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Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Titel: Wallander 09 - Der Feind im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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alles noch einmal durch, im Schreibtisch und im Dokumentenschrank. Überall entdeckte er Spuren, die darauf hinwiesen, dass jemand bestimmte Dinge herausgenommen hatte. Konnte Håkan es selbst gewesen sein? Das war natürlich nicht ausgeschlossen, ebenso wenig, dass Louise es getan hatte.
    Wallander ging zurück ins Wohnzimmer. Louise saß in einem Sessel, der Wallander sehr alt vorkam. Sie schaute auf ihre Hände. Sie stand auf, als er kam, und fragte wieder, ob er Tee wolle. Diesmal sagte er ja. Er wartete, bis sie ihm den Tee eingegossen hatte, ohne aber selbst eine Tasse zu nehmen.
    »Ich finde nichts«, sagte Wallander. »Kann jemand Håkans Papiere durchgegangen sein?«
    Sie sah ihn fragend an. Die Erschöpfung ließ ihr Gesicht grau, fast verzerrt erscheinen. »Ich habe sie natürlich durchgesehen. Aber wer sonst sollte da gewesen sein?«
    »Ich weiß es nicht. Aber es scheinen Papiere zu fehlen, eine plötzlich entstandene Unordnung. Vielleicht irre ich mich auch.«
    »Niemand ist seit dem Tag seines Verschwindens in seinem Büro gewesen. Außer mir.«
    »Wir haben schon einmal davon gesprochen. Aber ich möchte die Frage wiederholen. Die Frage nach seinem Ordnungssinn.«
    »Er verabscheute Unordnung.«
    »Aber er war kein Pedant, wenn ich mich richtig erinnere?«
    »Wenn wir Gäste erwarten, hilft er mir, den Tisch zu decken. Er achtet darauf, dass Besteck und Gläser richtig angeordnet sind. Aber er benutzt kein Lineal. Reicht das als Antwort?«
    »Es reicht voll und ganz«, sagte Wallander weich und sah mit einem Gefühl des Unbehagens, wie ihr Gesicht immer müder wurde.
    Wallander trank seinen Tee und ging dann in den Keller hinunter, um sich den Abstellraum der Familie anzusehen. Er fand alte Koffer, ein Schaukelpferd und Plastikkästen mit Spielsachen früherer Generationen, nicht nur Dinge, die wahrscheinlich Hans gehört hatten. An der Wand standen ein Paar Skier und eine zerlegte Dunkelkammerausrüstung.
    Wallander setzte sich vorsichtig auf das Schaukelpferd. Die Einsicht traf ihn wie ein rücksichtsloser Überfall, wie der, den man kürzlich auf ihn verübt hatte. Håkan von Enke war tot. Eine andere Erklärung gab es nicht. Er war tot.
    Das Gefühl machte ihn nicht nur traurig. Es machte ihm auch Angst.
    Håkan von Enke hat versucht, mir etwas zu erzählen, dachte er. Aber an jenem Abend in dem fensterlosen Zimmer in Djursholm habe ich nicht verstanden, was er mir sagen wollte.

 
7
     
    Früh am Morgen wachte Wallander davon auf, dass sich im Nebenzimmer ein Pärchen stritt. Die Wände waren so schlecht isoliert, dass er die Schimpfworte verstand, die sie sich an den Kopf warfen. Er stand auf und suchte in seinem Necessaire nach Ohrstöpseln, war diesmal aber anscheinend ohne abgereist. Er klopfte kräftig an die Wand, zwei harte Schläge und danach noch einen, als wollte er mit seiner Faust eine abschließende Drohung hinterherschicken. Der Streit hörte sofort auf, zumindest wurde er so leise, dass er nicht mehr verstand, was gesagt wurde. Bevor er wieder einschlief, grübelte er darüber nach, ob nicht auch Mona und er auf ihrer Reise in die Hauptstadt einen dummen Streit im Hotel ausgetragen hatten. Manchmal waren sie über bedeutungslose Kleinigkeiten aneinandergeraten, immer waren es Kleinigkeiten, nie etwas wirklich Wichtiges, was sie wütend machte. Unsere Zusammenstöße waren nie bunt, sondern immer nur grau, dachte er. Wir waren verdrossen oder enttäuscht oder beides, und wir wussten, dass es vorübergehen würde. Dennoch stritten wir uns, und wir waren beide gleich dumm und gaben einfältige Sätze von uns, die wir sofort bereuten. Wir ließen ganze Vogelschwärme frei und schafften es nicht, sie wieder einzufangen.
    Er schlief wieder ein, träumte von einem Menschen, der vielleicht Rydberg oder möglicherweise sein Vater war, der draußen im Regen stand und auf ihn wartete. Aber er hatte sich verspätet, vielleicht hatte der Wagen eine Panne gehabt, und er wusste, dass er wegen seiner Verspätung Vorwürfe zu hören bekommen würde.
    Nach dem Frühstück setzte er sich in die Rezeption und rief Sten Nordlander an. Zunächst wählte er die Festnetznummer. Niemand meldete sich. Auch unter der Handynummer erreichte er niemanden. Allerdings konnte er eine Nachricht hinterlassen. Er nannte seinen Namen und sein Anliegen. Aber was war eigentlich sein Anliegen? Nach dem verschwundenen Håkan von Enke zu suchen war die Angelegenheit der Stockholmer Polizei, nicht seine. Möglicherweise

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