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Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Titel: Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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Gebäude können Sie sich ja vorstellen), und die Dichter mußten auf ein Podium steigen und den Titel ihres Theaterstücks zusammen mit einer kurzen Zusammenfassung der Handlung verkünden. Natürlich verriet nie jemand, worum es in seinem Stück wirklich ging – das wäre ein folgenschwerer Fehler gewesen –, und setzte statt dessen eine Art delphisches Orakel zusammen, um das Interesse zu schüren. An dieser Phase des Verfahrens hatte ich mein Lebtag keinen Gefallen gefunden, weil ich nie großes Zutrauen zu meiner Fähigkeit gehabt habe, meine Stimme zum Tragen zu bringen. Doch nach dem Prozeß in demselben Gebäude kannte ich die Akustik im Odeion ganz genau, und es war mir ein ausgesprochenes Vergnügen, auf derselben Tribüne zu stehen, auf der ich die Verteidigungsrede gehalten hatte, und meine Komödie anzusagen. Für mich war es ein willkommener Anlaß, meinen Trotz zu verkünden und zu betonen, daß ich ein recht ordentliches Stück geschrieben hatte. Ich war gerade schön in Fahrt und fand bei den Zuhörern sehr gute Aufnahme, als auf einmal eine Gruppe Männer im hinteren Teil der Halle zu schreien begann und mich mit Oliven bewarf. Ich erkannte sie als einige von Aristophanes’ üblichen Anhängern, die er dafür bezahlte, bei seinen Komödien zu klatschen und ›Zugabe!‹ zu rufen (ein paar von ihnen arbeiten schon seit fünfzehn Jahren mit Aristophanes zusammen und waren in Athen genauso bekannt wie die Darsteller selbst). Doch was sich hier abspielte, ging nach meinem Empfinden ein bißchen zu weit. Für einen Dichter ist es ja nichts Ungewöhnliches, während der Aufführung eines Stücks für kleine Tumulte zu sorgen, wie ich Ihnen, wenn ich mich nicht irre, schon irgendwo erzählt habe; und ich erinnere mich mit großem Vergnügen an den Tag, als Kratinos seine Anhänger dazu aufgefordert hatte, bei einem von Euripides’ frühen Versuchen Krach zu schlagen. Wie er nämlich gehört hatte, enthielt Euripides’ Stück eine Lobrede auf das Geld, und er ließ seine Leute damals aus moralischen Gründen dagegen protestieren, mit dem Erfolg, daß der Tragödiendichter von seinem Sitz aufsprang, auf die Bühne stürmte und die Störenfriede eindringlich bat, sich den Rest des Stücks anzuhören, um zu sehen, welch böses Ende die ins Geld verliebten Figuren nähmen. Aber eine Störung bei der Voraufführung zu veranstalten, war etwas vollkommen Neues; und schlimmer wurde alles noch dadurch, daß Aristophanes irgendwie herausgefunden hatte, wie die Handlung und die besten Szenen meiner Komödie aussehen sollten. Folglich hatte er seine Helfer angewiesen, diese geheimen Informationen aus vollem Hals auszuposaunen. Philonides mußte jedoch etwas Derartiges vermutet haben (obwohl er es nicht für angebracht gehalten hatte, mir seinen Verdacht mitzuteilen), denn er hatte eine eigene Bande angeheuert. Diese Männer sprangen nun auf und schrien, daß Aristophanes der oligarchischen Verschwörung angehöre und auf die Spitze des alten Turms im Töpferviertel gebracht und von dort hinuntergestoßen werden müsse. Aristophanes’ List stellte sich schließlich selbst ein Bein, weil der von Philonides inszenierte Tumult weit mehr Gelächter erntete und der Sohn des Philippos solche Angst bekam, daß er nach Hause rannte und sich für den Rest des Tages unter dem Bett versteckte.
    Die Lose waren gezogen: Meine Komödie sollte am zweiten Tag, im Anschluß an Euripides’ Tragödien, aufgeführt werden. Ob ich das gut fand, darüber war ich mit mir selbst nicht einig. Einerseits konnte man sicher sein, daß die Zuschauer im Theater so dicht wie Breitlinge im Faß zusammengedrängt säßen, andererseits könnte das Publikum über die Tragödien so aufgebracht sein, daß man meine Komödie praktisch nicht mehr beachten würde. So etwas hatte ich schon oft miterlebt: Wenn der Komödienchor auf der Bühne erscheint, unterhält sich das Publikum noch immer über die Tragödie, und das zumeist in voller Lautstärke. Dadurch bekommt keiner die Anfangsrede mit und hat dann nicht die leiseste Ahnung, worum es in dem Stück eigentlich geht. Letztendlich kam ich aber zu dem Schluß, daß mein Aufführungstermin alles in allem eine gute Sache sei. Niemand, nicht einmal ein Ausländer, würde die Anfangsszene meines Stücks übersehen können, in der Athena auf dem Bühnenmechanismus vom Olymp herabschwebt.
    Am ersten Tag der Festspiele war ich schon lange vor Sonnenaufgang wach, und Phaidra und ich befanden uns unter den

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