Wallander 08 - Die Brandmauer
gesehen. Er ging offenbar regelmäßig spazieren.«
»Und der Abend, an dem die Leiche zurückkam?«
»Sie meinte, einen Lieferwagen gesehen zu haben. Wenn die Zeiten stimmen, müßte es halb zwölf gewesen sein. Er parkte vor dem Geldautomaten. Er war ihr aufgefallen, weil er quer zwischen den markierten Parkplätzen stand.«
»Irgendwelche Leute?«
»Ein Mann, meinte sie.«
»Meinte sie?«
»Sie war sich nicht sicher.«
»Könnte sie den Wagen identifizieren?«
»Ich habe sie gebeten, morgen früh ins Präsidium zu kommen.«
|247| »Gut«, sagte Wallander. »Vielleicht bringt es was.«
»Wo bist du? Zu Hause?«
»Nicht richtig«, sagte Wallander. »Wir sehen uns morgen.«
Es war zwei Uhr, als Wallander vor dem Haus am Runnerströms Torg bremste. Ein anderer Wagen stand an der gleichen Stelle wie der vorige. Wallander blickte sich auf der Straße um. Wenn etwas passierte, konnte auch Robert Modin in Gefahr geraten. Aber die Straße war leer.
Auf dem Weg von Löderup in die Stadt hatte Wallander erklärt, worum es sich handelte. Er wollte ganz einfach, daß Robert versuchte, in Falks Rechner hineinzukommen.
»Ich weiß, daß du was davon verstehst«, sagte er. »Die Sache mit dem Pentagon ist mir egal. Mich interessiert nur, daß du dich mit Computern auskennst.«
»Eigentlich hätte ich nie auffliegen dürfen«, sagte Robert plötzlich aus dem Dunkel. »Es war mein eigener Fehler.«
»Warum?«
»Ich war nachlässig beim Verwischen der Spuren.«
»Was meinst du damit?«
»Wenn man in ein gesperrtes Gelände eindringt, hinterläßt man Spuren. Das ist, wie wenn man einen Zaun aufschneidet. Wenn man wieder rausgeht, muß man den Zaun reparieren. Das habe ich nicht gut genug gemacht. Deshalb konnten sie mich aufspüren.«
»Da saßen also Leute im Pentagon, denen es gelungen ist, dahinterzukommen, daß jemand aus dem kleinen Löderup bei ihnen zu Besuch war?«
»Sie konnten nicht wissen, wer ich war oder wie ich hieß. Aber sie konnten sehen, daß es mein Rechner war.«
Wallander versuchte sich in Erinnerung zu rufen, ob er von der Geschichte hatte reden hören. Das sollte er eigentlich, weil Löderup früher zum Polizeibezirk Ystad gehört hatte. Aber ihm fiel nichts ein.
»Und wer hat dich geschnappt?«
»Es kamen zwei Männer vom Reichskriminalamt in Stockholm.«
|248| »Und dann?«
»Leute aus den USA haben mich verhört.«
»Verhört?«
»Sie wollten wissen, wie ich es angestellt hatte. Ich sagte es ihnen, genau wie es war.«
»Und dann?«
»Dann wurde ich verurteilt.«
Wallander hätte gern noch mehr Fragen gestellt. Aber der Junge neben ihm schien nicht mehr sagen zu wollen.
Sie traten ins Haus und stiegen die Treppe hinauf. Wallander spürte, daß er die ganze Zeit wachsam war. Bevor er die Sicherheitstür aufschloß, stand er still und horchte. Robert Modin betrachtete ihn durch seine Brille. Aber er sagte nichts.
Sie gingen hinein. Wallander machte Licht und zeigte auf den Computer. Er nickte zum Schreibtischstuhl hin. Robert setzte sich und schaltete ohne weiteres den Computer ein. Die Symbole flimmerten vorüber. Wallander hielt sich im Hintergrund. Robert ließ die Finger prüfend über die Tastatur gleiten, als bereite er sich auf ein Klavierkonzert vor. Er hielt das Gesicht sehr nah an den Bildschirm, als suchten seine Augen etwas, was Wallander nicht sehen konnte.
Dann begann er, Befehle einzugeben.
Er brauchte ungefähr eine Minute. Dann schaltete er den Rechner plötzlich ab und drehte sich zu Wallander um.
»So was wie das hier habe ich noch nie gesehen«, sagte er einfach. »Den kann ich nicht öffnen.«
Wallander spürte die Enttäuschung. Bei sich selbst ebenso wie bei Robert Modin.
»Bist du sicher?«
Der Junge schüttelte den Kopf. »Dann müßte ich zuerst schlafen«, sagte er. »Und viel Zeit haben.«
Wallander sah jetzt mit aller Deutlichkeit, wie sinnlos es gewesen war, Robert Modin mitten in der Nacht herzuholen. Martinsson hatte natürlich recht gehabt. Wenn auch widerwillig, gestand er sich auch selbst ein, daß sein Starrsinn durch Martinssons Zaudern ausgelöst worden war.
»Hast du morgen Zeit?«
|249| »Den ganzen Tag.«
Wallander löschte das Licht und schloß ab. Dann brachte er den Jungen zu der Zivilstreife, die in ihrem Wagen wartete, und bat sie, dafür zu sorgen, daß eine Nachtstreife ihn nach Hause fuhr. Sie verabredeten, daß um zwölf Uhr, wenn er ausgeschlafen hätte, jemand kommen und ihn abholen würde.
Wallander fuhr zur
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