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Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Titel: Wallander 09 - Der Feind im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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benutzen.«
    »Ich höre den Krach nicht. Mein Gehör ist schon seit meiner Jugend als Grubenarbeiter in Mitleidenschaft gezogen.«
    Wallander ging ins Haus und nahm den Gang nach links. Ein alter Mann stand an einem Fenster und starrte hinaus auf die Rückseite eines verfallenen Nebengebäudes. Wallander lief es kalt den Rücken hinunter. Er blieb vor einer Tür mit einem Namensschild stehen, es war hübsch in hellen Pastellfarben mit Blumen bemalt.

 
25
     
    Fanny Klarström öffnete die Tür sofort, als hätte sie schon tausend Jahre dahinter gestanden und auf ihn gewartet. Sie sah ihn mit einem großen Lächeln an. Er war der ersehnte Besucher, konnte er noch denken, bevor sie ihn ins Zimmer zog und die Tür schloss.
    Wallander hatte das Gefühl, in eine verlorene Welt einzutreten.
    Fanny Klarström roch, als hätte man gerade ein Feuer aus Erlenholz neben ihr angezündet. Aus der kurzen Zeit, als er Pfadfinder gewesen war, erinnerte Wallander sich vage an den Duft. Einmal war seine Gruppe auf einem sogenannten Hike gewesen. Sie hatten am Ufer eines Sees ihr Lager aufgeschlagen, wahrscheinlich war es der Krageholmsee gewesen, mit dem Wallander in seinem späteren Leben eine Reihe düsterer Erlebnisse verband, und dort hatten sie mit frisch gesägtem Erlenholz ein Feuer gemacht. Aber wuchsen an schonischen Seen wirklich Erlen? Die Frage wäre später einmal zu klären.
    Fanny Klarström hatte frisch onduliertes bläuliches Haar und war dezent geschminkt, als lebte sie in ständiger Bereitschaft für den Fall eines Besuchs. Wenn sie lächelte, entblößte sie gute Zähne, die ihn neidisch machten. Er selbst hatte mit zwölf Jahren seine ersten Plomben bekommen und danach einen ständigen Kampf gegen zahnhygienische Maßnahmen und Zahnärzte geführt, die mehr oder weniger unverblümt mit ihm schimpften. Er hatte zwar noch die meisten Zähne, aber sein Zahnarzt hatte ihn gewarnt, dass er sie bald verlieren würde, wenn er sie nicht besser pflegte. Fanny Klarström hatte mit vierundachtzig Jahren wohl noch alle Zähne, und sie strahlten wie bei einer Zwanzigjährigen. Sie fragte nicht, wer er war und was sein Anliegen sei, sie führte ihn in ihr kleines Wohnzimmer, dessen Wände mit gerahmten Fotografien bedeckt waren. Gepflegte Kletter- und Topfpflanzen standen in den Fenstern und auf mehreren Regalen. Hier ist kein Staubkorn, dachte Wallander. Hier wohnt ein ganz und gar lebendiger Mensch. Er setzte sich in die Sofaecke, auf die sie gezeigt hatte, und bejahte ihre Frage, ob er Kaffee wolle.
    Während sie sich in der kleinen Küche zu schaffen machte, ging er umher und betrachtete die gerahmten Fotografien. Darunter war ein Hochzeitsbild von 1942, Fanny Klarström mit einem Mann, der im Anzug und mit wassergekämmtem Haar feierlich steif dastand. Wallander meinte den Mann auch auf einem anderen Bild zu erkennen, dort trug er einen Blaumann und befand sich an Bord eines Schiffes, vom Kai aus fotografiert. Wallander wanderte von Bild zu Bild und sagte sich, dass Fanny Klarström nur ein Kind hatte. Als er das Kaffeegeschirr klirren hörte, setzte er sich wieder aufs Sofa.
    Fanny Klarström servierte mit sicherer Hand, sie hatte ihre Fähigkeit aus einem langen Berufsleben nicht verloren, und als sie eingoss, ging kein Tropfen daneben. Sie setzte sich ihm gegenüber in einen vielbenutzten Sessel. Eine bis dahin unsichtbare Katze sprang auf ihren Schoß. Sie hob ihre Tasse. Der Kaffee war stark, Wallander verschluckte sich daran und bekam einen Hustenanfall, dass ihm die Tränen kamen. Als der Hustenanfall vorbei war, reichte sie ihm eine Serviette. Er wischte sich die Augen und bemerkte dabei den Schriftzug »Hotell Billingen« auf der Serviette.
    »Ich sollte zuerst einmal erklären, warum ich hier bin«, sagte er.
    »Freundliche Menschen sind immer willkommen«, sagte Fanny Klarström.
    Sie sprach einen unverkennbaren Stockholmdialekt. Wallander fragte sich, was sie veranlasst haben mochte, einen so entlegenen Ort wie Markaryd zu wählen, um dort ihre alten Tage zu verbringen.
     
    Wallander legte den Ausdruck des Zeitungsartikels auf die gestickte Tischdecke. Sie las den Text nicht, warf nur einen Blick auf die beiden Fotos. Sie erinnerte sich auch so. Wallander wollte nicht allzu direkt zur Sache kommen, sondern zeigte mit höflichem Interesse auf die Fotos an den Wänden. Und sie war nur allzu bereit, zu erzählen. Mit wenigen Sätzen fasste sie ihr Lebensschicksal zusammen.
    1941 war Fanny, die damals Andersson

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