Wallander 10 - Wallanders erster Fall
Geld?«
»Er hat jedenfalls nicht aufwendig gelebt. Ich kann Ihnen sein Zimmer zeigen.«
»Das ist nicht nötig. Er hatte also niemals Besuch?«
»Nie.«
»Aber es muß doch mal jemand angerufen haben?«
Nyman nickte.
»Er schien es immer zu wissen, wenn jemand anrufen wollte. Wenn er sich auf den Stuhl neben das Telefon setzte, klingelte es. Wenn er nicht zu Hause oder in der Nähe war, klingelte es nie. Das war das Merkwürdigste an ihm.«
Wallander fielen plötzlich keine Fragen mehr ein. Er stand auf.
»Was geschieht jetzt?« fragte er.
»Ich weiß es nicht. Das Haus hatte Holm von jemandem gemietet, der in Örebro wohnt. Ich nehme an, wir werden ausziehen müssen.«
Rolf Nyman begleitete ihn hinaus auf die Treppe.
»Haben Sie Holm jemals von zwei Schwestern namens Eberhardsson reden hören?«
»Die beiden, die umgebracht worden sind? Nein, nie.«
Wallander hatte doch noch eine letzte Frage.
»Holm muß ein Auto gehabt haben«, sagte er. »Wo ist das?«
Rolf Nyman schüttelte den Kopf.
»Ich weiß es nicht.«
»Was für ein Wagen war es?«
»Ein schwarzer Golf.«
Wallander streckte die Hand aus und verabschiedete sich. Der Hund blieb stumm, als er zum Auto ging.
Holm mußte seine Geschäfte gut getarnt haben, dachte er auf dem Rückweg. Ebenso, wie er sein wirkliches Ich gut getarnt hat, als ich ihn verhört habe.
Um Viertel vor neun stellte er den Wagen vor dem Polizeipräsidium ab. Ebba war auf ihrem Platz und sagte ihm, daß Martinsson und die anderen ihn im Sitzungszimmer erwarteten. Er beeilte sich. Nyberg war auch da.
|387| »Was ist passiert?« fragte Wallander, schon bevor er sich hingesetzt hatte.
»Große Neuigkeiten«, antwortete Martinsson. »Die Malmöer Kollegen haben eine Routinerazzia bei einem berüchtigten Drogenhändler gemacht. In seinem Haus fanden sie eine Pistole, Kaliber 0.38.«
Martinsson wandte sich an Nyberg. »Die Techniker waren schnell«, sagte er. »Die beiden Schwestern und Holm sind mit einer Waffe dieses Kalibers erschossen worden.«
Wallander hielt den Atem an.
»Wie heißt der Händler?«
»Nilsmark. Aber er wird ›Hilton‹ genannt.«
»Ist es dieselbe Waffe?«
»Das können wir noch nicht sagen. Aber die Möglichkeit besteht immerhin.«
Wallander nickte.
»Gut«, sagte er. »Vielleicht ist das der Durchbruch. Und vielleicht haben wir das hier doch bis Neujahr hinter uns.«
11
Sie arbeiteten bis Silvester drei Tage lang intensiv. Wallander und Nyberg fuhren noch am Vormittag des 28. nach Malmö. Nyberg, um mit dem Techniker der Malmöer Polizei zu sprechen, Wallander, um an einem Verhör mit dem Drogenhändler »Hilton« teilzunehmen, beziehungsweise ihn selbst zu verhören. Der Mann war in den Fünfzigern, übergewichtig, aber dennoch ungewöhnlich geschmeidig. Er saß da in Anzug und Krawatte und wirkte gelangweilt. Vor dem Verhör war Wallander von einem Kriminalinspektor Hyttner über seine Vorgeschichte informiert worden.
Hilton hatte Anfang der achtziger Jahre ein paar Jahre wegen Drogenhandels eingesessen. Aber Hyttner war überzeugt, daß Polizei und Staatsanwaltschaft damals nur an der Oberfläche gefischt und ihn nur für einen kleinen Teil seiner Machenschaften |388| verurteilt hatten. Vom Gefängnis in Norrköping aus, wo er einen Teil der Strafe verbüßte, hatte er seine Geschäfte offenbar unter Kontrolle behalten können. Während seiner Abwesenheit war der Polizei in Malmö jedenfalls kein Machtkampf unter denen aufgefallen, die den Drogenhandel im südlichen Teil Schwedens in der Hand hatten.
Als Hilton aus dem Gefängnis kam, hatte er das Ereignis gefeiert, indem er sich scheiden ließ und unmittelbar darauf eine junge Schönheit aus Bolivien heiratete. Danach war er auf einen großen Hof direkt nördlich von Trelleborg gezogen. Sie wußten auch, daß er sein Revier bis Ystad und Simrishamn ausweitete und gerade im Begriff war, sich in Kristianstad zu etablieren. Am 28. Dezember meinte die Polizei, genügend gegen ihn in der Hand zu haben, damit der Staatsanwalt einer Razzia auf seinem Hof zustimmte. Bei der Gelegenheit hatten sie die Pistole gefunden. Hilton hatte sofort zugegeben, daß er für die Waffe keinen Waffenschein hatte. Er begründete ihre Anschaffung damit, daß er etwas zu seiner Verteidigung brauche, da er in einer einsamen Gegend lebe. Aber die Morde an den Schwestern Eberhardsson und Yngve Leonard Holm stritt er energisch ab.
Gegen Ende des Verhörs mit Hilton stellte Wallander ein paar Fragen, unter
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