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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Eurem Eifer nicht lähmen, Rusdorf. Wahrscheinlich werden meine Nachfahren Euch wie einem Helden danken. Ich? Wir verkommen alle samt und sonders. Ich wie der Kurfürst von Brandenburg und Sachsen. Wie der Maximilian von Bayern, der meinen Kurhut trägt. Wir werden zu nichts. Die schwedische Zeit bricht an für das Deutsche Reich. Ich – ertrag’ es nicht. Wie ich Euch sagte: ich bin verloren.« Dann hielt er an einer Fensternische den kleinen Rat fest: »Eins sage ich, Rusdorf«, dabei blitzten seine blauen großen Augen heiß, »wer mir das widerraten hat, den Kaiser in Regensburg um Verzeihung zu bitten, den Kniefall vor ihm zu tun, der hat nicht gut an mir getan. Wißt Ihr! Ich hätte gebüßt, es wäre mir manches verlorengegangen. Jetzt sitz’ ich in der Falle. Ich bin zum Bettler und zum Fremdenknecht, zu einem Verräter geworden: ja, so steh’ ich vor mir. Glaubt Ihr, ich könnte vor diesen Wittelsbachern meines Hauses gehen, ohne mich zu schämen bis in meine Nächte?« Die Beruhigungen des Rates nutzten nichts; Friedrich legte den Arm um die Schultern des kleinen tiefbedrückten Mannes, leise sprechend: »Die Welt ist noch nicht zu Ende. Glaubt Ihr nicht, daß der Schwede noch eines Tages geschlagen wird? Gott läßt die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Ich warte, ich weiß, was ich tue.« »Was?« »Der Kaiser ist ein gütiger Herr. Er wird mein Unglück mitfühlen. Meine Reue ist tief. Ich bin jung und kenntnislos gewesen. Er wird mir verzeihen.« Und er wanderte leise weiter mit Rusdorf. Zwischen den hängenden Bildern der Wittelsbacher auf und ab.
    Und Rusdorf erfuhr nicht und konnte nicht verhindern, daß Friedrich im größten Geheim einen eigenhändigen Brief an den flüchtigen Maximilian schickte, in dem er um Verzeihung bat, daß er sich ohne seine Einladung zum Besuch in München aufhielte. Nicht er hasse Maximilian; sie seien Wittelsbacher, von einem Blut; Max möge gewiß sein, daß nichts an seinen Bildern und Gebäuden zerstört würde. Nicht er hätte den Schweden in das Deutsche Reich geführt. Nein, er sei es nicht gewesen. Und fast demütig bat er ihn, bei Kaiserlicher Majestät zu versichern, daß er sich unverändert als des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation treu anhänglicher Sohn fühle.
    Dies war ein Brief, nach dem er sich wohler als in vielen Jahren fand; es klang in seinen Ohren gut: »Als des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation treu anhänglicher Sohn.« Rusdorf hatte es nicht leicht in diesen Wochen, ihn beim schwedischen Herrn zurückzuhalten. Seine Fluchtneigung gelangte sogar an den König, der gutmütig bei Tisch meinte: »Laßt ihn. Deutschland ist ein Kranker, der nur durch starke Mittel gesund wird. Ich bin erst im Beginn der Kur.«
    Nach Warschau verkündete Gustav dem Reichstag durch Boten: er gedenke die Krone Polens, die ihm zustehe, in nicht zu ferner Zeit mit der Böhmens und Ungarns zu vereinigen. Venezianer, die mit Briefen und Geschenken vor ihn traten, führte er an dem stumm grüßenden Pfälzer vorbei durch die Residenz. Im Vierschimmelsaal setzte er sich zum Verschnaufen. Er dankte ihnen; die Signoria solle gewiß sein, daß das Haus Österreich auch in Italien noch heute lache und morgen nicht mehr.
    So mächtig war, bis über die Donau, bis nach Straßburg vorgedrungen das schwedische Heer, daß die Herren in Paris ins Zittern gerieten. Ein unerträglicher Anblick war dieser Gotenkönig, wie er über das gefürchtete Riesenreich ähnlich einem mittelalterlichen Belagerungsturm hinschwankte, Pechströme und Bomben werfend; der alberne schlaue Klotz aus Upsala. Sie fingen beim Kurfürsten von Sachsen zu stechen an, ob es sein deutsches Selbstgefühl ertrage, dem Schweden Bütteldienste zu leisten, und ob man in ihm oder Gustav Adolf das evangelische Oberhaupt des Reiches zu sehen habe. Sie irrten unruhig von protestantischem Hof zu Hofe. Die katholischen fast verzweifelten Herren beschworen sie festzubleiben.
    Der gereizte König Ludwig konnte seine Nervosität nicht zähmen, weder der Kardinal noch der Pater Joseph konnten ihn mehr zurückhalten. Seine Furcht, der Schwede würde ihm im Elsaß und am Rhein zuvorkommen. Man ließ ihn.
    Das Heer in der Hand, stieg er auf Metz, nahm Moyenvic, Pont-à-Mousson. Es befriedigte ihn noch nicht. Da war Nancy. Er mußte rasch, rasch an den Rhein, ehe Gustav in Bayern fertig war. Er mußte auf Trier. Es war alles reif für ihn.

    INDESSEN MIT aller Ruhe der Friedländer sein ungeheures Heer in

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