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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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dem Buchstaben Unrecht geschehen, wie einem Kranken Unrecht geschieht, der nicht essen kann und dessen Speisen unterdessen die Gesunden schlucken. Erregter wurden die Forderungen der Prälaten, je mehr der Hof an sich hielt; Prämonstratenser verlangten ihre Klöster im Erzstift Magdeburg wieder, kaum wäre noch der kleinste Teil der Menschen dort katholisch; Benediktiner regten sich. Unverzüglich, schrien sie in Wien vor den Kammern – und um so hitziger, als die Pracht um sie zeigte, welche Summen aus den eroberten Ländern herflossen –, sogleich sollten jene unbefugten Inhaber die Güter ausräumen und abtreten, samt allen noch vorhandenen Fahrnissen; durch Nachlässigkeit der Geistlichen, durch List und Gewalt der Ketzer sei ihnen ihre Habe entzogen, Tausende Seelen um ewiges Heil gekommen. Wie Gläubiger schwirrten sie um die Wiener Burg, schnarrten vor dem ernsten träumenden Kaiser. Er verlangte sie nicht vor sich, als ihm Fürst Eggenberg von dieser Bewegung unter den Altgläubigen erzählte: »Ich bin nicht Kaiser für die Benediktiner und Prämonstratenser.« Ein zähes Äbtlein, Kaspar geheißen, von dem Prager Kloster Strahow, verstand es, sich einzuschmuggeln, prahlend von seinem verlorenen Kloster Sancta Maria zu Magdeburg zu schwadronieren, auch von den Klöstern Gottesgnad und Jericho im selben Erzstift, bis Ferdinand ihm seufzend ein Zettelchen bot, das eine Anweisung auf den Geldbetrag dieser Klöster darstellte. Damit war Kaspar nicht zufrieden; Prälaten, die davon erfuhren, sahen darin nur ein Zeichen des kaiserlichen Widerstandes. Abt Anton von Kremsmünster war Benediktiner, wußte von säkularisierten Gütern seines Ordens; er wandte sich an Eggenberg um Hilfe. Die beiden alten Freunde lächelten sich an: »Ich will Euch nur wiederholen, was die Majestät zum schlauen Kaspar sagte –, daß sie nicht bloß Kaiser der Mönchsorden sei.« Antonius meinte, es könne doch niemand durch Ausführung von Rechtsbeschlüssen gequält werden, die Leidtragenden seien Ketzer, Rebellen. Eggenberg hob die Hand: »Er will nicht.« »Er wird wollen, Eggenberg. Man kann es verschieden ansehen, man kann aber auch sagen: es ist nicht schön, am vollen Tisch tafeln und andere hungern lassen.« »Es ist nicht so, Ihr verkennt ihn.« »Ich weiß, es ist nicht so. Aber wir wollen tafeln.«
    Und die andern schrien nicht mehr Hunger, sondern schon Rache an den Protestanten für die Ablösung jener Stifter und Güter. Der hitzige Abt von Strahow sprach offen aus: Die Kirche habe in der Agonie gelegen vor Jahrzehnten, da sei das Luthertum über sie hergefallen und habe sie ausgeplündert; Leichenraub sei geschehen; das Unrecht muß beseitigt werden, Strafe muß folgen. Mit Strahow sprach ein Profeß der Jesugesellschaft in Wien, sie gingen vor einem wachsenden Klosterneubau hin und her; der Jesuit lobte den Eifer des Abtes, lobte seine Argumente, fand sie nur unvollständig. Und den sehr erstaunten Abt beglückte und stärkte er mit dem Hinweis, zum Leichenraub gehörten zwei, einer, der stirbt, und einer, der lebt. Ist es ein Verbrechen des Luthertums gewesen, daß es damals lebte; ist es ein Ruhm der heiligen Kirche gewesen, daß sie fast hin war? Wenn Unkraut auf dem Acker überwuchert, kann das Korn nicht gedeihen; wenn das Unkraut ausgerissen ist, findet das Getreide Platz: da ist Recht und Unrecht. Nicht beim Unkraut und Korn, wohl aber beim Gärtner und Bauer. Die Kirche hat Gärtner gehabt, die ihre Äcker nicht gepflegt haben. Jetzt werde man alles nachholen und sich nicht hindern lassen. Heraus mit dem Unkraut; Raum für das blühende Getreide.
    Die Kirchenherren erreichten, daß der Abt von Questenberg sich an den Herzog von Friedland mit einem Schreiben wandte, was er der Majestät rate und welche vermutlichen militärischen Folgen sich aus einem Zugeständnis ergeben würden. Der Herzog saß in Wismar, organisierte eine deutsche Kriegsarmee gegen Dänemark und arbeitete der drohenden schwedischen Invasion entgegen. Er gab schriftlich von sich, daß man ihn nicht mit Politik befassen möge. Herr von Stralendorf, Fürsprecher der Rückgabe im Geheimen Rat, drang in das Wismarer Rathaus ein. Was, fragte Friedland verärgert den edlen Herrn, an dieser Angelegenheit denn so wichtig wäre, daß man einen besonderen Befrager an ihn entsende. Als Stralendorf mit Wärme dargelegt hatte, welches Unrecht der Kirche geschehen sei, schloß der hagere General kurz und den Herrn an die Tür drängend, die Kriegstage

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