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Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Titel: Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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Korinther, und die Straßennamen von Korinth kannte ich aus den vielen Geschichten, die uns seinerzeit mein Großvater über seinen dortigen Besuch in diplomatischer Mission erzählt hatte.
    Dieser durchaus angenehme und beruhigende Gedankengang wurde plötzlich durch den Anblick eines Mannes in der Rüstung eines Fußsoldaten unterbrochen, dem der Helm quer übers Gesicht gerutscht war und der so schnell, wie ihn seine Beine trugen, auf mich zugestürzt kam. Ihm auf den Fersen war eine Horde brüllender Hirtenjungen, die in den Händen Steine und Stöcke schwenkten. Ein oder zwei von ihnen besaßen sogar Schwerter, die sie vermutlich irgendwo gefallenen Athenern abgenommen hatten. Bei dem Fliehenden handelte es sich eindeutig um einen Athener, und die Hirtenjungen wollten ihm den Garaus machen. In gewisser Weise war das Ganze ziemlich komisch, da der größte Junge vielleicht zwölf Jahre alt war, aber es waren wenigstens zehn von der Sorte da, und ich hatte keinen Zweifel, daß sie den Soldaten umbringen konnten und das auch täten, wenn und falls sie ihn zu fassen bekämen. Zwar stellte ich bei mir einen gewaltigen Mangel an Begeisterung fest, mich in die Sache hineinziehen zu lassen, aber schließlich trat ich meinem Pferd in die Seiten und sprengte vorwärts.
    »He!« rief ich mit meiner korinthischen Stimme. »Was geht hier vor?«
    Der Athener blieb stehen und drehte sich um, und auch die Jungen hielten an. »Das da ist ein Athener, und wir werden ihm den Kopf abschneiden«, antwortete der größte Junge nach einer Weile.
    »Das könnt ihr gern tun, wenn ihr wollt, obwohl das eine ganz schöne Geldverschwendung ist«, erwiderte ich so gleichgültig wie möglich.
    »Was für eine Geldverschwendung denn?« wollte der größte Junge wissen.
    »Dann streng doch mal deinen Kopf an, mein Sohn«, antwortete ich. »Die bringen gutes Geld, diese Athener.«
    Der Junge runzelte die Stirn; darauf war er noch nicht gekommen. »Wirklich?«
    »Mit Leichtigkeit vierzig oder fünfzig Statere«, fuhr ich fort. »Da es allerdings auf dieser Insel in ein oder zwei Tagen nur so von feilgebotenen Athenern wimmeln wird, werdet ihr nicht annähernd den vollen Preis erzielen. Aber vierzig Statere sind vierzig Statere. Das liegt an euch.«
    »Willst du ihn kaufen?« fragte der Junge erwartungsvoll.
    »Wenn ich vierzig Statere hätte, würde ich das sofort machen«, antwortete ich. »Ich habe nur keine.«
    »Ich nehme auch dreißig«, feilschte der Junge entschlossen.
    »Ich habe auch keine dreißig Statere«, entgegnete ich. »Ich habe nicht mal einen halben Stater« – ich hätte beinahe Obolos gesagt, besann mich aber gerade noch rechtzeitig eines Besseren – »für die Fähre. Alles, was ich dabeihabe, ist dieses Pferd. Ich habe lediglich dieses Pferd.«
    »In Ordnung, dann nehme ich das Pferd«, willigte der Junge ein.
    Daraufhin protestierten seine Kameraden heftig, aber er stopfte ihnen den Mund, indem er sie mit der flachen Schwertklinge schlug. »Also, was ist?« wiederholte er sein Angebot.
    »Scher dich dahin, wo der Pfeffer wächst!« erwiderte ich. »Dieses Pferd ist zwanzig Athener wert. Und überhaupt, wer hat gesagt, daß ich daran interessiert bin, Athener zu kaufen? Wie würde ich ihn überhaupt nach Hause kriegen?«
    »Wir fesseln ihn für dich«, schlug ein kleineres Kind vor.
    »Und wie soll ich ihn dann transportieren, ohne das Pferd? Denk doch mal vernünftig nach.«
    Der große Junge dachte kurz nach, und die anderen Kinder starrten ihn in freudiger Erwartung an. »Zwanzig Statere, das ist mein letztes Angebot.«
    »Ich sag euch, was ich machen werde«, schlug ich müde vor. »Sein Panzer ist allein fünfzehn wert. Den nehmt ihr, und für den läppischen Rest gebe ich euch noch diesen Ring und das Armband dazu. Die haben ein Feinsilbergewicht von zehn Stateren, ganz zu schweigen von der Verarbeitung.«
    »Also schön«, erwiderte der Junge mürrisch. »Los, Jungs, zieht ihm die Rüstung aus!«
    Die anderen Kinder befolgten seine Anweisung mit dem größten Vergnügen, wobei sie keineswegs sanft vorgingen. Ich für meinen Teil streifte mir den Ring und das Armband ab – beides ein Geschenk von Kallikrates –, beugte mich nach vorn und übergab sie dem Jungen.
    »Du stirbst eines Tages bestimmt nicht als armer Mensch, wie?« sagte er gehässig.
    »Nein, aber du vielleicht«, erwiderte ich. »Falls du dich erinnerst, wolltest du ihm eben noch den Kopf abschneiden.«
    Die Kinder wanden ein langes Band aus

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