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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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reisten Hals über Kopf ab, unfähig, diesen Weltuntergang, der sich um den Herzog vollzog, mit anzusehen. Michna konnte sie nicht beruhigen, sie verstanden das Lachen dieses klugen Mannes und gar Bassewis nicht, welche beteuerten, so sei es immer um den Friedländer. Die Obersten schwammen flossenschlagend in ihrem Element, schluckten, atmeten die besonders lichtbrechende Luft, die um den Herzog schwebte, erlebten die blitzartige Versengung und Verkohlung aller Besorgnis, die Verzauberung. Sie zogen nach sich Montard von Noyrel, Přichowitz, Corpus, Wiltberg, Lamboy, Giesenburg, Felipe Corrasco.
    Im frühen April hielt Friedland, mürrisch gegen den Wind die Augen kneifend, seine schärpenprunkenden Herren ignorierend, mit Ordonnanzen scheltend, bald in der Sänfte, bald zu Fuß, bald auf dem Pferd, Heerschau zu Rakonitz auf dem Hügel ab. Zweihundertvierzehn Reitergeschwader, hundertzwanzig Fußkompagnien, vierundvierzig Feldstücke, zweitausend Wagen mußten vorbei. Er hielt nur einige Stunden aus; nach fünf Tagen war man fertig.
    Dann wollte er sich verabschieden. Und als die kaiserlichen Herren, Oñate und Eggenberg, ihm den Brief Ferdinands gaben, er möchte bleiben und den Oberbefehl im Kriege führen, nörgelte er erst, erhob dann das alte heisere Geschrei: ob sie ihm noch nicht genug getan hätten, von Ungarn ab bis Regensburg, ob sie ihn für einen Verurteilten oder Verrückten hielten; er wolle seiner Wege gehen, vor ihnen sicher sein. Er machte, wie er hinkte, am Stock durch das Zimmer in Rakonitz schlich, einen verbrauchten Eindruck.
    Die Herren hatten nichts anderes erwartet; sie saßen, warteten. Fürst Eggenberg wußte, daß er als Geschlagener vor dem häßlichen Sieger saß und im Begriff war, die schrecklichen Bedingungen entgegenzunehmen. Es tat ihm wohl, an die früheren guten Zeiten erinnert zu werden; er wurde hart dabei, konnte sich wappnen. Es wurde klar, daß der Herzog vorhatte, an ihnen eine unerhörte Grausamkeit zu verüben; Eggenberg und Oñate wollten sich nicht wehren, der Herzog würde an ihnen erlahmen. Das Keifen zu Ende, fragte Wallenstein, gehässig und listig auf sie blickend, was sie ihm brächten; es klang: wie sie sich denn freikaufen wollten. Dies war der Augenblick, wo sich die beiden zum Abschied erheben konnten, um zu sagen, sie sähen in ihrem Quartier seinen schriftlichen Vorschlägen entgegen; er möge in aller Muße den Kreis seiner Wünsche aufzeichnen.
    Sie nahmen dann ohne weiteres an, was Wallenstein in dem überbrachten Schreiben forderte, das Ungeheuerlichste, was ein Mensch von einem Kaiser des Heiligen Reiches verlangen konnte, ohne ihn zu töten: absolutes Generalat, Bestallung als Generalissimus des Hauses Österreich und Spanien, Konfiskationsrecht im Reich ohne Einspruch des Hofrats, der Hofkammer und des Kammergerichts, Versicherung auf die Erblande als Rekompensation, Lieferung aller begehrten Unkosten; die Erblande stehen ihm zum Rückzug beliebig offen, er muß in die Friedensverhandlungen eingeschlossen werden. Dies unterschrieben schaudernd die beiden Unterhändler, nachdem sie es gelesen hatten, im Namen des Kaisers, von dem sie Blankovollmacht hatten. Waren dabei von einer wütenden Lust erfüllt: sie hatten ihn entlarvt, nun sah man, woran man war. Hier verhandelte kein Feldherr wegen seiner Anstellung, sondern ein Tyrann, der seine Rachsucht befriedigen wollte.
    Auf der Rückfahrt erwogen sie: der Schwede wird in seinem Vormarsch aufgehalten werden, Böhmen befreit, Bayern befreit werden; dann kann sich die Liga erholen, ein spanisches Heer kann vom Elsaß erscheinen. »Wenn er sich nicht mit den Widersachern verbindet, mit Schweden und Sachsen«, murmelte der Spanier. »Er wagt das nicht«, dachte Eggenberg nach, »zunächst folgt ihm die Armada dazu nicht. Für den nächsten Augenblick haben wir das nicht zu fürchten.« »Wer weiß«, murmelte Oñate. »Und dennoch! Und dennoch!« jubelte Trautmannsdorf, als sie in Wien vor Wallensteins Kapitulation saßen und nichts sprachen. Er streichelte liebevoll tröstend dem alten Fürsten die Hände unter dem Tisch und drückte ihn an sich.
    Sofort brach der Herzog die Verhandlungen mit Gustav und dem Sachsen ab. Ohne Zeitversäumnis alarmierte er seine Armada, bat durch Eilboten Arnim zu sich, den Führer des sächsischen Heeres in Böhmen. Der Herzog war gegen seinen Freund in Znaim kalt und entschlossen: »Arnim, Ihr müßt aus Böhmen heraus mit Euren Sachsen. Ihr werdet das einsehen; es bleibt zu

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