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Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Titel: Wallander 09 - Der Feind im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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den Schilderungen seiner Kameraden von Eskapaden und Eroberungen immer ungläubig gelauscht. Erst mit Mona hatte er einen wirklichen Genuss erlebt. In den ersten Jahren ihrer Beziehung hatten sie ein Sexualleben gehabt, wie er es nicht für möglich gehalten hätte. Auch mit ein paar anderen Frauen hatte er Schönes erlebt, aber es reichte kauman die Intensität der Erfahrungen heran, die Mona und er am Anfang ihrer Beziehung gekannt hatten. Die große Ausnahme war natürlich Baiba.
    Aber nie hatte er sich mit einer Frau auf einer Felsenklippe am Meer geliebt. Das Gewagteste, woran er sich erinnern konnte, war gewesen, als er einmal, ein wenig angetrunken, Mona auf eine Zugtoilette mitgelockt hatte. Aber sie waren durch wildes Hämmern an die Tür gestört worden. Mona hatte die Situation als ungeheuer peinlich empfunden und ihn in ihrer Wut schwören lassen, sie nie wieder zu ähnlichen erotischen Eskapaden zu verleiten.
    Er hatte es auch nie wieder getan. Gegen Ende ihrer langen Beziehung hatte die Lust auf beiden Seiten sich verflüchtigt, wenngleich sie bei Wallander mit großer Heftigkeit zurückgekehrt war, nachdem Mona ihm erklärt hatte, sich scheiden lassen zu wollen. Aber da war die Tür bereits unwiderruflich zugefallen.
    Jetzt war ihm, als sähe er sein Leben vollkommen klar vor sich. Er konnte darin vier entscheidende Wendungen ausmachen. Die erste war, als ich mich gegen den Willen meines dominierenden Vaters auflehnte und Polizist wurde, dachte er. Die zweite, als ich im Dienst einen Menschen getötet hatte und glaubte, nicht mehr weitermachen zu können, mich aber dennoch entschloss, den Polizeiberuf nicht aufzugeben. Die dritte, als ich die Mariagata verließ, aufs Land zog und mir Jussi zulegen konnte. Die vierte war, als ich schließlich akzeptierte, dass Mona und ich nie mehr zusammenleben würden. Das war wohl das Schwerste, was ich durchgemacht habe. Aber ich habe meine Entscheidungen getroffen, ich bin ganz allein verantwortlich dafür.
     
    Mit der Dämmerung kamen die Mücken und begannen ihn zu quälen. Aber er hatte daran gedacht, einen Mückenstift mitzunehmen, und zog die Kapuze des Anoraks über den Kopf. Immer weniger Motorboote waren auf dem Sundzu sehen und von den umgebenden Buchten her zu hören. Ein Segelboot lief vor dem Wind aufs offene Meer hinaus.
    Kurz nach Mitternacht, während die Mücken ihm um die Ohren schwirrten, verließ er die Felseninsel. Er folgte den immer undeutlicher werdenden Silhouetten der Inseln auf dem Kurs, den er mithilfe der Seekarte bestimmt hatte. Er fuhr langsam und kontrollierte genau, dass er nicht von diesem Kurs abkam. Als er sich seinem Ziel näherte, drosselte er die Fahrt noch weiter und kam schließlich ganz zum Stillstand. Eine leichte nächtliche Brise war aufgekommen. Er kippte den Motor hoch, brachte die Riemen aus und begann zu rudern. Aber er sah kein Licht am Ufer, und das bereitete ihm Kopfzerbrechen. Es sollte Licht brennen, dachte er. Es sollte nicht dunkel sein.
    Er ruderte zum Ufer und stieg vorsichtig aus. Der Boden schrammte über die Steine, als er das Boot an Land zog. Er band die Leine um eine Erle am Ufer. Die Taschenlampen hatte er aus dem Rucksack genommen. Eine hielt er in der Hand.
    Aber da war noch etwas anderes im Rucksack, zwischen den letzten Butterbrotpaketen und der Kleidung, und jetzt tastete er danach: Er hatte seine Dienstwaffe eingesteckt, dazu ein gefülltes Magazin. Warum er beides nach langem Abwägen mitgenommen hatte, konnte er sich selbst nicht richtig erklären. Nichts ließ vermuten, dass er sich einer unmittelbaren physischen Gefahr aussetzte.
    Aber Louise ist tot, hatte er gedacht. Und Herman Eber hat mich davon überzeugt, dass sie ermordet wurde. Bis ich mehr weiß, ist es im Bereich des Möglichen, dass Håkan der Schuldige ist, auch wenn ich weder Beweise noch ein Motiv habe.
    Er legte das Magazin ein und kontrollierte, dass die Waffe gesichert war. Dann schaltete er die Taschenlampe mit dem blauen Filter ein, den er aufgeschraubt hatte. Das Licht warschwach und würde für jemanden, der nicht auf der Hut war, schwer zu entdecken sein.
    Er horchte ins Dunkel. Das Rauschen des Meeres übertönte alle anderen Geräusche. Er stellte den Rucksack zurück ins Boot und vergewisserte sich, dass es ordentlich vertäut war. Dann versuchte er vorsichtig, sich ins Innere der Insel zu bewegen. Unten am Wasser war dichtes Gestrüpp. Schon nach wenigen Metern lief er direkt in das Netz einer Kreuzspinne und

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