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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Pater war glücklich, sich mit dem Gehorsam abzublenden. Zu Lessius ging er hinaus: er werde wohl, wenn ihm mit Gottes Hilfe dieses Werk gelungen sei, bitten, ihm sein Amt beim Kaiser abzunehmen. Der schwarze Lessius unbewegt: dies zu prüfen sei Sache des Generals Vitelleschi.
    Durch den geschwätzigen Kardinal Rocci erfuhren der Kurfürst Maximilian und Pater Joseph, daß die Jesuiten sich ihnen angeschlossen hätten: sie jauchzten, die mächtigen Jesuiten würden Ferdinand völlig brechen. Brulart meldete nach Paris, der deutsche Kaiser sei wie ein Wild jetzt von den Hunden gestellt; sie hätten auch ihr Teil an dem Jagdverlauf, wie erst mündlich berichtet werden könne. Und Spione trugen die gefährliche Nachricht nach Memmingen.
    Aber Pater Lamormain ging mit Ferdinand um wie der Arzt mit einem Kind, dem man keine Schmerzen bereiten will bei der notwendigen Operation, mit Sanftheit und über alles hinwegtäuschend. Er ging mit dem Kaiser in einer Weise liebreich um, daß der Kaiser in seinen eigenen Willen aufnahm, was der Pater ihm zutrug, und meinte von sich aus alles zu finden und von sich aus den Weg zu gehen, den man ihn zwang. Lamormain leise begehrend, aber nicht fähig, von sich abzuwälzen, was ihm aufgetragen war, wünschte innig, sein Beichtkind an sich ziehend, den Triumph seiner Gegner nichtig zu machen und hier nichts zu ändern. Ein Brieflein des Vitelleschi war ihm gebracht worden, darin hieß es: »Der Papst Urban ist uns nicht gnädig, denk daran, Bruder Lamormain, du frommer Christ.« Wie Irrlichter kreuzten seinen täglichen Weg zum Kaiser die buntgemäntelten französischen Kavaliere, die bösen verschwiegenen Herren; er erschrak vor ihnen.
    Er widmete sich inniger dem Kaiser. Morgens und abends aber las ihm ein junger Scholar den Brief vor: »Der Papst Urban ist uns nicht gnädig; denk daran, Bruder Lamormain, du frommer Christ.«
    Mariä Himmelfahrt; mit Körben voll Obst und Kräutern gingen hinter Fähnchen und bunten Figuren die weißen Kinderscharen in die Kirchen; viele trugen Birnen- und Apfelzweige, auf denen Holzvögel saßen. Kavaliere ritten barhäuptig neben den Sänften ihrer Damen. Studenten fuhren neugierig auf Troßwagen durch Gassen, über Märkte vorüber an den breitbeinigen Trabantenwachen der Römischen Majestät und geistlichen Kurfürsten. Pfeifer und Flötenspieler zwischen ihnen, bald nach rechts, bald nach links herunterblasend. Franzosen traten mit Fächern aus ihren Quartieren, wichen zurück, wie die Studenten höhnend und drohend ihre schweren Säbel schwangen.
    Weit war aller Verkehr von dem Bischofspalast abgedrängt, seit dem Kaiser von seinen Beratern eine Entscheidung nahegelegt war. Er verließ meist die saalartigen Wohn- und Empfangsräume. In einem schmalen Musikzimmer nach dem Garten zu fand man ihn bei Tag. Der Fußboden einfach gedielt, der Raum wild ornamental verschnörkelt. Flammenräder in Gelb und Rot an die Wand gemalt, eins neben dem andern. Flammenräder, deren Achsen Strahlen warfen. Die Strahlen fuhren aus immer neuen grellbunten Rädern über die Wände; inmitten der Längswand gebannt in Ruhe ein Viereck in Gold von byzantinischer Strenge; große gotische Buchstaben mahnten rot an die Stille des himmlischen Reiches. Darüber ein schwarzes Kreuz, zu seinen Füßen die Ebenholzfiguren Marias und Johannes’. Ein einziges riesiges Fenster in die Gegenwand gebrochen, breit das dicke Mauerwerk durchdringend. Im Raume unter dem Kruzifix eine breite gepolsterte Sitzbank, mit Decken belagert, eine geschnitzte Truhe neben der Tür. Gedämpft klangen die Stimmen in dem gewölbten steinversenkten Zimmer.
    Mit Herzlichkeit sah sich Lamormain an dem heißen Tage empfangen, Ferdinand zog ihn ernst an sich. »Es ist nicht möglich«, sagte er, »in Dingen solcher Wichtigkeit nur mit weltlicher Vernunft auszukommen. Wo so Ungeheures und Ernstes auf dem Spiel steht, muß ich den Heiland und die Jungfrau bitten, daß sie mir Hilfe bei den Entschlüssen leihen.« Sie plauderten von Ferdinands Erziehung in Ingolstadt und von seinen Lehrern, Gregor von Valencia, dem berühmten Mann, dem Historiker Gretser.
    Ferdinand öffnete träumend den Mund zum Oval; er hätte es leicht gehabt, auf den rechten Weg zu gelangen, seiner Mutter hätte der Glaube am Herzen gelegen; es sei ihm in Erinnerung, daß sie oft erzählte, wie Khevenhüller, der Gesandte in Madrid, ihr einprägte, es hinge ewiges wie zeitliches Wohl der Kinder davon ab, wem ihre Erziehung anvertraut

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