Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Titel: Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
Vom Netzwerk:
tatsächlich waren dort Menschenmassen, die mit großen Krügen auf den Schultern ziellos umherirrten. Das einzige, was nicht da war, war der Weizen, der (genauso wie der König von Sonstwo) überhaupt nicht existierte. Sogar als uns das Ganze klar wurde, blieben wir noch eine Zeitlang dort – die allgemeine Ansicht war, daß die Archonten die Kornspeicher öffnen sollten, um uns für unsere Enttäuschung zu entschädigen. Genauso war es jedenfalls auch an jenem Tag, als wir in Sizilien landeten.
     
    Da ist man nun Befehlshaber eines riesigen und nutzlosen Heers – die eigenen Männer sind demoralisiert und haben nichts zu essen, der Feind befindet sich in einer starken Verteidigungsstellung, verspürt keinerlei Drang, herauszukommen und zu kämpfen, und hat einen gerade auf See geschlagen –, und was tut man? Natürlich angreifen.
    Demosthenes hatte erkannt, daß die einzige Möglichkeit, in die Stadt Syrakus einzudringen, darin bestand, über die Hänge des Epipolai zu ziehen, eines großen felsigen, fast dreieckigen Hochplateaus auf der dem Meer abgewandten Seite der Stadt. Das schien allerdings nicht einfach; aber entweder würden wir die Stadt einnehmen oder den Beweis dafür erbringen, daß es sich hierbei um ein unmögliches Unterfangen handelte – und in beiden Fällen wären wir alle bald auf dem Weg nach Hause.
    Also brachen wir nach einer Nacht gräßlichen Hungers am nächsten Morgen in aller Frühe auf, um unten am Fluß Anapos die Olivenbäume und Weinstöcke zu vernichten, die Nikias’ Männer übersehen hatten; abgesehen von einigen wenigen gelangweilt wirkenden leichtbewaffneten Fußtruppen erblickten wir keine feindlichen Soldaten und hatten eine recht vergnügliche Zeit – wir fingen sogar ein paar abgemagerte Ziegen ein, die wir zu so etwas wie Essen verarbeiteten. Besonders beeindruckt war ich von der Einstellung des kleinen Zeus zur Vernichtung von Ernteerträgen, wenn ich an seine herkulischen Anstrengungen dachte, der Haut von Mutter Demeter seinen Lebensunterhalt abzuringen. Nach etwa einer Stunde schien er völlig durchzudrehen; irgendwoher hatte er eine große zweischneidige Axt in die Hände bekommen und fiel über eine kleine Feigenschonung her, wie einst der mit Wahnsinn geschlagene Aias über die Schafe Agamemnons. Seine Bemühungen waren so hartnäckig, daß er sich vollkommen verausgabte – und er zerbrach sogar die Axt, als er einen Baumstamm mit der Schneide verfehlte, das Holz statt dessen mit dem Stiel traf und diesen entzweischlug. Als ich ihn fragte, was eigentlich in ihn gefahren sei, gestand er, daß er Feigenbäume hasse; das habe er schon immer getan, und das werde sich auch niemals ändern.
    In Anbetracht der Ziegen, des Zerstörens und des darauffolgenden Vertretens der Beine an Bord kamen wir zu dem Schluß, daß unter Demosthenes zu kämpfen viel besser sei als Arbeit. Im Grunde war der einzige Mann, der sich nicht zu amüsieren schien, Kallikrates, der schon immer ein viel zu vernünftiger und ausgeglichener Mensch gewesen war, um im Leben noch einmal ein gutes Ende zu finden.
    Während wir auf diese Weise eifrig beschäftigt waren, hatte Demosthenes die äußeren Befestigungen der syrakusischen Stellung mit Rammböcken angegriffen, allerdings ohne jeden Erfolg. Vor Rammböcken haben die meisten Menschen schreckliche Angst; wegen des Lärms, den sie machen, der Art und Weise, wie sie den Erdboden zum Beben bringen, und der Tatsache, daß man sie, da es sich bei ihnen um Baumstämme handelt, nicht töten kann. Aber die Syrakuser ließ das alles ziemlich kalt. Sie warfen brennende Fackeln auf die Schutzverkleidungen, die den Männern am Rammbock Deckung bieten sollen, und schossen unsere Leute dann mit Pfeilen nieder, als sie flohen. Es war alles recht demütigend. Und als Demosthenes eine schwerbewaffnete Fußtruppe vorrücken ließ, um eine Rückeroberung der Rammböcke zu versuchen, bevor sie zu Asche verbrannt waren, beschossen die Syrakuser auch diese Soldaten mit Pfeilen, bis deren Schilde vom Gewicht der in ihnen steckenden Pfeilspitzen zu schwer zum Tragen geworden waren und die Truppe sich zurückziehen mußte. Zwar kamen ein paar Männer dabei um, aber sie stammten allesamt von Zakynthos und Kerkyra, und deshalb war darüber niemand übermäßig betrübt.
    Im Grunde hatte Demosthenes diese Maßnahmen – die Verwüstung der Landschaft und den Angriff auf die Außenbefestigungen – nur ergriffen, um sich zu vergewissern, daß sie sinnlos waren, und um

Weitere Kostenlose Bücher