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Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Titel: Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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Einen Tag nachdem Anschovis für drei Drachmen pro halbe Mine auf dem Marktplatz verkauft werden, mußt du nach mir in einem Haus neben den Propyläen suchen. Und vergiß nicht, dich um meinen Lieblingskomödiendichter zu kümmern. Ich möchte nicht, daß ihm etwas zustößt, verstanden?«
    Und dann verwandelte er sich in den Mann zurück, der vorher dort gewesen und jetzt ebenfalls tot war; ich sah in seinem Ohr einen Pfeil stecken. Er mußte getötet worden sein, während ich mich mit dem Gott unterhalten hatte.
    Dann nahm ich mit den Fingerspitzen eine Prise Staub und streute sie anstelle einer Beerdigung auf Kallikrates’ Haupt. Eine Münze, die ich ihm für den Fährmann in die Hand hätte drücken können, besaß ich nicht, da ich mein ganzes Geld bei diesem abscheulichen Jason verspielt hatte. Dann hob ich meinen Schild auf, vergewisserte mich, daß die Sandalen fest zugeschnürt waren, weil ich nicht hinfallen wollte, und kletterte über die niedrige Mauer.
    Nachdem meine Beine den ganzen Tag lang eingezwängt gewesen waren, fühlten sie sich so steif an, daß ich zuerst kaum humpeln konnte. Doch als mich der erste Pfeil traf, an der Seite meines Helms abprallte und mir den Schrecken meines Lebens einjagte, stellte ich fest, daß ich auf einmal fast völlig ungehindert laufen konnte. Eigentlich hatte ich nicht die geringste Angst, umgebracht zu werden, aber ich hielt es dem Gott gegenüber für unhöflich, wie eine Zielscheibe einfach nur dazustehen und seine Nachsicht auf die Probe zu stellen, während die Pfeile und Schleuderbolzen der Syrakuser von mir abprallten.
    Nicht allzuweit von der Mauer entfernt klaffte in der syrakusischen Stellung eine große Lücke (die Syrakuser waren im Laufe des Tages immer näher gerückt), und ich rannte direkt darauf zu. Im Laufen wurde ich zwar von mehreren Gegenständen getroffen, aber keiner verringerte meine Geschwindigkeit, und außerdem blieb ich hinter meinem Schild gut in Deckung. Als ich durch die Lücke preschte, hörte ich hinter mir ein Pferd herangaloppieren, und ich weiß noch, daß ich mich gefragt habe, wie mich Dionysos von hier wegbringen wollte. Als das Hufgetrampel so nahe war, daß ich den Reiter schon beinahe über mir vermutete, drehte ich mich um, fiel auf ein Knie (genau wie man es machen soll) und hielt den Schild schützend über mich. Das war eine Bewegungsabfolge, die ich auf dem Exerzierplatz nie hinbekommen hatte, doch ausgerechnet dieses eine Mal bereitete sie mir überhaupt keine Schwierigkeiten.
    Der Reiter war schon da. Er riß den Kopf seines Pferds herum, um neben mich auf meine rechte Seite zu kommen, wo ich nicht vom Schild gedeckt war, aber das dumme Tier stolperte über irgend etwas, und der Reiter verlor kurz das Gleichgewicht. Wie ich entdeckte, waren seine linke Achselhöhle und die Rippen ungeschützt, da er scharf an den Zügeln riß, um das Pferd zu lenken. Ich stand auf und stieß kräftig mit meinem Speer nach ihm. Die Speerspitze drang bis zum Schaft ein, so, als wäre bereits ein Loch zum Einführen vorhanden gewesen, und erst als der Reiter vom Rücken des Pferds hinunterrutschte, ließ ich den Speer los. So einfach war das.
    Es gab für mich keinen Grund, zu Fuß zu gehen, wenn ich reiten konnte, besonders da sich jetzt weitere Reiter näherten. Darum ergriff ich die Zügel des Pferds und versuchte, mich auf seinen Rücken zu schwingen. Aber ich bin nicht groß, und das Pferd war riesig und trippelte ständig hin und her. Zu guter Letzt mußte ich meinen Schild wegwerfen. Das soll für einen Mann eine große Schande sein, doch in diesem Augenblick war mir das herzlich gleichgültig. Als ich mich schon fast entschieden hatte, lieber auf das Pferd zu verzichten und weiterzulaufen, gelang es mir, die obere Hälfte meines Körpers über den Pferderücken zu schieben und mich in die richtige Position zu hieven.
    In diesem Augenblick hätte ich es eigentlich sehr eilig haben müssen, da sich rings um mich die feindliche Reiterei und alle anderen Soldaten zusammenzogen; trotzdem nahm ich mir etwas Zeit, um noch einen Blick auf das Gesicht des Mannes werfen zu können, den ich gerade umgebracht hatte. Es lag ein Ausdruck solch vollkommener und äußerster Empörung darauf, daß ich einfach lachen mußte. »Ach, du liebe Güte«, schien der Mann zu sagen, »hier muß ein Irrtum vorliegen.« Ich wußte, wie sich der arme Kerl in seinem letzten Augenblick gefühlt haben mußte; er hatte wirklich verflixtes Pech gehabt. Aber wie

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