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Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Titel: Wallander 09 - Der Feind im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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worauf er sich natürlich übernommen und einen Fersensporn am linken Fuß bekommen hatte. So hatte die Pilgerfahrt ein Ende genommen, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Jetzt war der Fersensporn geheilt, unter anderem nach einer Reihe schmerzhafter Kortisoninjektionen direkt in die Ferse. Aber vielleicht lagen ein paar gut geplante Wanderungen entlang der Küste Schonens noch im Bereich des Möglichen.
    Am nächsten Tag wurde er gesundgeschrieben und konnte nach Hause fahren. Er holte Jussi ab, der wieder vom Nachbarn betreut worden war, und lehnte Lindas Vorschlag ab, zu kommen und ihm das Abendessen zuzubereiten. War er allein, dann war er es eben, erklärte er ihr. Jetzt musste er selbst die Verantwortung dafür übernehmen, dass er zumindest seinen Urlaub nicht vergeudete.
    Bevor er an diesem Abend zu Bett ging, schrieb er eine lange E-Mail an Ytterberg. Er erwähnte nicht, dass er krank gewesen war, schrieb nur, dass er sich freinehmen müsse, weil er überarbeitet sei. Sein Bedürfnis nach Erholung und Ruhe erstrecke sich auch auf den Fall Håkan und Louise von Enke. Zum ersten Mal erkenne ich meine Grenzen, was das Alter und meine Kräfte anbelangt, schloss er seinen Brief . Früher ist es mir nie so gegangen. Ich bin nicht mehr vierzig und muss mich also damit abfinden, dass die Zeit, die vergangen ist, nicht wiederkommt. Ich glaube, ich teile die Illusion mit den meisten Menschen, dass es trotz allem möglich ist, zweimal in den gleichen Fluss zu steigen.
    Er las das Geschriebene noch einmal durch, drückte auf Senden und schaltete den Computer aus. Als er ins Bett ging, hörte er in der Ferne Donnergrollen.
    Die Gewitterfront näherte sich. Aber noch war der Sommerhimmel hell.

 
20
     
    Am nächsten Tag war die Gewitterfront abgezogen, ohne Wallanders Haus berührt zu haben. Sie war in eine östlichere Richtung geschwenkt. Als Wallander gegen acht Uhr aufstand, fühlte er sich ausgeschlafen. Obwohl der Morgen frisch war, nahm er sein Frühstück mit nach draußen und aß an dem weißen Gartentisch. Zur Feier seines ersten Urlaubstages schnitt er einige Rosen ab und legte sie auf den Tisch. Er hatte sich gerade gesetzt, als das Telefon klingelte. Linda wollte wissen, wie er sich fühle.
    »Ich lasse mir das eine Warnung sein«, sagte er. »Im Moment geht es mir gut. Ich werde mein Handy immer bei mir haben.«
    »Darum wollte ich dich gerade bitten.«
    »Wie geht es euch?«
    »Klara hat eine Sommererkältung. Hans hat sich diese Woche tatsächlich freigenommen.«
    »Freiwillig oder unfreiwillig?«
    »Mit meinem freien Willen! Er wagt nichts anderes. Ich habe ihm ein Ultimatum gestellt. Ich oder die Arbeit. Um Klara wird nicht verhandelt.«
    Wallander frühstückte weiter und dachte wieder, dass Linda seinem Vater immer ähnlicher wurde. Der gleiche spitze Tonfall, die gleiche ein wenig witzelnd ironische Haltung zur Umwelt. Aber auch eine Anlage zu Zornausbrüchen, die dicht unter der Oberfläche lauerten.
    Er legte die Füße auf einen Stuhl, lehnte sich zurück, gähnte und schloss die Augen. Jetzt hatte sein Urlaub endlich angefangen.
    Das Telefon klingelte. Zuerst wollte er es klingeln lassen und eine eventuelle Nachricht später abhören. Aber dann richtete er sich doch auf und griff zum Handy.
    »Ytterberg hier. Habe ich dich geweckt?«
    »Da hättest du vor ein paar Stunden anrufen müssen.«
    »Wir haben Louise von Enke gefunden. Sie ist tot.«
    Wallander hielt den Atem an und stand vorsichtig auf.
    »Ich wollte dich direkt anrufen«, fuhr Ytterberg fort. »Wir können die Nachricht möglicherweise noch eine Stunde zurückhalten. Aber wir müssen den Sohn und deine Tochter informieren. Weitere Angehörige außer dem Cousin in England gibt es ja nicht. Habe ich recht?«
    »Du vergisst die Tochter im Niklasgård. Zumindest das Personal muss informiert werden. Aber das kann ich auch übernehmen.«
    »Ich habe mir gedacht, dass du es lieber selbst tun würdest. Wenn du das aber nicht willst, was ich natürlich verstehen kann, rufe ich dort an.«
    »Ich mache das«, sagte Wallander. »Gib mir nur das Wichtigste, was ich wissen muss.«
    »Eigentlich ist der ganze Vorgang absurd«, sagte Ytterberg. »Gestern Abend verschwand eine senile alte Frau aus einem Altenwohnheim in Värmdö. Sie pflegte öfter herumzuwandern. Man hatte ihr eine Art GPS-Empfänger umgehängt, der die Suche nach ihr erleichtern sollte. Aber den hatte sie sich abgefummelt. Also musste die Polizei Suchtrupps losschicken. Zuerst fand

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