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Walled Orchard 01: Der Ziegenchor

Walled Orchard 01: Der Ziegenchor

Titel: Walled Orchard 01: Der Ziegenchor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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den Kopf und spuckte in seinen Chiton, um das Böse abzuwenden. »Mein Urururgroßonkel war mit Solons Söhnen verschwägert, die die Hypothekensteine aus dem Boden gerissen haben«, erwiderte er. »Glaubst du, er bliebe ruhig im Grab liegen, wenn einer seiner Nachkommen nur noch Teilhaber seines eigenen Grund und Bodens ist?« Er hob sich den Olivenkorb mit der ganzen Schicksalsergebenheit Niobes auf die Schulter und trug ihn zu der Stelle hinüber, wo der Esel angebunden war.
    »Paß auf, dann tue ich folgendes«, schlug ich vor, wobei ich mich bemühte, keine Miene zu verziehen. »Ich bepflanze dir dein Land als Geschenk von Nachbar zu Nachbar, und zwar in Angedenken an deinen unsterblichen Vorfahren Solon.«
    »Der war eigentlich kein richtiger Vorfahre von mir, sondern nur ein angeheirateter Verwandter«, begann der kleine Zeus und ließ dann plötzlich den Korb fallen. »Du tust was?«
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    »Und wenn schon«, fuhr ich munter fort. »Wenn deine Weinstöcke pro Reihe fünfzehn Krüge Trauben trügen, wärst du doch sicherlich auch gern bereit, dein Glück mit einem Nachbarn zu teilen, nicht wahr? Ich bin sicher, der große Solon hieße das gut, gleichgültig, welche Wohnung er auf der Insel der Seligen mit Harmodios und Kleisthenes dem Befreier teilt.«
    »Zufällig bin ich ein indirekter Nachfahre des ruhmvollen Kleisthenes«, entgegnete der kleine Zeus und erzählte mir alles darüber, während er die ausgeschütteten Oliven wieder in den Korb schaufelte.
    Von diesem Tag an hatte ich Schwierigkeiten, mich umzudrehen, ohne auf den kleinen Zeus in seiner ganzen Länge von fast zwei Metern zu stoßen, der mich mit durchdringendem Blick wie ein Hund zur Fütterungszeit beobachtete. Ständig ermahnte er mich zur Vorsicht, damit ich nicht ausrutschte, wenn die Straße schlammig war, und warnte mich vor schnell herannahenden Wagen. Wenn er das Wasser, das ich gerade trinken wollte, für in irgendeiner Weise verdorben hielt, riß er mir sogar jedesmal den Becher aus der Hand, goß das Wasser aus und rannte los, um ihn aus dem nächsten vertrauenswürdigen Brunnen wieder zu füllen. Zuerst führte ich diese Fürsorge auf natürliche Dankbarkeit zurück und war darüber zutiefst gerührt. Erst später wurde mir klar, daß er fest entschlossen war, mich vor jeglichem Schaden zu bewahren, bis seine zehn Morgen Land sicher bepflanzt waren und die ersten Erträge lieferten. Beinahe wäre er verhaftet und vor Gericht gestellt worden, weil er gleich zweimal athenische Bürger verprügelt hatte. Sie 172
    hatten es gewagt, sich mir zu sehr zu nähern, und das, obwohl er sie in Verdacht hatte, die Pest zu haben. Als ich einmal Phaidra besuchte, brachte er sogar den Hund ihres Vaters um, und das nur, weil er sich einbildete, das Tier wolle mich beißen.
    Abgesehen von dieser Besessenheit und seiner völligen Humorlosigkeit besaß der kleine Zeus aber auch viele hervorragende Eigenschaften. Er kannte nicht die geringste Angst – bei seiner enormen Größe durchaus verständlich –
    und war ein unermüdlicher Arbeiter, nachdem er erst einmal begriffen hatte, daß er kein wirklicher Lohnarbeiter, sondern eher eine Art enteigneter Prinz am Hof eines königlichen Wohltäters war, der ihm eines Tages wieder zu seinen Besitztümern verhelfen würde. Wie es sich für einen Mann in dieser homerischen Lage gehört, bemühte sich der kleine Zeus, sich wie ein Held zu verhalten, also ›immer der Beste zu sein‹, wie die Dichter sagen, und sich vor allen anderen hervorzutun, gleichgültig, worin die momentane Aufgabe auch immer bestand. Er stand gewöhnlich noch hinter dem Pflug, wenn wir anderen schon lange aufgegeben hatten und unter einem nahegelegenen Feigenbaum erschöpft Pause machten, und wenn er mit einer Steinschleuder die Weinreben bewachte, wagte es nicht ein einziger Vogel, im Umkreis von mehreren Kilometern auch nur seine Schnabelspitze zu zeigen. Er schwang die Breithacke, als wäre er Aias selbst und als wären die Erdklumpen nichts anderes als trojanische Krieger, so daß auf uns andere ein wahrer Hagel aus fliegenden Steinen und Wurzelstücken niederprasselte. Sobald die Feld- oder Weinernte 173
    eingebracht wurde, trug er den ganzen Weg von den Scheunen bis zur Stadt fast sein gesamtes Eigengewicht an Erntegut und beobachtete mich dabei Schritt für Schritt wie ein Falke, um sicherzustellen, daß ich auf den Bergpfaden nicht ausrutschte oder hinfiel.
    Sein ungestümer Eifer, sich auszuzeichnen und alles richtig zu

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