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Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Titel: Wallander 09 - Der Feind im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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hatte er die beste Note, ebenso in Geographie. Deutsch und Religion waren knapp ausreichend. In der nächsten Schublade lagen eine Kamera und ein Paar Kopfhörer. Als Wallander die Kamera untersuchte, eine alte Leica, entdeckte er, dass ein Film eingelegt war. Entweder waren zwölf Aufnahmen belichtet, oder es waren noch zwölf unbelichtete Bilder auf dem Film. Er legte die Kamera auf den Tisch. Die Kopfhörer waren ebenfalls alt, Wallander vermutete, dass sie vor fünfzig Jahren modern gewesen waren. Warum hob von Enke sie auf? In der untersten Schublade lag nichts außer einem Comicheft, in dem in farbigen Zeichnungen und Sprechblasen Der letzte Mohikaner von Cooper nacherzählt wurde. Das Heft war so abgegriffen, dass es in Wallanders Händen beinahe auseinanderfiel. Er erinnerte sich an etwas, was Rydberg einmal zu ihm gesagt hatte. Such immer das, was gegen das Muster verstößt . Was tat ein Heft der Reihe Illustrierte Klassiker in Håkan von Enkes unterster Schreibtischschublade?
    Er hatte sie nicht kommen hören. Plötzlich stand sie einfach in der Tür. Sie hatte alle Spuren ihrer Gefühlsaufwallung sorgsam beseitigt, ihr Gesicht war frisch gepudert.
    Er hielt das Heft hoch. »Warum hat er dies aufgehoben?«
    »Ich glaube, er hat es bei einer besonderen Gelegenheit von seinem Vater bekommen. Was der Anlass war, hat er nie erzählt.«
    Sie ließ ihn wieder allein. Wallander zog die große Mittelschublade heraus. Hier herrschte Unordnung, Briefe, Fotos, alte Flugtickets, ein gelber Gesundheitspass, mehrere Rechnungen. Warum herrschte hier Unordnung, aber sonst nirgends? Er beschloss, den Inhalt vorerst nicht zu berühren,und ließ die Schublade offen stehen. Das Einzige, was er herausnahm, war der gelbe Gesundheitspass.
    Der Mann, dessen Spuren er folgte, hatte sich im Lauf der Jahre vielen Impfungen unterzogen. Noch vor drei Wochen hatte er sich gegen Gelbfieber impfen lassen, außerdem gegen Wundstarrkrampf und Gelbsucht. Zwischen den Deckeln des gelben Passes steckte noch ein Rezept für eine Malariaprophylaxe. Wallander runzelte die Stirn. Gelbfieber? Wohin wollte man reisen, wenn man sich dagegen impfen ließ? Er legte das gelbe Dokument zurück, ohne die Frage beantwortet zu haben.
    Wallander nahm den Inhalt der Bücherregale in Augenschein. Wenn Bücher die Wahrheit sprachen, dann interessierte sich Håkan von Enke sehr für Geschichte, besonders für die englische, und für die Marinegeschichte des zwanzigsten Jahrhunderts. Es gab auch einige allgemeinhistorische Titel und zahlreiche politische Memoiren. Tage Erlanders Memoiren und das Erinnerungsbuch des Spions Wennerström standen einträchtig nebeneinander. Zu seiner Verwunderung entdeckte Wallander, dass von Enke sich auch für moderne schwedische Lyrik interessierte. Einige Namen waren Wallander unbekannt, andere waren ihm zumindest ein Begriff, etwa Sonnevi und Tranströmer. In einem von Tranströmers Büchern hatte jemand Kommentare an den Rand geschrieben, an einer Stelle stand »großartiges Gedicht«. Wallander las es und stimmte zu. Es handelte von rauschenden Nadelwäldern. Ivar Lo-Johansson füllte einen Regalmeter, Vilhelm Moberg einen weiteren; das Bild des verschwundenen Mannes veränderte sich, vertiefte sich. Nichts erweckte bei Wallander den Eindruck, der Vizeadmiral sei eitel gewesen und habe seiner Umwelt nur demonstrieren wollen, dass er sich auch für Belletristik interessierte. Wallander glaubte, mit einem besonderen Spürsinn gerade für solche Menschen ausgerüstet zu sein, weil diese Eigenschaft ihm äußerst unsympathisch war.
    Nach den Bücherregalen wandte sich Wallander dem Dokumentenschrank zu und zog eine Schublade nach der anderen heraus. In allen große Ordnung, Dokumentenmappen, Briefe, Berichte, eine Reihe privater Logbücher, Zeichnungen von U-Booten mit dem Kommentar »Typ von mir gefahren«. Alles war in bester Ordnung, die Schreibtischschublade war die unerwartete Ausnahme. Aber dennoch beunruhigte Wallander noch etwas anderes, ohne dass er hätte sagen können, was es war. In einer Ecke des Zimmers standen ein brauner Ledersessel, ein Tisch mit ein paar Büchern, eine Leselampe mit rotem dämpfendem Schirm. Zwei Bücher waren aufgeschlagen. Das eine war alt, Rachel Carsons Stummer Frühling . Es war eins der ersten Bücher, in denen davor gewarnt wurde, dass die westliche Welt im Begriff war, die Zukunft des ganzen Planeten zu gefährden. Das zweite Buch handelte von schwedischen Schmetterlingen, kurze Texte,

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