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Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Titel: Wallander 09 - Der Feind im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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sich nur an ihren früheren Mann wenden. Sie hatte ganz einfach Angst, deshalb war sie zu ihm gekommen.
    Wallander fragte sich, wie viel von dem, was sie erzählte, wirklich stimmte. Mona war nicht immer vertrauenswürdig, manchmal log sie, ohne es unbedingt böse zu meinen. Aber in diesem Fall musste er ihr wohl glauben, und natürlich war er empört darüber, dass sie geschlagen worden war.
    Als sie zu Ende erzählt hatte, wurde ihr schlecht, und sie flüchtete auf die Toilette. Wallander stand vor der Tür und hörte, dass sie sich wirklich übergab, es war kein Spiel für ihn, den einzigen Zuschauer auf der Galerie. Später legte sie sich auf das Sofa, das ihrer Meinung nach längst hätte weggeworfen werden müssen, weinte noch ein bisschen und schlief unter einer Decke ein. Wallander setzte sich in seinen Lesesessel und machte mit den Büchern aus der Bibliothek weiter, ohne sich jedoch konzentrieren zu können.
    Nach fast zwei Stunden fuhr sie mit einem Ruck hoch. Als ihr klar wurde, dass sie in Wallanders Haus war, begann sie erneut zu weinen, aber diesmal sagte er, es sei jetzt genug.Er könne ihr etwas zu essen machen, wenn sie wolle, dann könne sie bei ihm übernachten, aber am nächsten Tag solle sie mit Linda sprechen, die eine bessere Ratgeberin sei als er. Weil sie nicht hungrig war, machte er nur eine Suppe und aß selbst mehrere Scheiben Brot. Als sie beide am Tisch saßen, begann sie plötzlich davon zu reden, wie gut sie es einmal gehabt hatten. Wallander fragte sich, ob der wahre Grund ihres Besuchs der war, erneut um ihn zu werben. Hätte sie es ein paar Jahre früher versucht, wäre es ihr gelungen, dachte er. Ich habe so lange geglaubt, wir könnten eines Tages wieder zusammenleben. Bis mir klar wurde, dass es eine Illusion war, dass unsere gemeinsame Zeit hinter uns lag und dass es auch nichts gab, was ich von ihr noch erhoffte.
    Nach dem Essen wollte sie etwas trinken. Er sagte, in seinem Haus würde sie keinen Tropfen bekommen. Sonst solle sie ein Taxi nach Ystad nehmen und im Hotel schlafen. Sie wollte ansetzen, mit ihm zu streiten, ließ aber davon ab, als sie spürte, dass Wallander nicht nachgeben würde.
    Als sie gegen Mitternacht ins Bett ging, machte sie einen halbherzigen Versuch, ihn an sich zu ziehen. Aber er streichelte ihr nur den Kopf und verließ das Zimmer. Mehrmals horchte er vor der Tür, die nur angelehnt war. Sie lag lange wach, war aber schließlich eingeschlafen.
    Wallander ging auf den Hof hinaus, ließ Jussi aus dem Zwinger und setzte sich in die Hollywoodschaukel, die früher vor dem Haus seines Vaters gestanden hatte. Die Sommernacht war hell, windstill und von Düften erfüllt. Jussi kam und legte sich an seine Füße. Ein plötzliches Unbehagen überfiel Wallander. Es gab kein Zurück im Leben, wie sehr er es in seiner Naivität auch wünschen mochte. Man konnte keinen einzigen Schritt zurück tun.
    Als er sich schließlich zur Ruhe begab, nahm er eine halbe Schlaftablette, um nicht wach zu liegen. Er wollte einfach nicht mehr denken, weder an die Frau, die in seinem Bettschlief, noch an das Unbehagen, das ihn draußen im Garten überkommen hatte.
     
    Als er am Morgen erwachte, war Mona zu seiner Verwunderung fort. Er hatte nicht gehört, dass sie leise aufgestanden war und das Haus verlassen hatte. Auf dem Küchentisch lag ein Zettel, auf den sie geschrieben hatte: »Entschuldige, dass ich da war, als du nach Hause gekommen bist.« Nichts weiter, kein Wort darüber, wofür sie sich eigentlich entschuldigen wollte. Er fragte sich, wie oft sie in ihrer Ehe solche kleinen Zettel mit Entschuldigungen hingelegt hatte. Er konnte und wollte nicht nachrechnen, wie viele es waren.
     
    Er trank Kaffee, gab Jussi zu fressen und überlegte, ob er Linda anrufen und ihr von Monas Besuch erzählen sollte. Aber zunächst musste er mit Ytterberg sprechen.
    Es war ein frischer Morgen, der Wind wehte kalt von Norden, für den Moment war der Sommer vorbei. Die Schafe des Nachbarn weideten auf ihrem eingezäunten Feld, ein paar Schwäne flogen nach Osten.
    Wallander erreichte Ytterberg in seinem Büro.
    »Ich habe gehört, dass du nach mir gefragt hast. Hast du die Enkes gefunden?«
    »Nein. Aber ich wollte wissen, wie du weiterkommst.«
    »Nichts Neues, was sich zu erzählen lohnte.«
    »Nichts?«
    »Nein. Hast du etwas?«
    Wallander hatte sich vorgenommen, Ytterberg von seiner Reise nach Bokö und von dem merkwürdigen Zylinder zu erzählen. Aber jetzt änderte er plötzlich

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