Wallander 08 - Die Brandmauer
Ann-Britt.
Wallander nickte. »Jemand will, daß wir zwischen Sonja Hökberg und Tynnes Falk eine Beziehung sehen.«
»Kann das nicht eine falsche Fährte sein?« wandte Hansson ein. »Jemand, der von dem verbrannten Mädchen gelesen hat.«
»Wenn ich die Kollegen in Malmö richtig verstanden habe«, sagte Martinsson, »war das Relais schwer. So etwas trägt man nicht einfach in der Aktenmappe mit sich herum.«
|163| »Laßt uns Schritt für Schritt vorgehen«, unterbrach Wallander. »Nyberg muß untersuchen, ob das Relais von unserer Transformatorstation kommt. Wenn das der Fall ist, sehen wir klarer.«
»Nicht unbedingt«, meinte Ann-Britt. »Es kann doch eine symbolische Spur sein.«
Wallander schüttelte den Kopf. »Ich glaube, es ist so, wie ich denke.«
Martinsson rief Nyberg an, während die anderen Kaffee holten. Wallander erzählte von dem Journalisten, der angerufen und ihn geweckt hatte.
»Das legt sich bald«, sagte Ann-Britt.
»Ich hoffe, du hast recht. Aber sicher bin ich mir ganz und gar nicht.«
Sie kehrten ins Sitzungszimmer zurück.
»Eins noch«, sagte Wallander. »Eva Persson. Es spielt keine Rolle mehr, daß sie minderjährig ist. Jetzt muß sie ernsthaft verhört werden. Das soll Ann-Britt übernehmen. Du weißt, welches die wichtigen Fragen sind. Und gib nicht nach, bevor du eine richtige Antwort bekommen hast statt Ausflüchten.«
Sie verbrachten noch eine Stunde mit der weiteren Planung der Ermittlungsarbeit. Wallander merkte, daß seine Erkältung schon vorüber war. Seine Kräfte kehrten zurück. Um kurz nach halb zehn brachen sie auf. Hansson und Ann-Britt verschwanden den Korridor hinunter. Wallander und Martinsson wollten einen Besuch in Tynnes Falks Wohnung machen. Wallander war versucht zu verraten, daß er schon dagewesen war, unterließ es aber. Es war immer seine Schwäche gewesen, die Kollegen nicht über alle Schritte, die er tat, zu informieren. Aber er hatte schon lange die Hoffnung aufgegeben, an dieser Eigenart noch etwas ändern zu können.
Während Martinsson versuchte, Schlüssel für Tynnes Falks Wohnung zu beschaffen, ging Wallander mit der Zeitung, die Hansson vorher auf den Tisch geknallt hatte, in sein Zimmer. Er blätterte sie durch, um zu sehen, ob etwas über ihn darinstand. Das einzige, was er fand, war eine kleine Meldung, daß ein Polizeibeamter mit langjähriger Berufserfahrung des tätlichen Übergriffs |164| gegen eine Minderjährige verdächtigt werde. Sein Name wurde nicht genannt, aber seine Empörung wallte wieder auf.
Er wollte die Zeitung gerade fortlegen, als sein Blick auf eine Seite mit Kontaktanzeigen fiel. Zerstreut begann er zu lesen. Eine geschiedene Frau, die vor kurzem fünfzig geworden war, fühlte sich einsam, nachdem die Kinder aus dem Haus waren. Sie gab Reisen und klassische Musik als ihre Lieblingsinteressen an. Wallander versuchte, sie sich vorzustellen, doch das einzige Gesicht, das er vor sich sah, gehörte einer Frau namens Erika. Er hatte sie im Jahr zuvor in einem Café in der Nähe von Västervik getroffen. Dann und wann hatte er an sie gedacht, ohne eigentlich zu wissen, warum. Irritiert warf er die Zeitung in den Papierkorb. Aber kurz bevor Martinsson hereinkam, holte er sie wieder heraus, riß die Seite heraus und legte sie in eine Schreibtischschublade.
»Seine Frau kommt mit den Schlüsseln«, sagte Martinsson. »Machen wir einen Spaziergang oder fahren wir?«
»Wir fahren. Ich habe ein Loch im Schuh.«
Martinsson betrachtete ihn interessiert. »Was würde wohl der Reichspolizeichef dazu sagen?«
»Wir haben doch schon Fußstreifen wiedereingeführt«, erwiderte Wallander. »Als nächstes sind vielleicht Barfußpolizisten dran.«
Sie verließen das Präsidium in Martinssons Wagen.
»Wie fühlst du dich?« fragte Martinsson.
»Ich bin sauer«, antwortete Wallander. »Man glaubt, man könnte sich daran gewöhnen, aber man tut es nicht. Mir ist in meinen Jahren bei der Polizei schon so gut wie alles vorgeworfen worden. Vielleicht mit Ausnahme von Faulheit. Man glaubt, man habe sich ein dickes Fell zugelegt, aber das stimmt nicht. Zumindest nicht so, wie man es sich gewünscht hätte.«
»Hast du das ernst gemeint, was du gestern gesagt hast?«
»Was habe ich denn gesagt?«
»Daß du aufhörst, wenn du eine Abmahnung bekommst.«
»Ich weiß nicht. Im Moment bin ich nicht in der Lage, auch nur daran zu denken.«
Sie hielten vor dem Haus Apelbergsgatan 10. Eine Frau stand neben einem Wagen und wartete
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