Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer
Ort, in dem wir Zwischenstation machten, nahmen wir jeweils noch mehr Verstärkung an Bord, bis sich niemand mehr so recht daran erinnern konnte, wen wir wo und wann an Bord genommen hatten, ganz zu schweigen von dem Warum. Doch als wir eines schönen Morgens Kurs auf Nikias’ Lager außerhalb von Syrakus nahmen, hatten wir schließlich, soweit ich weiß, etwa siebenunddreißig Schiffe mit sieben- oder achttausend schwerbewaffneten Fußsoldaten (athenischen und ausländischen) und weiß der Himmel wie vielen leichtbewaffneten Truppen, sowohl Barbaren als auch Griechen. Nach unserer Reise, die mehr Ähnlichkeit mit Urlaub als mit einer Expedition gehabt hatte, waren wir äußerst zuversichtlich und von dem Gefühl beseelt, daß uns jetzt nicht einmal die Götter noch aufhalten konnten.
Der Strand war von Männern gesäumt, die darauf warteten, uns zu begrüßen. Schon lange bevor wir Land sichteten, sahen wir das Blitzen ihrer Schilde und fingen sofort zu winken und zu rufen an. Einige der mit mir auf dem Deck stehenden Männer hielten nach Freunden und Verwandten Ausschau, andere suchten nach den Haufen erbeuteter Waffen und weiterer Kriegsbeute, die wir alle zu sehen erwarteten. Alle anderen blickten sich nach dem Rauch der Kochfeuerstellen um. Da wir in Italien und den vielen anderen Orten mehr Truppen als erwartet an Bord genommen hatten, war der Proviant allmählich etwas knapp geworden; und obwohl wir keineswegs Hunger hatten, hätte zu diesem Zeitpunkt keiner von uns ein opulentes Mahl ausgeschlagen. Und was wir vom Meer aus von Sizilien gesehen hatten – ein riesengroßes Weizenfeld, an den Rändern mit Weingärten ausstaffiert und gekrönt mit den Olivenhainen, die sich geradewegs die wenigen Berge hinaufziehen, die sie auf der Insel haben –, reichte aus, um jedem Menschen das Wasser im Munde zusammenlaufen zu lassen, erst recht Männern wie uns, die sonst an den Berghängen Attikas im Staub herumkratzen mußten. Die allgemein übereinstimmende Meinung war, daß wir mit randvollen Erbsensuppenterrinen empfangen werden würden, gefolgt von Hammelbraten mit Bergen von Weißbrot, riesigen Käsestücken und gehäuften Tellern mit Bohnen und zum Hinunterspülen unverdünnten Wein und Milch. Eine nicht unbeträchtliche Minderheit wollte dem Ganzen noch gebratene Drosseln, Thunfisch und Aale hinzufügen, aber trotz ihrer Redegewandtheit war der Rest von uns davon nicht zu überzeugen.
Doch als wir schließlich nahe genug heran waren, um die Männer am Strand genauer zu erkennen, machten wir uns allmählich Sorgen. Irgendwie sahen sie nicht wie ein siegreiches Heer aus; eher wie ein Haufen erschöpfter Sklaven, die gerade von der Arbeitsschicht in einer großen Werkstatt oder aus den Silberminen herausgekommen waren. Nur wenige kamen uns entgegengelaufen; die meisten standen teilnahmslos da und sahen zu, ohne sich zu rühren, als böten wir zwar ein halbwegs interessantes Schauspiel dar, mit dem sie aber nichts zu tun hatten. Und die, die angelaufen kamen, schienen etwas von Verpflegung zu rufen, auf welchen Schiffen diese transportiert werde und ob wir Hilfe beim Entladen brauchten. Anstatt also sofort von Deck ins Meer zu springen und an Land zu waten oder zu schwimmen, hielten wir uns zurück, bis die Schiffe keine Fahrt mehr machten und uns die Taxiarchen befahlen, von Bord zu gehen.
Unter den am Ufer stehenden Männern erkannte ich ein Gesicht – es gehörte zu Kallippos, einem Mann aus Pallene, von dem ich mir einmal eine kranke Ziege geborgt hatte –, und gleich nachdem ich mich auf den Aufruf meines Namens gemeldet hatte, trat ich aus der Reihe hervor, um mit ihm zu sprechen. Ich grüßte ihn freundlich und fragte ihn, wie die Dinge stünden.
»Furchtbar«, antwortete er ohne sichtbare Gefühlsregung (er schien sich für das Geschehen nicht im geringsten zu interessieren), »besonders nach der gestrigen Seeschlacht.«
»Nach welcher Seeschlacht?«
»Ach ja, davon weißt du noch nichts. Jedenfalls haben die Syrakuser davon erfahren, daß ihr im Anmarsch seid, und uns angegriffen, zweimal. Das erstemal haben sie nicht besonders viel erreicht, aber gestern haben sie uns eine Schlappe beigebracht. Bei den Göttern!« schrie er plötzlich. »Die kämpfen nicht sauber!«
Ich starrte ihn verdutzt an. »Was meinst du damit?« fragte ich.
»Das wirst du nicht glauben«, erwiderte er, wobei er die Stimme senkte. »Die Syrakuser haben den ganzen Tag ununterbrochen ihre Spielchen mit uns getrieben, ihre
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