Wallander 10 - Wallanders erster Fall
Hilfe wegen seiner Frau, Kajsa Stenholm«, sagte Wallander. »Sie ist deine Kollegin gewesen. Sie hat viele Jahre in Nynäshamn gearbeitet. Aber ein paarmal war sie beurlaubt. In diesen Perioden hat sie manchmal kurzzeitige Vertretungen übernommen. Vor sieben Jahren hatte sie eine Vertretung in Stockholm. Diese Vertretung fällt in die Zeit, als Göran Alexanderssons Sohn überfallen und getötet wurde. Und ich brauche deine Hilfe, um herauszufinden, ob zwischen diesen beiden Ereignissen eine Verbindung besteht.«
Wallander blätterte in seinen Papieren, bevor er fortfuhr.
»Der Sohn hieß Bengt. Bengt Alexandersson. Er war achtzehn Jahre alt, als er starb.«
Per Åkeson balancierte auf zwei Beinen seines Stuhls und betrachtete Wallander stirnrunzelnd.
»Was stellst du dir eigentlich vor?« fragte er.
»Ich weiß nicht«, antwortete Wallander. »Aber ich will trotzdem untersuchen, ob es eine Verbindung gibt. Ob Kajsa Stenholm in irgendeiner Weise mit der Ermittlung von Bengt Alexanderssons Tod befaßt war.«
»Und ich nehme an, du möchtest die Antwort so schnell wie möglich?«
|178| Wallander nickte.
»Du kennst mich doch inzwischen gut genug, um zu wissen, daß Geduld für mich ein Fremdwort ist«, sagte er und stand auf.
»Ich will sehen, was ich tun kann«, sagte Åkeson. »Aber erwarte nicht zuviel.«
Als Wallander kurz darauf an der Anmeldung vorüberkam, sagte er zu Ebba, daß sie Rydberg und Hansson in sein Zimmer schicken sollte, sobald sie kämen.
»Wie geht es dir eigentlich?« fragte Ebba. »Bekommst du nachts genug Schlaf?«
»Manchmal habe ich das Gefühl, ich schlafe zuviel«, sagte Wallander ausweichend. Ebba war in der Anmeldung sozusagen ein Fels in der Brandung und hatte ein wachsames Auge auf das Wohlbefinden aller. Wallander mußte sich dann und wann in aller Freundlichkeit ihrer Fürsorge erwehren.
Um Viertel nach acht kam Hansson, kurz darauf Rydberg. In knappen Worten referierte Wallander, was er in »Hanssons Papieren«, wie er sie inzwischen nannte, entdeckt hatte.
»Wir müssen abwarten, was Per Åkeson herausfindet«, schloß er. »Vielleicht ist es eine sinnlose Vermutung meinerseits. Aber wenn es sich auf der anderen Seite zeigt, daß Kajsa Stenholm zur gleichen Zeit, als Bengt Alexandersson getötet wurde, eine Vertretung hatte, und wenn sie mit der Ermittlung befaßt war, dann haben wir wirklich einen Zusammenhang hergestellt.«
»Hast du nicht gesagt, daß sie auf den Tod liegt?« fragte Rydberg.
»Das behauptet ihr Mann«, antwortete Wallander. »Sie selbst habe ich nicht gesehen.«
»Mit allem Respekt vor deiner Fähigkeit, dich durch komplizierte Verbrechensermittlungen zu manövrieren, kommt mir dies alles doch sehr vage vor«, sagte Hansson. »Nehmen wir an, du hast recht. Daß Kajsa Stenholm als Leiterin der Voruntersuchung im Fall des gewaltsamen Todes von Bengt Alexandersson tätig war. Was bedeutet das heute? Sollte eine krebskranke Frau einen Mann ermordet haben, der von irgendwoher aus ihrer Vergangenheit auftaucht?«
»Es
ist
sehr vage«, räumte Wallander ein. »Laßt uns einfach abwarten, was Åkeson eventuell herausbekommt.«
|179| Nachdem die beiden anderen gegangen waren, saß Wallander lange unschlüssig da. Er fragte sich, was Mona und Linda wohl gerade machten. Und worüber sie redeten. Um kurz vor halb zehn holte er sich eine Tasse Kaffee, um halb elf noch eine. Er kam gerade in sein Zimmer zurück, als das Telefon klingelte.
Es war Per Åkeson.
»Es ging schneller, als ich dachte«, sagte er. »Hast du was zum Schreiben?«
»Ich schreibe«, antwortete Wallander.
»Zwischen dem 10. März und dem 9. Oktober 198o hatte Kajsa Stenholm eine Vertretung als Staatsanwältin in Stockholm. Mit Hilfe eines tüchtigen Archivars beim Landgericht bekam ich auch eine Antwort auf deine zweite Frage, inwieweit sie mit der Ermittlung im Fall des Todes von Bengt Alexandersson befaßt war.«
Er verstummte. Wallander wartete gespannt.
»Du hattest tatsächlich recht«, sagte Åkeson. »Sie leitete die Voruntersuchung, und sie war es auch, die die Ermittlung schließlich auf Eis legte. Ein Täter wurde nie gefaßt.«
»Danke für die Hilfe«, sagte Wallander. »Ich laß mir das alles durch den Kopf gehen. Ich melde mich später wieder.«
Als er aufgelegt hatte, stand er auf und trat ans Fenster. Die Scheibe war beschlagen. Es regnete jetzt stärker als am frühen Morgen. Es gibt nur eins, dachte er. Hingehen und herausfinden, was eigentlich
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