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Wallander 10 - Wallanders erster Fall

Wallander 10 - Wallanders erster Fall

Titel: Wallander 10 - Wallanders erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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passendes Geld«, erzählte sie. »Warum fragen Sie, ob er hier seine Tippscheine abgegeben hat?«
    »Reine Routine«, erwiderte Wallander. »Können Sie sich noch an etwas anderes erinnern?«
    Ihre Antwort überraschte ihn. »Er hat das Telefon benutzt.«
    Das Telefon stand auf einem kleinen Regal neben dem Tisch mit den Tippscheinen.
    »Ist das häufig vorgekommen?«
    »Jedesmal. Zuerst lieferte er den Tippschein ab und bezahlte. Dann telefonierte er, kam hierher zurück und bezahlte das Gespräch.« Sie biß sich auf die Lippe. »Eins war komisch mit diesen Gesprächen. Ich erinnere mich, daß ich das jedesmal gedacht habe.«
    »Was denn?«
    »Er wartete immer, bis ein weiterer Kunde hereinkam, bevor er wählte und zu reden anfing. Er hat nie telefoniert, solange nur er und ich hier drinnen waren.«
    »Er wollte also nicht, daß Sie hörten, was er sagte?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Er wollte wohl ungestört sein. Will man das nicht, wenn man telefoniert?«
    »Und Sie haben nie gehört, was er gesagt hat?«
    »Man kann mehr hören, als man denkt, auch wenn man einen anderen Kunden bedient.«
    Ihre Neugier ist von großem Nutzen, dachte Wallander.
    »Und was hat er gesagt?«
    |61| »Nicht viel«, erwiderte sie. »Die Gespräche waren immer sehr kurz. Eine Gesprächseinheit, glaube ich. Viel mehr nicht.«
    »Eine Einheit?«
    »Ich hatte den Eindruck, daß er sich mit jemandem verabredete. Er schaute während des Gesprächs oft auf die Uhr.«
    Wallander überlegte. »Kam er immer an einem bestimmten Wochentag her?«
    »Immer Mittwoch nachmittags. Zwischen zwei und drei, glaube ich. Vielleicht ein bißchen später.«
    »Hat er etwas gekauft?«
    »Nein.«
    »Wie kommt es, daß Sie sich so genau daran erinnern? Sie müssen doch sehr viele Kunden haben.«
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Aber ich glaube, man erinnert sich an mehr, als man denkt. Und wenn jemand fragt, dann kommt es hoch.«
    Wallander betrachtete ihre Hände. Sie trug keine Ringe. Er überlegte, ob er versuchen sollte, sie zum Ausgehen einzuladen, verwarf dann aber erschrocken den Gedanken.
    Ihm war, als habe Mona gehört, was er gerade dachte.
    »Fällt Ihnen noch etwas ein?« fragte er.
    »Nein«, antwortete sie. »Aber ich bin sicher, daß er mit einer Frau gesprochen hat.«
    Wallander war erstaunt. »Wie können Sie da so sicher sein?«
    »So etwas hört man«, sagte sie entschieden.
    »Sie meinen also, daß Hålén bei einer Frau angerufen und sich mit ihr verabredet hat?«
    »Ja, aber was sollte daran komisch sein? Er war zwar alt, aber das kann man doch trotzdem tun.«
    Wallander nickte. Sie hatte natürlich recht. Und wenn es stimmte, was sie sagte, hatte er außerdem etwas Wichtiges erfahren.
    Es hatte eine Frau in Håléns Leben gegeben.
    »Gut«, sagte er. »Fällt Ihnen sonst noch etwas ein?«
    Bevor sie antworten konnte, betrat Kundschaft den Laden. Wallander wartete. Zwei kleine Mädchen wählten umständlich Süßigkeiten aus, die sie dann mit einer unendlichen Anzahl an Fünförestücken bezahlten.
    |62| »Diese Frau hat vermutlich einen Namen, der mit A beginnt«, sagte sie, als die Kinder den Laden wieder verlassen hatten. »Er sprach immer sehr leise. Aber vielleicht heißt sie Anna. Oder ein Doppelname. Irgendwas mit A.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Nein«, erwiderte sie, »aber ich glaube, daß es so war.«
    Wallander hatte nur noch eine Frage. »Und er kam immer allein?«
    »Immer.«
    »Sie waren mir eine große Hilfe«, sagte er.
    »Kann man erfahren, warum Sie das alles wissen wollen?«
    »Leider nicht«, antwortete Wallander. »Wir stellen Fragen. Aber auf die Frage, warum wir sie stellen, antworten wir nicht immer.« »Man sollte vielleicht zur Polizei gehen«, meinte sie. »Ich jedenfalls habe nicht vor, den Rest meines Lebens hier im Laden zu verbringen.«
    Wallander beugte sich über die Theke und schrieb seine Telefonnummer auf einen kleinen Notizblock, der neben der Kasse lag.
    »Rufen Sie mich mal an«, sagte er. »Dann können wir uns treffen. Und ich kann Ihnen erzählen, wie es ist, Polizist zu sein. Ich wohne hier ganz in der Nähe.«
    »Wallander, haben Sie gesagt?«
    »Kurt Wallander.«
    »Ich heiße Maria. Aber machen Sie sich keine falschen Hoffnungen. Einen Freund habe ich schon.«
    »Ich mache mir keine falschen Hoffnungen«, sagte Wallander und lächelte.
    Dann ging er.
    Einen Freund kann man immer besiegen, dachte er, als er wieder auf der Straße war, und blieb wie angewurzelt stehen. Was, wenn sie

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