Wallenstein (German Edition)
Ich kann meine Liebe zu ihm nicht verbergen und ihm nur recht geben. Ich muß es tun. Ihr seid schuld, Fürst Eggenberg. Ihr habt einen Keil in uns getrieben und uns schwach gemacht. Ihr habt uns und dem Kaiser den Mut genommen, daß wir in Regensburg nicht sprechen konnten. Das Reich wird es Euch nie vergessen dürfen. In hundert und tausend Jahren nicht.«
Verzweifelt lächelnd blickte der kleine Fürst auf seine zitternden kalten Finger: »Wollt mir doch wenigstens das auch nicht vergessen, daß ich das Beste gewollt habe, daß wir alle doch schon so schwer gebüßt haben.« »Noch nicht genug. Der Schwede wird noch andere Register ziehen. Es ist so weit gekommen, Fürst Eggenberg, daß ich ein offenes Wort hier sprechen muß. Ihr hättet Euren Kopf dem Kaiser nach der Breitenfelder Schlacht anbieten müssen. Sie war das Resultat Eurer Politik. Ihr habt die Versöhnungstaktik dem Kaiser geraten. Habt Ihr das getan?«
Gedankenlos blöde lächelte ohne Aufblick der Fürst: »Liegt Euch soviel an meinem Kopf?«
»Habt Ihr ihn dem Kaiser angeboten?«
Der Fürst fahl, eingefallen, einen Moment die Augen beschattend: »Nun will ich Euch sagen, Trautmannsdorf, daß das, was Ihr mit mir tut, anfängt, unertragbar zu werden. Was habt Ihr mit mir vor?«
»Sollen wir nicht das Recht haben, über Euch zu Gericht zu sitzen, und seid Ihr hier nicht Rechenschaft schuldig?«
»Was ich getan habe, verantworte ich. Ihr seid in Eurer Liebe zu Wallenstein ohne Verstand.«
»Meine Liebe zu Wallenstein. Ich will nicht nur Rache nehmen dafür, daß ich gezwungen wurde, gegen ihn aufzutreten. Ich muß Protest erheben gegen die Verwüstung der stärksten Position in der Welt, die das Reich hatte. Friedland hätte das habsburgische Reich halten können. Nun ist er zunichte geworden, verschandelt, in einen gräßlichen Dämon verwandelt, vor dem wir zittern müssen. Aber eins gegen das andere: ist Wallenstein nichts und ist Habsburg nichts: ist es da recht, daß Ihr etwas seid, der beide zu nichts gemacht hat. Das sag’ ich hier am Tisch: ich liebe Habsburg und hänge unserer Kaiserlichen Majestät an – aber Ihr, Fürst Eggenberg, tätet gut, Euch jetzt und für alle Zukunft zu verstecken, weil Ihr und kein anderer schuld seid an diesem vermaledeiten Regensburger Tag.«
»Die Herren werden alle einsehen, daß diese Debatte nicht so fortgehen kann. Ich habe stets alles frei aufgenommen, was hier beraten wurde, und dem Kaiser berichtet. Er kennt alle Standpunkte und Gesichtspunkte. Man hat es hier mehr auf meinen Kopf als auf etwas anderes abgesehen. Ich will Euch einladen, Graf Trautmannsdorf: kommt mit vor den Kaiser.«
»Wozu soll das? Der Kaiser ist jetzt machtlos.«
»Er ist Richter.«
»Was soll das?«
»Kommt mit. Ich bin Euch Genugtuung schuldig für Euren Wallenstein. Ich begehre es von Euch.«
»Was soll das?«
»Ich bin Euch wohlgesinnt. Ich versteh’, was Ihr fühlt.«
DER KAISER in dem menschenfließenden Abtstuhl: »Das ist wohl eine Art Gericht. Ihr seid der Ankläger und Fürst Eggenberg der Malefizer. Oder umgekehrt.«
Eggenberg: »Ich möchte wissen, was die Kaiserliche Majestät urteilt.«
»Was, Urteil, Eggenberg?«
»Ich habe viel gelitten unter den letzten Ereignissen. Majestät weiß davon. Aber die Dinge sind in der Tat so ungeheuerlich in ihren Folgen, Nebenumständen, können verhängnisvoll werden, daß ich mich nicht mit einer bloßen Besänftigung und Hinnahme begnügen kann, sondern rund um ein Urteil bitte. Ich habe alles verschuldet. Es muß mir abgenommen werden. Oder der Kopf, der die Erinnerung an das alles aufbewahrt, muß herunter.«
Der Kaiser: »Und dies scheint auch die Meinung unseres Trautmannsdorf zu sein?«
Trautmannsdorf: »Ich habe den Fürsten, meinen alten Freund, nicht hierher gezogen.«
Der Kaiser: »Jedenfalls – steht es wahrhaft um uns so?«
Beide Herren sahen zu Boden.
»Und an dieser Lawine begehrt mein guter Eggenberg schon wiederum schuld zu sein? Regensburg, Abdankung des Generals, Schweden, Breitenfeld und so weiter?«
»Ich nehme die Abdankung des Generals auf meine Kappe.«
Der Kaiser, sich hochstemmend, schleifte herum um die grüne Marmorsäule: »Schon gut. Ich dachte es eigentlich anders.« Er legte die leichten Hände auf Eggenbergs Schulter mit dunklen Blicken, leise redend: »Sprecht nicht von Regensburg. Laßt das. Ihr seid nicht daran schuld. Ich hab’ mit Euch ja gar nicht darüber gesprochen. Da ist nichts von Schuld. Wollt das nicht
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