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Wallander 10 - Wallanders erster Fall

Wallander 10 - Wallanders erster Fall

Titel: Wallander 10 - Wallanders erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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deuten? Konnte es auf Angst schließen lassen? Und warum war die Tür angelehnt gewesen, als Wallander ihn fand?
    Zu vieles paßte nicht zusammen. Obwohl Hemberg entschieden hatte, daß es Selbstmord war, nagte der Zweifel an Wallander.
    Er wurde sich immer sicherer, daß hinter Håléns Selbstmord etwas steckte, an das sie noch nicht einmal gerührt hatten. Selbstmord oder nicht, da war noch mehr.
    |56| Wallander suchte in einer Küchenschublade nach einem Block und setzte sich, um die Punkte aufzuschreiben, die ihm immer noch zu schaffen machten. Da war das zusätzliche Schloß. Der Tippschein. Warum war die Tür angelehnt gewesen? Wer war in der Nacht in der Wohnung gewesen und hatte nach den Edelsteinen gesucht? Warum der Brand?
    Dann versuchte er sich zu erinnern, was in den Seemannsbüchern stand.
Rio de Janeiro
fiel ihm ein. Aber war das der Name eines Schiffes oder der Name der Stadt?
Göteborg
hatte er gelesen und
Bergen.
Dann fiel ihm ein, daß
Saint Luis
da gestanden hatte. Wo lag das? Er stand auf und ging ins Zimmer. In der hintersten Ecke des Kleiderschranks fand er seinen alten Schulatlas, aber plötzlich wurde er unsicher, was die Schreibweise betraf. War es Saint Louis oder Saint Luis? USA oder Brasilien? Als er im Register blätterte, stieß er plötzlich auf São Luis und war auf einmal sicher, daß dies richtig war.
    Er ging seine Liste von neuem durch. Sehe ich etwas, was ich bisher nicht gesehen habe? fragte er sich. Einen Zusammenhang, eine Erklärung, ein Zentrum?
    Er fand nichts.
    Der Kaffee war kalt geworden. Unruhig ging er zurück zum Sofa. Mittlerweile wurde im Fernsehen wieder diskutiert. Diesmal war es eine Runde von Menschen mit langen Haaren, die über die neue englische Popmusik sprachen. Er schaltete den Fernseher ab und legte eine Platte auf. Sofort begann Linnea Almqvist über ihm, auf den Fußboden zu klopfen. Am liebsten hätte er auf volle Lautstärke gedreht. Statt dessen machte er den Apparat aus.
    In diesem Moment klingelte das Telefon. Es war Mona.
    »Ich bin in Helsingborg«, sagte sie. »Ich stehe in einer Telefonzelle am Fähranleger.«
    »Es tut mir leid, daß ich zu spät gekommen bin«, sagte Wallander.
    »Du bist natürlich dienstlich unabkömmlich gewesen?«
    »Sie haben mich tatsächlich angerufen, und zwar von der Kriminalabteilung. Obwohl ich noch nicht dort arbeite, wollten sie mit mir sprechen.«
    Er hoffte, ihr damit ein bißchen imponieren zu können, hörte |57| aber, daß sie ihm nicht glaubte. Zwischen ihnen wanderte das Schweigen hin und her.
    »Kannst du nicht herkommen?« fragte er.
    »Ich glaube, es ist am besten, wir machen eine Pause«, sagte Mona. »Mindestens eine Woche.«
    Wallander spürte, wie ihm kalt wurde. War Mona im Begriff, sich von ihm zurückzuziehen?
    »Ich glaube, es ist am besten so«, wiederholte sie.
    »Ich dachte, wir wollten zusammen in Urlaub fahren.«
    »Das tun wir auch. Wenn du es dir nicht anders überlegt hast.«
    »Natürlich habe ich es mir nicht anders überlegt!«
    »Du brauchst gar nicht so zu schreien. Du kannst mich in einer Woche anrufen, aber vorher nicht.«
    Er wollte noch etwas sagen, aber sie hatte schon aufgelegt.
    Den Rest des Abends blieb Wallander mit einem Gefühl wachsender Panik auf dem Sofa sitzen. Nichts fürchtete er so sehr, wie verlassen zu werden. Nur mit äußerster Anstrengung gelang es ihm, Mona nicht anzurufen, als Mitternacht längst vorbei war. Er ging ins Bett, stand aber sofort wieder auf. Der helle Sommerhimmel wirkte plötzlich bedrohlich. Er briet sich ein paar Eier, die er dann nicht aufaß.
    Erst gegen fünf Uhr fiel er in einen unruhigen Schlaf. Doch sofort wurde er wieder hochgerissen und sprang aus dem Bett.
    Ein Gedanke war ihm gekommen.
    Der Tippschein.
    Hålén mußte seine Scheine irgendwo abgegeben haben. Vermutlich jede Woche in derselben Annahmestelle. Weil er in der Regel das Viertel nicht verlassen hatte, mußte es bei einem der Tabakhändler gewesen sein, die in der Nähe lagen.
    Was es eigentlich bringen würde, den richtigen Laden zu finden, wußte er nicht. Vermutlich gar nichts.
    Trotzdem beschloß er, seinen Gedanken zu verfolgen. Das hatte zumindest das Gute, daß er sich die Panik, in die Mona ihn gestürzt hatte, vom Leibe hielt.
    Er fiel für einige Stunden in einen leichten Schlaf.
    Der nächste Tag war ein Sonntag. Wallander verbrachte ihn mit Nichtstun.
     
    |58| Am Montag, dem 9.   Juni, tat er etwas, was er noch nie zuvor getan hatte. Er rief im

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