Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wallander 10 - Wallanders erster Fall

Wallander 10 - Wallanders erster Fall

Titel: Wallander 10 - Wallanders erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
Vom Netzwerk:
noch mit der Reise«, sagte Wallander. »Jedenfalls ein paar Monate.«
    Der Vater malte. Wallander saß stumm da. Hin und wieder wechselten sie ein paar Worte. Dann wieder Stille. Wallander spürte, daß er sich erholte. Sein Kopf fühlte sich leichter an. Nach einer guten halben Stunde stand er auf, um zu gehen. »Ich komme Silvester vorbei«, sagte er.
    »Bring eine Flasche Cognac mit«, antwortete der Vater.
    Wallander kehrte zum Polizeipräsidium zurück, das immer noch einen fast völlig verlassenen Eindruck machte. Er wußte, daß alle es jetzt bis Silvester ruhig angehen ließen, wo es wie immer viel zu tun geben würde.
    Wallander setzte sich in sein Zimmer und sah die Reisen der Schwestern Eberhardsson im vergangenen Jahr durch. Er versuchte, ein Muster herauszulesen, ohne genau zu wissen, wonach er eigentlich suchte. Ich weiß nichts über Holm, dachte er. Oder |382| über diese Piloten. Ich habe nichts, was sich wie ein Raster über die Spanienreisen legen ließe. Es gibt keine Ansatzpunkte, abgesehen von der einen Reise, als Holm gleichzeitig mit Anna Eberhardsson in Marbella war.
    Er steckte die Papiere in den Umschlag zurück und legte ihn in einen Ordner, in dem er alles verwahrte, was mit der Mordermittlung zu tun hatte. Dann notierte er auf einem Zettel, daß er nicht vergessen durfte, eine Flasche Cognac zu kaufen.
    Es war schon nach zwölf. Er hatte Hunger. Um von seiner zur Gewohnheit gewordenen Unsitte loszukommen, an einem Kiosk ein paar Würstchen hinunterzuschlingen, ging er zum Krankenhaus hinunter und aß im Café ein belegtes Brot. Vom Nebentisch nahm er eine zerlesene Wochenzeitschrift und blätterte sie durch. Ein Popstar war fast an Krebs gestorben. Ein Schauspieler war bei der Vorstellung in Ohnmacht gefallen. Fotos von den Festen der Reichen. Er warf die Zeitschrift wieder auf den Tisch und kehrte ins Polizeipräsidium zurück. Er fühlte sich wie ein Elefant, der durch eine Manege stapfte, und die Manege war Ystad. Jetzt muß bald etwas passieren, dachte er. Von wem und warum sind diese drei Menschen hingerichtet worden?
    Rydberg saß an der Anmeldung und wartete auf ihn. Wallander setzte sich neben ihn auf das Sofa. Wie immer kam Rydberg schnell zur Sache. »Malmö schwimmt in Heroin«, sagte er. »Ebenso Lund, Eslöv, Landskrona, Helsingborg. Ich habe mit einem Kollegen in Malmö gesprochen. Er sagte, es gäbe Anzeichen dafür, daß eine große Partie auf den Markt gekommen sei. Mit anderen Worten könnte es stimmen, daß aus dem Flugzeug Stoff abgeworfen worden ist. In dem Fall bleibt eigentlich nur noch eine wichtige Frage.«
    Wallander verstand.
    »Wer stand da und hat ihn in Empfang genommen?«
    »Was das betrifft, kann man mit verschiedenen Gedanken spielen«, fuhr Rydberg fort. »Daß das Flugzeug abstürzen würde, hatte niemand erwartet. Eine Scheißkiste aus Asien, die längst hätte verschrottet werden müssen. Dann muß also da auf dem Feld etwas passiert sein. Entweder haben die Falschen die Ladung abgeholt, die in der Nacht geflogen kam, oder es lauerte mehr als ein Raubtier auf die Beute.«
    |383| Wallander nickte. So ähnlich hatte er auch gedacht.
    »Etwas geht schief«, sagte Rydberg. »Und das führt dazu, daß zuerst die Schwestern Eberhardsson und dann Holm hingerichtet werden. Mit derselben Waffe. Durch dieselbe Hand oder dieselben Hände.«
    »Ich mag es trotzdem nicht glauben«, sagte Wallander. »Daß Anna und Emilia keine netten alten Fräuleins waren, wissen wir mittlerweile. Aber von da bis zur Verwicklung in den Handel mit harten Drogen ist es noch ein großer Schritt.«
    »Darin gebe ich dir im Grunde recht«, sagte Rydberg. »Aber mich wundert nichts mehr. Wenn die Gier die Leute erst einmal gepackt hat, dann kennt sie keine Grenzen mehr. Vielleicht ging es abwärts mit dem Handarbeitsgeschäft? Wenn wir ihre Steuerbescheide analysiert haben, wissen wir es. Außerdem sollte es möglich sein, aus den Zahlen herauszulesen, wann etwas passiert ist. Wann sie sich plötzlich nicht mehr um die finanzielle Lage des Handarbeitsgeschäftes zu kümmern brauchten. Vielleicht haben sie von einem Leben in einem sonnigen Paradies geträumt. Das hätten sie nie durch den Verkauf von Knöpfen und Nähseide erreichen können. Plötzlich geschieht etwas. Und sie sind in das Netz verstrickt.«
    »Man kann es drehen und wenden«, sagte Wallander. »Einen besseren Deckmantel als zwei alte Damen in einem Handarbeitsgeschäft kann man sich kaum vorstellen. Die personifizierte

Weitere Kostenlose Bücher