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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Kommando. Vielleicht. Vielleicht hat er auch etwas anderes vor. Der Wallenstein! Er wird schnappen! So groß wird kein Rachen eines Wolfes sein wie seiner, wenn er schnappen wird. Er freut sich unserer Lage; sie verspricht ihm viel. Was meint Ihr, Eggenberg, und Ihr, Graf: wird es nötig sein, daß Ihr Euch noch retten laßt von ihm? Er wird Euch retten, soweit es ihm Spaß machen wird, und von dem Braten speisen, mit Fettsoße, Zwiebeln, Gemüse und Pastete, soviel er mag. Das Reich wird anders aussehen nach dieser Rettung als vorher. Ich wünsche Euch guten Geschmack – für ihn.«
    Eggenberg: »Was ratet Ihr?«
    »Mit Schweden paktieren. Rasch.«
    Eggenberg: »Nein, sagt, Graf Trautmannsdorf, laßt dies einen Augenblick: ist der Herzog nach Eurer Meinung so gefährlich?«
    »Euer Feind. Weiter nichts. Gewiß nicht meiner. Er kann Euch jetzt vielleicht nicht viel schaden; Ihr müßt damit zufrieden sein. – Ihr wißt übrigens, daß ich ihn liebe und hochschätze. Die Dinge haben es leider dahin gebracht, daß er mit dem Erzhause verfeindet wurde.«
    Trautmannsdorf war traurig und stützte den Kopf. Wieder Stillschweigen. Am Tisch saß neben Questenberg der Beichtvater, der große Lamormain. Man müsse sich der Menschen bedienen, wie sie sind. Man hätte Machtmittel in der Hand gegen den Herzog. Friedland scheine sich schon jetzt zu irgendeinem Schlag zu heben. Er sei offenbar noch kräftig. Man müsse sich seiner in beliebiger Weise bemächtigen.
    Questenberg bitter gegen Trautmannsdorf: ob der Herr Graf wisse, daß der Friedländer fast alle Obersten Mährens und Niederösterreichs an sich gezogen habe, die kaiserlichen Obersten? Zerschmettert die Armee, verzweifelt, schlecht entlohnt, in ihrem Ehrgefühl gekränkt die Offiziere. »Es kann geschehen, daß unsere Regimenter zu Wallenstein übergehen, ohne daß wir etwas dagegen ausrichten können; wir sind ja nichts. Wir sind Geschlagene, schlechte Politiker, da wir ihnen diesen Wallenstein weggenommen haben. Und er: er ist imstande, nimmt die Regimenter, die Juden zahlen, was er braucht; er erobert sich seine Güter, verträgt sich mit dem Schweden. Es ist alles möglich. Läßt man ihn, ist man vor nichts sicher.«
    »Und wer ist schuld daran?« Trautmannsdorf zog brüsk die Arme vom Tisch, schrie: »Ihr. Er war nicht unser Feind. Ihr habt ihn dazu gemacht. – Aber ich will davon nicht sprechen.« Er preßte sich erglühend in seinen Stuhl: »Wenn es wahr ist, daß der Papst diesen Bescheid dem ungarischen Primas gegeben hat, so wird man diesen Bescheid den geheimsten Geheimbüchern des Erzhauses einverleiben müssen. Man wird es nicht nur in die kaiserlichen Erinnerungsbücher für die Richtung der kommenden Politiker schreiben, sondern für jeden im Reich und außerhalb des Reichs, der Interesse am katholischen Glauben hat. Es ist unmöglich und zum Himmel schreiend, daß die grausige Not, vor der sich Bayern und Österreich, alle Königreiche und Erblande krümmen, blinde Augen beim Heiligen Vater findet. Er hat es abgelehnt, das in höchster Not schwebende und fast zu gänzlichem Untergang neigende Römische Reich aufzurichten. Er wird seine Schuld vor dem zu verantworten haben, dessen Stellvertreter er ist. Und nicht ist. Die Schuld liegt auch bei Euch, Fürst Eggenberg. Es war alles unnötig. Wir waren in Macht, wir saßen im Sattel, dann kam der böse Anzetteler, der treulose baumstarke Verderber des Reiches, der Bayer. Er hat die Kurfürsten gegen Habsburg aufgewiegelt; wir hätten stark bleiben können und sollen. Statt dessen hattet Ihr Furcht. Von Anbeginn. Ich sage Euch: Friedland war treu bis zu dem Augenblick in Memmingen, wo wir ihn fallen ließen und wo er sah: dem Kaiser liegt nichts an ihm. Er wurde nach solchen Diensten für uns wie ein räudiges Tier zur Tür hinausgestoßen. Kaum daß die Kaiserliche Majestät selber in ihrer persönlichen Liebe für den General ihn vor dem Äußersten bewahrte: vor der offenen Infamie, der Degradierung, Absprechung der Titel und Besitztümer. Warum? Die Herren wissen alle: um nichts. Wegen des alten Hasses des Bayern, der hinter Habsburg wie die Bremse ist und in den Wahnsinn stachelt. Was wäre geschehen? Fast wäre Deutschland ein Kaiserreich geworden. Nun sitzen wir da, winseln vor dem Papst, werden vor dem Herzog winseln. Jetzt hat er Rebellisches vor, ich zweifle nicht daran. Er macht sich unsere Not zunutze. Wär' er doch ein Seraph, wenn er’s nicht täte. Er haßt uns alle, wie wir hier sitzen.

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