandmauer

Titel: Wallander 08 - Die Brandmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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sofort, daß er seine schlechte Laune an Hansson ausließ. »Ich bin müde«, entschuldigte er sich.
    »Wer ist das nicht, verdammt?« gab Hansson zurück, »besonders, wenn man so was hier liest.«
    Er hielt eine Tageszeitung in der Hand. Wallander dachte, daß er ihn sofort unterbrechen sollte. Sie hatten keine Zeit dafür, über etwas zu diskutieren, was Hansson in einer Zeitung gelesen hatte. Aber er sagte nichts, sondern setzte sich nur an seinen Platz.
    »Die Justizministerin hat sich geäußert«, sagte Hansson. »›Eine notwendige Umstrukturierung der Polizei und ihrer Aufgaben im Lande ist in Angriff genommen worden. Es handelt sich um eine Reform, die mit großen Belastungen einhergeht. Aber die Polizei ist jetzt auf dem richtigen Weg.‹«
    |161| Hansson warf die Zeitung verbittert auf den Tisch.
    »Auf dem richtigen Weg? Was meint sie damit, zum Henker? Wir drehen uns ständig im Kreis, ohne zu wissen, in welche Richtung wir uns wenden sollen. Am laufenden Band werden neue Prioritäten gesetzt. Im Moment sind es Gewaltverbrechen, Vergewaltigungen, Verbrechen, in die Kinder verwickelt sind, und Wirtschaftskriminalität. Aber keiner weiß, welche Prioritäten morgen gelten sollen.«
    »Das ist ja nicht das Problem«, wandte Martinsson ein. »Alles ändert sich so schnell, daß es schwerfällt zu sagen, was gerade nicht Priorität hat. Aber weil wir auch ständig kürzen müssen, sollte man uns gleichzeitig erklären, welche Bereiche wir schleifen lassen sollen.«
    »Ich weiß«, sagte Wallander. »Aber ich weiß auch, daß wir hier in Ystad zur Zeit 1465 unaufgeklärte Fälle haben, und ich will nicht, daß es noch mehr werden.«
    Er ließ die Handflächen auf die Tischplatte fallen, um zu signalisieren, daß die Klagestunde beendet war. Martinsson und Hansson hatten recht, niemand wußte das besser als er. Aber gleichzeitig wurde er von dem starken Willen beherrscht, die Zähne zusammenzubeißen und weiterzuarbeiten.
    Vielleicht lag es daran, daß er allmählich so überarbeitet war, daß er nicht mehr die Energie aufbrachte, gegen die ständigen Veränderungen im Polizeiapparat, die in immer kürzeren Abständen eintraten, zu protestieren.
    Ann-Britt Höglund kam herein. »Was für ein Sturm«, sagte sie, während sie sich die Jacke auszog.
    »Es ist Herbst«, sagte Wallander. »Fangen wir an. Gestern abend ist etwas passiert, was unsere Ermittlung auf ziemlich dramatische Weise verändert.«
    Er nickte Martinsson zu, der von Tynnes Falks verschwundener Leiche berichtete.
    »Das ist immerhin mal etwas Neues«, sagte Hansson, nachdem Martinsson geendet hatte. »Eine verSchwundene Leiche haben wir bisher nicht gehabt. An ein Gummifloß erinnere ich mich, aber nicht an eine Leiche.«
    Wallander verzog das Gesicht. Auch er erinnerte sich, wie das |162| Gummifloß, das in Mossby Strand angetrieben worden war, auf noch immer ungeklärte Weise aus dem Polizeipräsidium verschwunden war.
    Ann-Britt sah ihn an.
    »Es müßte demnach ein Zusammenhang bestehen zwischen diesem Mann, der an dem Geldautomaten starb, und dem Mord an Lundberg? Das ist doch vollkommen absurd.«
    »Ja«, gab Wallander zurück. »Aber es bleibt uns nichts anderes übrig, als von jetzt an auch von dieser Möglichkeit auszugehen. Wir sollten uns auch darüber im klaren sein, daß dies keine leichte Ermittlung wird. Wir dachten, wir hätten einen ungewöhnlich brutalen, aber immerhin aufgeklärten Mord an einem Taxifahrer. Dann mußten wir erleben, wie sich der Fall ausweitete. Als es Sonja Hökberg gelang zu fliehen und wir sie tot in dieser Transformatorstation fanden. Wir wußten, daß ein Mann einen Herzinfarkt bekommen hatte und vor einem Geldautomaten tot zusammengebrochen war. Aber das hatten wir abgeschrieben, weil nichts auf ein Verbrechen deutete. Dann verschwindet die Leiche. Und jemand läßt ein Hochspannungsrelais auf der leeren Bahre zurück.«
    Wallander brach ab und dachte an die vier Fragen, die er am Morgen formuliert hatte. Jetzt sah er ein, daß sie eigentlich an einer ganz anderen Stelle anfangen mußten.
    »Jemand dringt in ein Leichenschauhaus ein und entwendet eine Leiche. Wir können nicht sicher sein, aber wir können vermuten, daß dieser Jemand etwas vertuschen will. Gleichzeitig wird das Relais zurückgelassen. Es ist nicht vergessen worden, es ist nicht aus Versehen dort gelandet. Die Person, die die Leiche entwendete, wollte, daß wir es finden.«
    »Was wiederum nur eins bedeuten kann«, sagte

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