Wallander 10 - Wallanders erster Fall
kann. Ich glaube nicht, daß Sie Ihre Zähne so gut putzen, wie Sie sollten.«
»Bestimmt nicht«, gab Wallander zu.
Er machte einen Termin in zwei Wochen aus und kehrte ins Präsidium zurück. Um zehn Uhr hatte er seine Mitarbeiter im Sitzungszimmer versammelt. Svedberg war zurückgekommen, Nyberg war auch da. Wallander setzte sich an seinen üblichen Platz am Kopfende des Tisches. Dann blickte er sich um. Wie oft hatte er schon so gesessen und sich gesammelt, um eine Mordermittlung in Gang zu bringen? Er hatte beobachtet, daß es mit den Jahren immer langsamer ging. Aber er wußte auch, daß ihm nichts anderes übrigblieb. Sie hatten einen brutalen Mord aufzuklären.
»Weiß jemand, wo Rydberg ist?« fragte er.
»Rückenschmerzen«, antwortete Martinsson.
»Schade«, sagte Wallander. »Wir könnten ihn brauchen.«
Er wandte sich an Nyberg und nickte ihm zu, anzufangen.
»Es ist natürlich noch zu früh«, begann dieser, »aber es hat nicht den Anschein, als hätten wir es mit einem Einbruch zu tun. An den Türen finden sich keine Spuren von Gewaltanwendung. Es scheint auch nichts gestohlen worden zu sein. Jedenfalls nichts, was auf den ersten Blick zu sehen wäre. Das Ganze ist wirklich eigenartig.«
Wallander hatte nicht erwartet, daß Nyberg so früh schon entscheidende Beobachtungen mitteilen könnte. Aber er wollte ihn trotzdem dabeihaben.
Er wandte sich an Svedberg. »Frau Lamberg hat einen schweren Schock erlitten. Offenbar hatten sie getrennte Schlafzimmer. Sie merkte also nicht, ob und wann ihr Mann nach Hause kam, wenn er abends noch unterwegs war. Sie hatten gegen halb sieben zusammen zu Abend gegessen. Kurz vor acht war er zum Atelier hinuntergegangen. Sie selbst war um kurz nach elf ins Bett gegangen und sofort eingeschlafen. Sie kann sich nicht vorstellen, wer ihren Mann ermordet haben könnte. Daß er irgendwelche Feinde hatte, wies sie weit von sich.«
|205| Wallander nickte.
»Dann wissen wir das«, sagte er. »Wir haben einen toten Fotografen, aber das ist auch alles.«
Alle wußten, was das bedeutete. Jetzt würden mühselige Nachforschungen in Gang gesetzt werden.
Wohin sie führen würden, ahnte niemand.
Das Treffen der Ermittlungsgrupppe an diesem Morgen, das erste auf der Jagd nach dem Täter oder den Tätern, die aus bisher ungeklärten Gründen den Fotografen Simon Lamberg erschlagen hatten, war nur kurz. Es gab eine Unzahl routinemäßiger Verfahrensweisen, denen sie jedesmal folgen mußten. Sie mußten auch auf die Ergebnisse der gerichtsmedizinischen Untersuchung in Lund warten und auf die der Spurensicherung am Tatort, mit der Nyberg und seine Männer noch beschäftigt waren. Sie selbst mußten sich zunächst ein Bild von Simon Lamberg und dem Leben, das er geführt hatte, machen. Sie würden Nachbarn vernehmen und nach Zeugen suchen, die eventuell irgendwelche Beobachtungen gemacht hatten. Sie hofften natürlich, daß schon zu diesem frühen Zeitpunkt Hinweise eingehen würden, die dazu führten, daß der Mord im Laufe weniger Tage aufgeklärt werden konnte. Aber Wallander hatte schon jetzt instinktiv das Gefühl, daß sie vor einer komplizierten Ermittlung standen. Sie hatten so gut wie nichts, von dem sie ausgehen konnten.
Als er dort im Sitzungszimmer saß, spürte er, wie er unruhig wurde. Seine Zahnschmerzen waren abgeklungen. Dagegen lag ihm jetzt diese Unruhe im Magen.
Björk kam herein und setzte sich, um Wallanders Versuch, eine vorläufige Darstellung des Geschehens und des zeitlichen Ablaufs zu geben, zuzuhören. Keiner hatte nachher irgendwelche Fragen. Sie verteilten die wichtigsten Aufgaben und trennten sich. Wallander wollte später am Tag mit Lambergs Witwe sprechen, aber zuerst wollte er eine gründlichere Besichtigung des Tatorts vornehmen. Nyberg meinte, daß er Wallander in einigen Stunden in das Atelier und das Hinterzimmer lassen könnte.
Björk und Wallander blieben im Sitzungszimmer zurück, nachdem die anderen gegangen waren.
|206| »Du glaubst also nicht, daß es ein Einbrecher war, der auf frischer Tat ertappt wurde und die Kontrolle verloren hat?« fragte Björk.
»Nein«, antwortete Wallander, »aber ich kann mich natürlich irren. Wir müssen alle Möglichkeiten in Betracht ziehen. Aber ich frage mich, was ein Einbrecher in Lambergs Fotoatelier zu finden gehofft hätte.«
»Kameras?«
»Er hat keine Fotoausrüstungen verkauft. Er hat nur fotografiert. Das einzige, was er verkauft hat, waren Rahmen und Alben. Und ich glaube kaum,
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