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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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ihrer Habe, Entschädigung. »Gerechtigkeit, Rache!« tobte es vor der Burg. Thurn warf vor Wut und in Zerrissenheit seinen Hut aus dem Fenster, verfluchte die Stunde, die ihn nach Prag zu ihnen geführt hatte. Man ließ ihn nicht weitersprechen, Steine und Waffen krachten durch die Luft. Draußen führten der prahlende Sohn des Berka, der sich aus der Gefangenschaft nach der Prager Schlacht befreit hatte, und Smil von Hodějovský. Sie waren als Jünglinge aus ihrer Heimat geflohen, keine Freude hatten sie gehabt in Sachsen, die ihnen nicht durch Sehnsucht nach dem Mütterchen an der Moldau getrübt war; sie klirrten als ungezügelte entschlossene Männer gepanzert vor den Haufen einher, die sich so wenig wie sie einschüchtern lassen wollten. Die Waffen wurden ihnen abgenommen, sie selbst in der Burg in Eisen geworfen.
    In den Häusern schwoll die Enttäuschung, rachsüchtig schlugen die Konventikel die Türen hinter sich zu. Es mußte zu einem Ausbruch kommen. Die Sachsen waren froh, als das randalierende Volk die ersten Angriffe auf die Judenstadt machte.

    IN ZNAIM nahm der Herzog Privatlogis; die Bewohner von fünf Häusern mietete er aus. Doktor Stroperus sah mit Verwunderung, wie die Gichtknoten an Wallensteins Händen, den Ohrläppchen Zehen aufbrachen, der Herzog hellere Farben bekam, rastlos durch die Zimmer ging, in denen Raum neben Raum rasch für besondere Zwecke eingerichtet waren, wie der Herzog nur abends keifte, auf den Kammerdiener losschlug, in der alten gehässigen Weise ihn selbst mit dem Tode bedrohte, weil er ihn verderben ließe. Briefe und Kuriere liefen wieder täglich aus.
    Der Herzog bat vertraulich die Obersten der in der Nähe stehenden Regimenter zu sich, dann weiter entfernte. Er stellte fest, wie es sich mit der Auffüllung ihrer Truppen verhielt, mit Armierung Verproviantierung Kriegslust; wies sie an, Mut auf Werbung und Ausbildung zu legen, seiner Kasse gemäß nichts zu versäumen. Das Reich liege in Nöten; wenn der Kaiser sie nicht rufen würde oder nicht für sie aufkommen könne, er würde nicht verschlossenen Mundes zusehen, wie der Schwede sein Höllenspiel auf deutschen Gassen zu Ende führen würde. Möchten sich im schlimmsten Fall um ihn, den Reichsfürsten und Herzog zu Mecklenburg, stellen.
    Aus den Äußerungen der Herren, die einzeln, dann in kleinen Rotten sich in den dürftigen Znaimer Häusern versammelten, klang, gelockt von diesem Anruf, hervor, wie sie die Niederlage unter dem Schweden empfanden und den Kaiser anklagten, das Heer in die Jauche gedrückt zu haben. »Es ist kein Gut am Grafen Tilly«, schrien sie an der klirrenden Weintafel, an der sie mit dem langen Herzog saßen, »er hat den evangelischen Obristen die Patente abgenommen. Die Ligisten sind Mucker. Wir sind keine kaiserliche Armee mehr. Wer regiert? Seine Knausrigkeit die Durchlaucht von Bayern.« »Wir beten zu Jesus und Maria. Aber unsere protestantischen Kameraden sind tapfer und brav. Man hätte sie nicht davonjagen müssen, als wären sie Heiden.« »Man hat getan, als führten wir einen Krieg für die Mönche. Wir sind Soldaten. Wer uns Ehre gibt und wacker zahlt, ist unser Mann. Tilly ist geschlagen, wir sitzen im Mauseloch und knabbern an Strohhalmen. Das walt’ die Sucht.« »Haben bei der Durchlaucht zu Friedland getreulich gestanden; hat uns die Schnödigkeit seines Loses genugsam gejammert. Sitzen als seine Gäste, um ihm nicht bloß zu versaufen, was er uns vorsetzt; wollen auch bekennen, daß wir seiner mit Verlangen denken.« »Haben ihn nicht davongehen heißen, die Durchlaucht zu Friedland. Haben Tränen nach ihm vergossen, als wäre uns Mutter und Vater an einem Tage gestorben und wir selbst an den Bettelsack geraten. Da wir ihm einmal mit Handschlag und Mund die Treue gelobt als Feldhauptmann des Römischen Kaisers, wollen wir ihn, wenn uns keiner mag, in seinem Gram nicht verlassen. Sei er unser gewiß.« »Sei er auch unser gewiß.«
    Im Geschrei und erhitzten Stampfen und Tischschlagen – der lange Friedland im braunen Lederkoller ließ still hockend und Blicke werfend die Reden um sich gehen, als säße er wie ein Rabe auf dem Ast, der Wind schaukelt ihn spielerisch und bläst ihm unter die Federn – stieg ein schärpenschleppender breiter hoher Mann mit glattgeschorenem kleinem Kopf auf seinen Schemel, hatte ein glühendes geschwollenes Gesicht, hielt seinen Becher im Stehen noch dicht vor seinen bärtigen Mund, schwieg, als ihn schon alle anriefen. Dann keifte,

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