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Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Titel: Wallander 09 - Der Feind im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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dem dichten und tiefen Wald. Was wünschte er sich selbst, außer dem, was er schon hatte? Nichts, dachte er. Vielleicht, dass er es sich leisten könnte, in der kältesten Jahreszeit in den Süden zu reisen. Eine kleine Wohnung in Spanien. Aber er machte sogleich einen Rückzieher. Er würde sich nie wohl fühlen, umgeben von fremden Menschen und einer Sprache, die er nur notdürftig lernen könnte. Auf die eine oder andere Weise würde Schonen seine Endstation sein. Er würde so lange wie möglich in seinem Haus wohnen. Wenn er nicht mehr zurechtkam, würde es hoffentlich schnell gehen. Mehr als irgendetwas anderes fürchtete er sich vor einem Alter, das nur ein Warten auf das Ende war, eine Zeit, in der es ihm nicht mehr möglich war, sein normales Leben zu leben.
    Er fasste einen Entschluss. Er würde nach Markaryd fahren und die Kellnerin aufsuchen. Was er sich von einem Gespräch mit ihr versprach, wusste er nicht. Aber die Neugier, die der Artikel in ihm geweckt hatte, ließ ihn nicht los. Erschlug seinen alten Schulatlas auf. Markaryd lag nur wenige Fahrstunden entfernt.
    Er fuhr noch am selben Tag, nachdem er mit Linda telefoniert hatte. Sie hörte ihm aufmerksam zu und sagte schließlich, sie wolle mitfahren. Er regte sich auf und fragte, wie Klara eine solche Autofahrt bekommen würde, an einem der – wie es schien – heißesten Tage des Sommers.
    »Hans ist heute zu Hause«, sagte sie. »Er soll sich einmal um sein Kind kümmern.«
    »Das ist natürlich etwas ganz anderes.«
    »Du möchtest aber nicht, dass ich mitkomme. Das höre ich dir an.«
    »Warum sagst du das?«
    »Weil es stimmt.«
    Es stimmte. Wallander hatte sich auf eine Fahrt allein im Auto nach Norden in die Wälder Smålands gefreut. Es war eine seiner einfachen Freuden, allein im Auto unterwegs zu sein. Er liebte es, am Steuer eigenen Gedanken nachzuhängen, das Autoradio ausgeschaltet, mit der Möglichkeit anzuhalten, wo und wann es ihm passte.
    Er sah ein, dass Linda ihn durchschaut hatte. »Bist du jetzt sauer?«, fragte er.
    »Nein«, erwiderte sie. »Aber manchmal bist du für meinen Geschmack ein wenig wunderlich.«
    »Man sucht sich seine Eltern nicht aus. Wenn ich wunderlich bin, dann habe ich das von deinem Großvater geerbt, der wirklich ein Kauz war.«
    »Viel Glück. Erzähl, wenn du sie getroffen hast. Das eine will ich dir übrigens auch sagen, der Ehrlichkeit halber: Du gibst wahrlich nicht klein bei.«
    »Tust du das?«
    Sie lachte leise. »Nie. Ich weiß nicht mal, wie man das buchstabiert.«
     
    Es war elf Uhr, als Wallander von zu Hause fortfuhr. Um eins hatte er Älmhult erreicht und aß im Gewimmel des Ikea-Restaurants zu Mittag. Die lange Schlange an der Theke machte ihn nervös und gereizt. Viel zu schnell und unbeherrscht schlang er das Essen hinunter. Danach verfuhr er sich und erreichte Markaryd eine Stunde später als berechnet. An einer Tankstelle ließ er sich den Weg zur Altenwohnanlage Lillgården erklären. Als er aus dem Wagen stieg, hatte er das Gefühl, dass sie stark dem Niklasgård glich. Er fragte sich, ob der Mann, der sich als Signe von Enkes Onkel ausgegeben hatte, sie wieder besucht hatte. Er würde sich danach erkundigen, sobald er Zeit hatte.
    Ein älterer Mann in einem blauen Overall stand über einen umgedrehten Rasenmäher gebeugt. Mit einem Stock säuberte er die Klingen von großen Placken zusammengeklumpten Grases. Wallander fragte nach Fanny Klarströms Wohnung.
    Der Mann richtete sich auf und streckte den Rücken. Er sprach ein ausgeprägtes Småländisch, das Wallander nur schwer verstand. »Die Wohnung ganz am Ende im Erdgeschoss.«
    »Wie geht es ihr?«
    Der Mann musterte Wallander mit einem prüfenden und misstrauischen Blick. »Fanny ist alt und müde. Und wer sind Sie, dass Sie danach fragen?«
    Wallander zog seinen Polizeiausweis aus der Tasche und bereute es im selben Augenblick. Warum sollte er riskieren, die alte Fanny der Verbreitung des Gerüchts auszusetzen, ein Polizist habe sie besucht? Aber jetzt ließ es sich nicht mehr ändern.
    Der Mann im blauen Overall studierte den Ausweis eingehend. »Sie sind aus Schonen, höre ich. Ystad?«
    »Wie Sie sehen.«
    »Und kommen hier herauf nach Markaryd?«
    »Es ist eigentlich keine polizeiliche Angelegenheit«, sagteWallander so freundlich wie möglich. »Es ist eher ein persönlicher Besuch.«
    »Das ist gut für Fanny. Sie bekommt fast nie Besuch.«
    Wallander nickte in Richtung des Rasenmähers. »Sie sollten Ohrenschützer

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