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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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ein Vieh, Euer Durchlaucht. Wo gibt es so etwas in der Welt.« »Wir haben beide tapfer gefochten. Sankt Michael hat im Lande Moab dem Satan die Leiche Moses’ abgerungen. So habt Ihr gerungen. Ich bin matt, Küttner, und fühle mich besser.« Der lächelte verbindlich, schwieg. »Ihr seid mir der liebste Mensch am Hofe, Küttner; Euch vertraue ich wie fast keinem.« Plötzlich hob, nach einigem Suchen, Maximilian leidenschaftlich die Arme, hauchte aufflammend: »Küttner, was soll geschehen!« Er zog den anderen an der Hand zu sich herunter: »Ich bin verloren. Ich –« Er stammelte. »Vor dem wüstesten Menschen der Erde liege ich, vor diesem Goten. Er wird sich eine Freude daraus machen, mich zu beschimpfen. Heiland, mein Heiland, wohin sind wir geraten.« Der Fürst schien vor einem Tränenausbruch, jammernd und zähnekrachend sah er zu Küttner auf. Verlegen wich der mit den Augen aus; es gäbe himmlischen Schutz für Deutschland. »Sagt mir das noch einmal, Küttner. Ihr seid soviel jünger als ich. Wenn es keinen himmlischen Schutz für uns gibt: ich sehe keine Rettung. Ich hab’ mich übernommen. Es war zuviel für mich. Setzt Euch neben mich. Habt keine Scheu. Laßt mich an Euch anlehnen. Ich habe keine Frau, keinen Freund. Mein Vater ist krank. Ich will mich aussprechen, Ihr werdet mich nicht verraten. Regensburg ist mir nicht geschenkt worden. Ich bin wie ein Lump, der alles verwettet hat. Ich kann nur greinen.« Nun weinte er wirklich, Küttners Schulter umfassend.
    Der hatte seine Scheu rasch überwunden; er kannte die Krankhaftigkeit des Kurfürsten, gab nach: »Was soll dies für ein Michaelstag in Deutschland sein, wo Eure Durchlaucht zerknirscht ist. Wir geben nicht nach, der Satan wird unser nicht Herr werden, und wenn er sich mit den ledernen Kanonen der Finnen und allen schwedischen Neuigkeiten bewaffnet.« »Mir wär’ wohl, Küttner, ich hätte diesen Tag nicht erlebt. Wie hab’ ich mich hoch über meinem Vater gefühlt, der mir das Land hat abgeben müssen, weil es fast ruiniert war. Aber ich! Aber ich! Seht hin, nein, seht nicht hin. Sehe keiner hin. Es ist ein Grauen. Wir haben den Krieg über die Pfalz und Böhmen getragen; es hat uns nichts ausgemacht, die brennenden Dörfer, die Leichen auf den Straßen haben uns eine Freude gemacht, wir sind als Sieger durchgezogen. Was haben wir gesehen. Wir waren Sieger. Küttner, jetzt soll Bayern, mein Land, für das wir gesorgt und gegeizt haben, alles dulden. Ich hab’ mich lästern lassen als Geizkragen und schlechten Filz; seht hin, wie alles gediehen ist, wie alles prangt und wohl ist. Für dies Land hab’ ich alles eingesetzt, mich selbst mit, mein Haus, die Ehre meines Namens, den Ruhm der vergangenen Geschlechter. Wißt Ihr, wer nun kommen wird, wer das ist. Ein dicker roher plumper Mann, der die lutherischen Schimpfworte vom Morgen bis Abend wie einen Wohlgeschmack im Mund führt. In unseren reinen reichen Kirchen wird er sich wälzen wie ein Schwein. Meine gehegten geliebten Städte, o Ihr kennt sie ja, er wird drin herumschnüffeln, Feuer wird er auf sie werfen, arm wird er sie erpressen. Ich werde nicht da sein, ich werde irgendwo mit dem Hof sitzen. Oh, ich will nicht. Ihr Menschen, was ist über mich verhängt. Wie hab’ ich das versündigt.« Den jungen Gesandten hatte er losgelassen, sein Kopf hing seitlich über der Brust, er schluchzte, stammelte.
    Küttner kniete vor ihm, streichelte sein Knie: »Sprecht nicht so laut, gnädiger Herr; man könnte Euch hören. Seht doch mich an, hebt Euren Kopf, wo ich bin. Ich bin Euer Gesandter in Paris. Erinnert Euch des Königs Ludwig. Laßt Eure Seele nicht so im Sumpf. König Ludwig will Euch wohl, er braucht Euch. Graf Tilly ist bei Leipzig nicht vernichtet. Der Schwede wird aufgehalten werden.« »Das glaubst du, Küttner? Freue dich. Ich bin schon halb auf der Flucht. Ich jammere schon und beklage meine armen Münchener, die frommen Klöster, die ganze Herrlichkeit. Es gibt keine Rettung.« »Man rechnet in Paris auf Eure Durchlaucht. Man hofft, Ihr werdet den Augenblick verstehen.« »Was ist, Küttner.« »Ihr seid kein Freund Habsburgs, glaubt man zu wissen, und sicher kein Freund Spaniens, weil es Euch die Pfalz mißgönnt. Man meint in Paris, Ihr werdet nach dem Leipziger Schlage begreifen, worum es sich dreht. Ihr werdet irgendwie mit dem Schweden paktieren. Frankreich hat es schon getan.« Der Kurfürst wischte sich das Gesicht; abgewandt bat er: »Setz dich neben mich,

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